Gedanken vor der großen Reise

Langsam macht sich die Nervosität breit. Vorfreude mischt sich mit Skepsis und Unsicherheit.
Mit jedem Tag wird es realer, dass wir "dann mal weg sind".
Viele Gedanken schwirren uns durch den Kopf. Seit Monaten fiebern wir darauf hin, dass es losgeht.
Kein Tag vergeht, ohne dass einer von uns beiden feststellt: 
- An "Das" müssen wir noch denken...
- Wie ist das eigentlich wenn...?
- Wie machen wir eigentlich....?
- Meinst Du nicht es ist besser...?
Wir arbeiten eine lange Liste ab und haben uns proviantiert als ob wir ein Jahr autark leben müssen.
Skandinavien ist ja so teuer, da sollten wir doch Wein, Bier, "Hartstoff" und Nutella mitnehmen, und auch sonst so Sachen für zwischendurch und "mal schnell". 
Jetzt stapeln sich im Keller schon die Kisten und wir fragen uns, wie wir das alles im Auto transportieren wollen und wo wir es im Schiff verstauen.
Gehen wir bei all dem Zeugs nicht unter?
Plätze im Schiff werden sich schon finden. Mal mehr, mal weniger gut zugänglich. 
Es fällt mir auf, wieviel verschenkten Platz es auf dem Boot gibt, den man doch prima zum Stauen von Ausrüstung und Proviant nutzen könnte.  
Wie priorisiert man jetzt am Besten?
Schwer und stabil - Möglichst tief
Leicht und sperrig - weiter vorn und höher
Selten gebraucht und nicht wichtig - unzugänglichere Räume
Wichtige Ausrüstung - gut zugänglich in Reichweite
Häufig Benötigtes - ebenso in Reichweite
Was gehört in welche Kategorie?
Demnach müsste z.B. der Kaffee direkt neben dem Grabbag gelagert werden.
Dosenfutter und Ankerkette gehören dann auch zusammen.

Sortenrein, z.B. alle Getränke an einem Platz und alle Brotbackmischungen  an einem Platz?
Oder danach, wann ich damit rechne, dass ich es brauche, etwas unzugänglicher, denn der gut zugängliche Stauraum ist schnell voll.

Vielleicht ist es aber ganz sinnvoll, die besonders leckeren Sachen dort zu stauen, wo man eher schlecht hinkommt. 
Zum Beispiel meine Oriental-Chips. 
Dann halten sie einfach länger. 
Oder riskiert man mit dieser Strategie einen Schlechte-Laune-Anfall, wenn man für die ersehnte Tüte die ganze Vorschiffskoje auseinander nehmen muss?

Versteht ihr, was ich meine?

Ich freue mich schon auf die Lessons-learnt nach der Tour. 
Klar kann man auf Ratschläge von anderen hören, aber selbst gemachte Fehler haben doch einen erheblich größeren Effekt.

Die Route haben wir bis zu den Ålandinseln mit den geliehenen und eigenen Karten und auf unserer Navi-App vorgeplant. 
Dabei haben wir gefühlt eine Million mögliche Yachthäfen und Ankerspots markiert.

Aber Überhaupt, und obwohl ich dazu eigentlich nichts erwähnen wollte: 
Schon Corona hat die Planungen vieler Crews über den Haufen geworfen.
Und wie sich der Ukraine Konflikt noch weiter auswirkt, weiß aktuell nicht mal der liebe Gott.
Einen Lebenstraum vor dem Hintergrund furchtbaren Elendes in Europa zu genießen, spaltet einem die Seele. 
Es wäre schön gewesen, ohne diese Gedanken loszusegeln und einfach nur zu empfinden, wie geil das Leben sein kann. Aber so ist es nicht. 
Aber wenn nicht jetzt, wann dann noch? Keiner weiß wie das ausgeht.

Wir werden die Lage beobachten und reagieren, wenn es notwendig erscheint. Wir halten uns auf dem Laufenden und ändern unsere Route gegebenenfalls. 

Die Ostsee ist das spannendste Segelrevier der Welt. Ein Leben reicht nicht um alle Schönheiten zu entdecken.
Sehr gerne würden wir in Danzig unter dem Kran durchfahren, Litauen, Lettland und Estland vom Wasser aus besuchen.
Also warten wir so lange es geht, bis wir diese Ziele von der Route streichen.

Die Winterplane muss weg

Am vergangen Wochenende, den 26./27. März haben wir uns einen Anhänger geliehen und sind nach Kappeln gefahren. Fünf Stunden dauert alleine die Fahrt.
Im Anhänger haben wir schon einiges an Ausrüstung und Proviant verstaut.
Natürlich hätten wir mehr mitnehmen können (wir bereuen es später auch), aber es ist nicht so einfach schwere Kisten über die Teleskopleiter an Bord zu bekommen, die Rettungsinsel wiegt z.B. 30 Kilo.

Ich muss auf meinen Rücken aufpassen sonst geht gar nichts mehr.
Hauptziel war der Abbau der Winterplane, denn am 14. April ist Einkrantermin. 
Antifouling muss noch gestrichen und der Rumpf poliert werden.
Beides lassen wir von Fa. Ancker ausführen, das ist günstiger als noch einmal dorthin zu fahren und spart Muskelkraft.

Wir nutzen die Zeit vor Ort um das Gestell und die Plane im Anhänger zu verstauen, an Bord Dinge auszusortieren, die nicht mehr dort gebraucht werden und nur Platz wegnehmen.
Die gut zugänglichen Staukästen und Schränke werden frei gemacht. Einiges Werkzeug zum Beispiel, kann in der Backskiste verschwinden.

Wir übernachten an Bord.  
Die Wasserheizung, die unser beauftragter Bootsbauer weder fertig und zum Laufen gebracht hat, habe ich inzwischen selbst repariert. 
Bis jetzt funktioniert sie. 
Frieren müssen wir an Bord aktuell nicht mehr.

Der Blog geht los

14. April
Das Boot wird eingekrant. Alles klappt. Ein großer Dank an das Team von Ancker Yachting. Sehr zuverlässig und professionell. 
Das Boot liegt wie gewünscht mit dem Heck zum Steg. Damit ist das Beladen leichter.

15. April
Das Auto ist vollgestopft mit Allem, was wir mitbekommen können. 
Unser Auto ist ein Opel Cascada, ein hübsches Cabriolet. 
Was Möglichkeiten für Transport betrifft, trotzdem ein typischer Opel:
Es ist einfach unfassbar, was wir in das Auto hineinbekommen. 

Leider habe ich den Berg nicht vorher fotografiert, weil ich nicht davon ausgegangen bin so viel hineinzubekommen. Das hätte mir eh keiner geglaubt.

Gegen 22.30 kommen wir an und trinken noch ein Gläschen Wein an Bord. Ich fülle noch schnell den Wassertank auf. Die Frischwasserpumpe macht laute Geräusche und das Wasser läuft nur mäßig aus den Wasserhähnen. Das sehe ich mir Morgen an.

Zahl des Tages: 11

Soviel cm blieb von der Bodenfreiheit des vollbeladenen Autos übrig.

16. April
Heute ist der Tag, an dem wir die Segel aufziehen und die Sprayhood aufbauen wollen.
Bei der Firma Becker in Kappeln hatte ich sie im Winter zur Durchsicht und Reparatur gegeben. 
Befestigungsösen für die Solarpaneele wurden dort ebenfalls angenäht und Druckknöpfe an der Kuchenbude erneuert.


Aber vorher kümmere ich mich um die Wasseranlage. 
Im Wassertank sind Bioschleimspuren erkennbar. Offenbar hat der Frostschutz, der zwar sehr günstig war, nicht die gwünschte biozide Eigenschaft.
Wie bekomme ich das eklige Wasser jetzt aus dem Tank? Irgendwie muss ich die Pumpe und die Leitungen zum Laufen kriegen.

Mit einer großen Spritze versuche ich die vermeintlich verstopfte Wasserleitung wieder klar zu bekommen. 
Dazu baue ich die Wasserpumpe ab und habe zumindest Glück, dass ich einen passenden Schlauch finde, mit dem ich die Leitung mit der Spritze verbinde. 
Alles ganz schön schwergängig. 
Ich spüle noch mal mit Küchenreiniger.
An der Pumpe entdecke ich den kleinen Vorfilter. Diesen pule ich auseinander. 
Das Sieb ist total verschleimt!
Nach einer Reinigung funktioniert die Anlage wieder normal. 
Tank also wieder auspumpen und den Filter mehrfach reinigen.
Tank und Leitungen desinfizieren.
Die Aktion hat den ganzen Vormittag gedauert und meine Laune ziemlich in Anspruch genommen.
Die  Verwüstung im Boot, die solche Arbeiten verursachen bringen wir wieder in Ordnung.
Dann sind die Segel dran. Die Segellatten werden eingezogen und die Segel angeschlagen. Das klappt tatsächlich ohne Schwierigkeiten. 
Sogar der Wind ist so freundlich und dreht, so dass wir die Segel problemlos hochgezogen bekommen.
Jetzt noch schnell die Sprayhood (unseren Windschutz), aufbauen, dann wollen wir los.
Das klappt zunächst gut, die Kederschienen sprühe ich mit Teflon ein, so flutscht es prima und ohne viel Kraft.
Als wir die seitlichen Haltegriffe anbauen wollen, ist meine Laune richtig mies. Eine Madenschraube ist verschwunden. 
Die Schrauben sind wirklich schlecht zu besorgen. Ich hatte das schonmal probiert, weil  unser Vorbesitzer diese verbogen hat. 

Elke bekommt einen unwirschen Anranzer, als sie "ein schönes Foto" von mir bei der Arbeit machen will. 
Gottseidank weiß sie, dass ich nicht sie meine, sondern einfach nur genervt bin, weil ich nicht weiß, wie es nun weiter gehen soll. Ich habe soo eine Ader!

Ohne die Griffe können wir auch nicht die Solarpaneele installieren.
Schlecht gelaunt laufe ich Geschäfte in Kappeln ab.
Die Schiffsausrüster schicken mich wieder weg. 
Glück habe ich am Ende bei einem Motorenservicebetrieb, auch wenn die Schraube etwas kürzer ist.
Es klappt am Ende und wir bekommen das Projekt beendet. 
Endlich können wir das Boot seeklar machen und ablegen.

Zunächst haben wir eiskalten Gegenwind, bis wir aus der Schlei heraus sind. Danach dümpeln wir bei sehr wenig Wind in Richtung Wackerballig, wir haben ja Zeit.

Unterwegs bekommen wir die Einladung in Hørup mit Freunden zu grillen. 
Also biegen wir nicht in die Geltinger Bucht ab sondern fahren einfach weiter nach Hørup. Es wird noch ein netter Abend.

Zahl des Tages: 585,67

Soviele Euros darf ich an die Firma Becker für die Arbeiten überweisen. Tut weh, aber gute Arbeit kostet eben.



Wasserproblem gelöst

Segellatten einziehen

Jetzt noch die Reffleinen befestigen

Aus der Schlei hinaus ist es noch kalt.

Endlich wieder richtig unterwegs

Rauhreif nach eiskalter Nacht

Ein schöner Grillabend in Hørup

  

Die Sonne lacht und wir frühstücken draußen

Der schwere Akku hebt ab

Fast geschafft.

Jetzt noch ans Spifall umhängen und fort von Bord.

17. April

In Hørup scheint die Sonne ins Cockpit und wir frühstücken draußen, obwohl eben noch Rauhreif das Boot überzogen hat. 
Die Vollmondnacht war klar und hatte -2 Grad. Anschließend legen wir bald ab und dümpeln eine Stunde in der Hørupbucht ohne Wind herum. 
Dann starte ich die Maschine und sobald wir draußen in der Flensburger Förde sind, kommt auch schon Wind mit bis zu 18 km/h. 
Bis zu sechseinhalb Knoten rauschen unter dem Kiel durch. 
Wir wollen gar nicht so schnell in unseren Heimathafen und setzen einen Vorwindkurs Richtung Westen und genießen gebackenes Gemüse, was Elke in der Zwischenzeit zubereitet hat. 
Süßkartoffeln, Möhren und Champignons mit etwas Käse. Lecker!
Mit Rückenwind ist es richtig warm im Cockpit. 
Dank des strahlenden Sonnenscheins testen wir ausgiebig die Solarpaneele, die im Mittel gute 80 Watt erzeugen.
Damit bin ich ganz zufrieden.
Gegen 17 Uhr legen wir an unserem zugwiesenen Liegeplatz an. 
Es fehlt uns noch die Übung. Das Anlegemanöver hat noch Luft nach oben und ohne meine Brille bin ich auch erstmal an unserer Box vorbeigefahren.
Abends sind wir zum privaten Osterfeuer in Wormshöft eingeladen. 
Ein lustiger Abend bei Nicole und Rainer.

Zahl des Tages: 252

So viel kostet unser vorübergehender Liegeplatz in Wackerballig bis zu unserer Abreise.



18.April

Ich stelle fest, dass unsere alten Batterien, zwei 165 Ah große Victron Akkus noch unter dem Salontisch stehen.
Es wird höchste Zeit, die schweren Brocken von Bord zu bekommen. 
Sie sind im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr tragbar.
Marco von der Atom will mir dabei helfen.
Eigentlich ist es unmöglich, die Akkus zu zweit durch den Niedergang nach oben zu schleppen und dann auch noch vom Schiff an Land zu übergeben.
Ich überlege, die Akkus mit Hilfe des Großfalls herauszuwinschen und messe die Oberlichter im Salon aus. 
Sie sind groß genug und so hänge ich den ersten Akku an das Seil. 
Langsam hebt sich der Bleibrocken empor und durch die Luke über Deck.
Dort hänge ich das Spinakerfall an den Akku, damit ich den Akku nach vorne zum Steg schwenken und dort an Marco übergeben kann, während Elke die Leine langsam nachlässt.
Nur mit dem Großfall hätte das nicht geklappt, da hätte man um die Wanten herumgemusst.
Mit Akku Nummer 2 passiert das gleiche.
Im Hafen finde ich noch einen dankbaren Abnehmer für die Akkus, die für 20 Euro pro Stück den Besitzer wechseln. 
Sie sind 6 Jahre alt und können bei guter Behandlung noch 4 Jahre halten. Aber wissen kann man das nicht. Neue Akkus, kosten um 500 Euro. (pro Stück!)

Ich bin zufrieden, dass ich mich über den Verbleib nicht mehr kümmern muss.

Den Windgenerator baue ich zusammen mit Elke auf. 
Im Hafen bei dem mäßigen Wind, schafft er nicht so wirklich viel. 
Spannend wird, wie sich sein Ertrag entwickelt.
Noch knapp 2 Wochen, dann geht es los.......

Zahl des Tages: 94

Das Gewicht der Akkus in kg. Die neuen Akkus mit 3-facher Kapazität wiegen nur 40 kg.

Start zur Ostseerunde

 

29. April



Das Auto ist gepackt und es geht gegen 17.00 Uhr in Richtung Wackerballig los. 

Wir sind zu dritt. Brinja kommt mit um das Auto am Sonntag wieder nach Hause zu bringen. 

Gegen 22 Uhr sind wir dann auf dem Boot, schleppen das meiste schon aus dem Auto ins Boot. 

Zwei große Hafentrollys an Material müssen noch verstaut werden. 

Einiges verschwindet sofort unter den Bänken und Schapps. Das Andere muss bis Morgen im Cockpit übernachten. 

Ein Gläschen Wein bzw. Bier und eine Tüte Chips später fallen wir in die Kojen. 



30. April


Wie häufig treibt mich und Elke die senile Bettflucht aus den Federn. 

Zwangsläufig wird auch Brinja wach. 

Wir frühstücken und ich klariere schonmal bei Jenny aus, indem ich unser Hafengeld für die 2 Wochen begleiche. 252 Euro wechseln den Besitzer. 

Dafür erhalte ich gute Wünsche für die Reise und die Zusage, dass wir auch in 2023 einen Liegeplatz bekommen. 

Die Liegeplatzsituation ist durch den Corona Hype bei Boote mehr als angespannt. Insofern sehr wichtig für uns. 

Gegen Elf tauchen Sonja und Arvid auf, Sonja bringt noch ein Klappfahrrad, eine Kiste und einen Fender mit. 

Auch das muss jetzt noch untergebracht werden. 



Sonja kennt das Boot noch nicht und bekommt eine ausführliche Roomtour. Das Schiff gefällt ihr ganz gut, aber das Schaukeln und die Angst ins Wasser zu fallen machen ihr echte Probleme. 

Schade, so wird aus ihr wohl kein Crewmitglied werden. 



Trotzdem habe ich eine kleine Überraschung für die Mädels vorbereitet: 

Sonja, Brinja und Elke bekommen ihr Crew-Shirts! 

Für Arvid, Felix und mich selbst hatte ich letztes Jahr schwarze Shirts bedrucken lassen, die gut angekommen sind. 

Arvid, der schon eine richtig gute Segelhand geworden ist, bekommt auch noch Shirts. Wir werden ja noch öfters unterwegs sein. 



Ein Gruppenbild mit der „Best dressed Crew“ muss natürlich sein. 

Sieht fantastisch aus. 



Nachmittags gibt es ein großes Hallo! Meine besten Freunde Farni (mit Tochter Nina) und Dirk stehen plötzlich am Steg. 



Ich fasse es nicht! Sie haben eine Unterkunft gebucht und sind die 5 Stunden nach Wackerballig gekommen um uns zu verabschieden! 

Großartig! Ich bin so stolz, solche Freunde zu haben. 





Abschlussgrillen

Abends wird gegrillt, Ike und Karin sind leider die einzigen, die unserer Einladung zur Abreisefeier folgen konnten. Björn-Ole und Robert habe Ihr boot im Egernsund noch nicht fertig bekommen, Marco und Tanja haben Familienfeier und auch der Rest hat die Boote noch nicht klar und arbeitet noch im Winterlager.



Trotzdem wird es ein sehr netter Abend.




01. Mai 2022 

Der nächste Morgen begrüßt uns mit wunderbarem Wetter.

Wir machen die letzten Dinge an Bord abreisebereit. 

Alle an Bord befindlichen Gastlandflaggen werden zu einer Girlande zusammengeknotet und am Spifall gehisst. 

Sieht schön aus. Etwas feierliche Deko muss schon sein.

Unsere Freunde und die Kinder kommen noch zum Steg und nehmen für die Verabschiedung Aufstellung.

Wir machen noch ein paar Fotos, dann heißt es „Leinen los“.

Das Ablegemanöver gelingt lehrbuchmäßig. Hoffentlich ein gutes Omen.



Langsam tuckern wir aus dem Hafen und ich tröte noch ein paarmal in das Nebelhorn, die ich „goldene Trompete“ getauft habe.



Dann ziehen wir auch schon die Segel hoch und dümpeln mit fast einschlafendem Wind in Richtung Leuchtturm Kalkgrund.



Nach dem wir den Leuchtturm passiert haben biegen wir nach Steuerbord ab in Richtung Süden. Bei Schleimünde nehmen wir die Einfahrt in Richtung Maasholm und gehen dort vor Anker.



Unterwegs hatten wir ein Brot in unserem Backautomaten gebacken, worauf wir uns schon freuen.

Die Energieversorgung klappt schon einmal sehr gut. Wir haben reichlich Strom für solche Extras und können am nächsten Morgen auch Kaffeeautomat und elektrischen Backofen für Brötchen nutzen.

Was für ein Luxus!





02. Mai 2022

Wir haben uns als nächsten Stopp Fehmarn vorgenommen. Die Windprognose ist eher schwach.

Mit früh aufstehen (6.00 Uhr) und Gennaker bin ich überzeugt, dass die rund 40 Seemeilen machbar sind.

Orth auf Fehmarn peilen wir an, um dort gegebenenfalls zu ankern.



Beim Segelsetzen geht ein Schlag durch meinen Rücken. Verdammt, nicht jetzt schon! Ich kann mich kaum gerade machen. Trotzdem ziehen wir den Gennaker hoch, was immer ziemlich anstrengend ist. 

Uns fehlt noch einige Routine. Obwohl ich denke, dass ich die Schoten gut vorbeitet habe, muss ich ein paarmal umhängen.

Aber das Segel steht bald. Mit dem neuen Teleskopbaum kann ich es stabilisieren, und es zieht uns schön voran.

Leider nicht lange, denn der Wind schläft wieder ein. Wir motoren weiter und versuchen mehrfach zu segeln, aber der Wind reicht einfach nicht.



In der Bucht vor Orth fällt dann gegen 20.00 Uhr der Anker. 

Nachdem wir unterwegs von der Sonne fast gebraten wurden, ist es inzwischen kalt geworden. Wir sind richtig durchgefroren und die Heizung wird angeworfen.

Die lassen wir sogar die Nacht durchlaufen.

Müde nach 14 Stunden unterwegssein fallen wir in die Koje. 

Komisch, dass man eigentlich nichts gemacht hat und trotzdem abends immer so fertig ist.



03.Mai



Nach einem ausgiebigen Frühstück machen wir das Dinghi klar und knattern nach Orth. 

Die Hafeneinfahrt ist lang und von Liegeplätzen gesäumt. 

Voll ist der Hafen nicht. Warum wir trotzdem dort nicht angelegt haben sondern geankert haben?



Wir lieben es alleine abseits die Ruhe zu genießen, außderdem ist ein Ankermanöver viel einfacher und stressfreier als sich im Hafen mit Boxen abzumühen, deren Länge man oft schlecht abschätzen kann, wo man die Leinen nicht sofort über die Dalben gehängt bekommt und droht auf andere Boote zu treiben und Hafengebühr fällt eben auch keine an.



Unsere Reise ist lang und wird am Ende auch einiges an Kosten verursachen. In dem wir die Häfen nur anlaufen, wenn wir es für unbedingt nötig halten können wir einige hundert Euro um Monat sparen.

Immerhin ist Elkes Verdienst weggefallen und mein Vorruhestandsgeld muss für uns beide jetzt reichen.

Wir gehen also erst einmal vorsichtig an die Sache heran. Sollte Geld übrig sein, werden wir uns schon noch ein paar Annehmlichkeiten gönnen.



Im Hafen von Orth finden wir sogleich das Boot von Hauke Jakobsen, der Hauptfigur in der Serie Nord bei Nordwest, die wir echt lieben.

Im Film ist Orth der Hafen des kleinen und etwas skurril-eigenwilligen Ortes Schwanitz.



Wir laufen noch Lemkenhafen, der Nachbarort von Orth, vorbei an weidenen Schafen, die ihre Lämmchen dabei haben.

Viel los ist dort auch nichts.

Auf der öffentlichen Toilette leihen wir uns 2 Bücher aus.

Es hat sich so eingebürgert, dass man nicht mehr benötigte Bücher oft im Sanitärbereich der Hafenanlagen auslegt. 

So kann man tauschen oder auch einfach nur dort lassen oder mitnehmen.

Gute Sache.



Wir laufen zurück, eigentlich um das Jimi-Hendrix Denkmal zu sehen, aber mein Rücken will nicht mehr. 

Also gibt es nur einen kurzen Abstecher zum Leuchttum und dann zum Hafenkiosk, wo wir uns Eis gönnen.

Herrliches Ambiente dort.



Mit dem Dinghi geht es wieder zurück zum Schiff. 

Abendessen und Koje.



04. Mai 2022



Was ist hier los? Das ganze Boot ist über und über mit Mücken übersät.



Das haben wir noch nicht erlebt. Wie kommen wir hier raus ohne vollständig ausgesaugt zu werden. Wir sehen uns schon voller juckender Stiche. 

Total eingemummt holen wir den Anker auf und fahren nach Burgtiefe auf Fehmarn. Es ist wieder so gut wie kein Wind und wir dümpeln die 6 Seemeilen mit 2 Knoten um dort an dem schönen Rundsteg festzumachen.

Sogleich gönnen wir uns eine ausgiebige Dusche. Die sind hier sehr komfortabel und das muss genutzt werden.

Wir laufen zum Strand ich lasse die Drohne fliegen und in einem Anfall von Übermut fliege ich sie fast an eine Badeinsel, die auf den Strand gezogen dort auf warmes Wetter wartet.

Das war knapp.

Im Hafen Burgstaaken gönnen wir uns eine Rast mit einem leckeren Eis am Stiel.

Zurück auf dem Boot kochen wir leckers Gemüse aus dem Backofen mit Würstchen.



Noch etwas fernsehen, dann ruhen wir wieder in Morpheus Armen.

Fehmarnsundbrücke

Kein Navi mehr nötig

Volksbank

Bucht von Lemkenhafen

Festmacher aus dem Propeller befreit

Schraube vom Festmacher befreit

Bei ruhiger See frühstücken wir unterwegs

Bei ruhiger See gibt es Frühstück unterwegs

Am Stadthafen in Rostock

Am Stadthafen von Rostock

Sind wir zu schwer? Die Treppe an den Kreidefelsen von Mön

Treppe an den Kreidefelsen. Sind wir zu schwer?

Warnow Cruise Terminal

Cruise Terminal Warnemünde

Kreideküste Mön

Møns Klint

Dornbusch auf Hiddensee

Dornbusch auf Hiddensee

Romantischer Park Liselund

Liselundpark

Brunnen der Lebensfreude in Rostock

 

05.Mai 2022

Nach Kühlungsborn.



Vor Ewigkeiten war ich dort gewesen. Also etwa 25 Jahre mit einem Betriebsausflug mit HeinGas meinem ersten Arbeitgeber im Rahmen einer Fahrradtour.

Den Yachthafen gab es zumindest in der heutigen Ausprägung noch nicht.

Alles sehr schick! Top Sanitärbereich, Lokale und Shops im maritimen Umfeld. 

Der Hafenmeister ist nur von 8 bis 15 Uhr vor Ort. 

Etwas seltsam, denn ankommende Crews wollen doch gerne den Code für die Sanitäranlagen und ihre Gebühren entrichten und ein Segeltag endet normalerweise nicht schon am frühen Nachmittag.



Als wir kommen, ist der Hafen schon unbesetzt. Den Sanitärcode bekommen wir von einem anderen Segler. 



Wir haben noch eine kleinen Bummel durch Kühlungsborn gemacht und fanden es sehr touristisch. 

Nicht das, wonach uns der Sinn steht.

Aber Elke ersteht im Kaufhaus Stolz ein 5er Pack Segelsocken mit maritimem Muster.



06. Mai 2022

Am nächsten Morgen brechen wir um 7.00 Uhr auf in Richtung Rostock.



Faszinierend, in die Warnow einzubiegen und eine große Hafenstadt mit dem eigenen Boot anzulaufen.

Mit unserer Nussschale zwischen den riesiegen Kreuzfahrern und Frachtern herumzueiern ist schon irgendwie nicht von dieser Welt.



Aber auf der Warnow sehen wir viele Yachthäfen und es gibt Zonen an denen ein einzelnes Boot vor Anker liegt und unzählige Angelboote, die am Rand der Fahrrine auf Beute hoffen.

Die Fahrt bis zum Stadthafen ist dennoch viel entspannter, als ich mir das vorher ausgemalt habe. Wir genießen unsere persönliche Hafenrundfahrt. 

07.Mai 2022

Wir haben zwei Übernachtungen im Hafen gebucht. Kostet 42 Euro für 2 Tage. 

Strom 5 Euro extra pro Tag. 

Wir kommen ohne aus.

Toiletten kosten 50ct (was sie nicht wert sind) und die Duschen wollen einen Euro in Form einer Wertmarke. Dafür gibt es dann nur einen dünnen Wasserstrahl.

Wir bauen unsere Fahrräder zusammen und dann erkunden wir die Stadt. 

Sehr sehenswert. Rathaus, Brunnen der Lebensfreude und ein tolles Highlight für Technikbegeisterte: Die Astronomische Uhr in der Marienkirche. Ein Wunderwerk!

Wir füllen noch unseren Vorrat an Frischwaren auf und planen Morgen nach Klintholm zu fahren. Aufgrund der Windrichtung ist ein Kurs nach Hiddensee nicht möglich, jedenfalls nicht in einem Tag.

08. Mai 2022

Wir legen früh ab und schippern die Warnow herunter. Frühstück gibt es für uns heute nacheinander unter Deck.

Bei Erreichen der Mündung setzen wir Segel und hoch am Wind geht es in Richtung Hesnæs.

Die See ist flach und es wird sehr entspannt.

Wir denken, dass ankern eine gute Idee ist und sparen uns das Hafengeld. Allerdings stellt sich heraus, dass es vor Anker doch ziemlich schaukelt. Die Welle kommt von See und wackelt uns durch.


09. Mai 2022

Früh morgens geht der Anker auf.

Noch immer ist die See ganz ruhig.

Wir kommen sogar schon Mittags in Klintholm an. Der Hafen ist leer. Man merkt es ist keine Saison. 

Im Sommer bekommt man hier kein Wasser mehr zu sehen, so dicht drängen sich die Yachten.

Wir suchen uns eine freie Box und steuern diese zielsicher an.

Wie immer sind alle Klampen mit Leinen belegt und wir wollen uns über die Leinen der Mittelklampen in die Box führen.

Zu spät stellen wir fest, dass die Box um 5 Meter zu lang für uns ist und die Leinen nicht reichen.

Sie fallen ins Wasser und die Backbordleine wickelt sich promt um den Propeller.

Damit sind wir manövrierunfähig und treiben quer ab. 

Hinten halten schon die Heckleinen, aber die sind auch zu kurz.

Nachdem wir hinten verlängern konnten und irgenwie an Land springen konnten, gelingt es uns nach mehreren schweißtreibenden Versuchen, das Boot ordenlich festzumachen.

Ich zwänge mich in den Neoprenanzug.

Schon im ersten Tauchgang gelingt es, die Schiffsschraube zu befreien.

Das war Glück im Unglück.



Abends fahren wir zur berühmten Steilküste Møns Klint. Es wird ein Fahrradrennen und wir sind völlig durchgeschwitzt, denn es geht um die 100 Meter bei Gegenwind nach oben.

Natürlich müssen wir noch die Treppe zum Strand hinunter und wieder hinauf. 

Genug Kalorien für heute verbraucht. 

Zurück im Hafen sehen wir wie alle ankommenden Boote Probleme beim Anlegen mit den großen Boxen haben.

Das tröstet bei unserem Malheur schon ziemlich.

10. Mai 2022

Besuch beim Schlosspark Liselund.

Mit dem Rad etwa 7 km von Klintholm. Sehenswert. Ein schöner Ort, um die Seele baumeln zu lassen.

Der Wind schläft abends ein und wir verlegen das Schiff kurz an die Bunkerstation. Nachdem 100 Liter in den Tank geflossen sind, kaufe ich eine Tankstelle. So scheint es jedenfalls.



11. Mai 2022

Endlich geht es nach Hiddensee. Darauf habe ich mich lange gefreut. Wir laufen den Hafen in Kloster an.

Hier gefällt es uns richtig gut. Schon das Hafenmanöver klappt perfekt. Das Wetter ist windig aber sonnig.

Hier kann man es sich richtig gemütlich machen. Abends sind die Tagesausflügler weg und es ist himmlisch ruhig.



12. Mai

Elke geht eine Runde laufen und bringt Brötchen mit. Meinem Rücken geht es besser aber noch nicht richtig gut. No Sports.

Mit den Fahrrädern geht es nach Neuendorf und danach zum Leuchtturm Dornbusch.

Für 3 Euro p.P. Klettern wir die 102 Stufen auf die Galerie wo der sowieso starke Wind noch heftiger bläst. Lieber gut festhalten!

Es gibt eine fantastische Aussicht über Hiddensee und Rügen.

Über unangenehme Betonplattenwege geht es zurück nach Kloster. Kurz vor dem Ort hat Elke eine Schraube locker und das rechte Pedal ist ab. 

Das bekommen wir schnell wieder hin.

Fünfzig Meter weiter fährt sie über die einzige Reiszwecke, die weit und breit liegt.

Das geht nicht so schnell zu machen und ich stelle fest, das kein Flickzeug dabei ist.

Ein Bootsnachbar hilft aus. Der Reifen ist schnell repariert.

Man kommt schnell ins Gespräch. Auch er ist auf Langfahrt, fährt aber Richtung Schweden.



13. Mai (übrigens Freitag)

Trotz viel Wind machen wir uns mutig auf den Weg. Ziel soll der Jasmunder Bodden sein. Wir wollen in der Nähe der Freilichtbühne für die Störtebeker Festspiele ankern.

Die Fahrwasser zwischen Hiddensee und Rügen und in den Bodden sind häufig extrem schmal und daneben wird es so flach, dass Teile sogar trocken fallen können.

An der Abbiegung zum Jasmunder Bodden passiert es dann: Hinter uns ist ein Fährschiff, vor uns kommt ein Fährschiff und ich biege ein wenig zu früh an der Fahrwassertonne ab, um nicht im Weg zu sein. 

Wir sitzen fest und können uns aus eigener Kraft nicht befreien.

Alle Schiffe müssen jetzt zwischen uns und der Fahrwassertonne passieren und das ist sehr knapp. Kein gutes Gefühl.

Per Funk setze ich ein PAN PAN ab. Damit sind alle Schiffe im Umkreis von 25 Meilen über unsere Malheur informiert. 

Bremen Rescue (der ADAC und Feuerwehrdienst auf dem Wasser) meldet sich und informiert die örtliche Einsatzstelle, die auch bald eintrifft und uns wieder frei schleppt.

Von Ihnen erfahren wir, dass dort wo wir aufgelaufen sind, normalerweise eine Begrenzungstonne steht. 

Die wurde aber entfernt, weil es sehr versandet ist und dort wieder ausgebaggert werden soll.

Ja, das trifft sich gerade nicht so gut für uns.

Elke ist bedient von der Aktion und auch mir steht nicht der Sinn nach weiteren Abenteuern. Ähnliche Verhältnisse finden sich auf unserer anvisierten Route. 

Planänderung: wir fahren Richtung Stralsund. Dort müssen wir sowieso demnächst vorbei. 

Wegen des starken Windes ist es sehr schwer auf Richtung zwischen den Tonnenmarkierungen zu bleiben. 

Das stresst uns doch etwas. Auch der Wind nimmt immer weiter zu. 

Wir beschließen uns eine geschützte Bucht zu suchen um dort zu ankern.

Auf Starkwind-Hafenmanöver wollen wir verzichten.

Der neue 6 Kilo schwerere Anker zusammen mit 45 m Kette auf 3 Meter Wassertiefe geben Sicherheit. Es ist zwar nicht so ruhig und geschützt wie gewünscht, aber wir liegen sicher.

14. Mai 2022

Wir kommen gar nicht aus der Koje. 
Es stürmt noch immer und es soll den ganzen Tag auch nicht weniger werden. Um die 50 Knoten Wind in den Böen sind kein Pappenstiel. Da der Anker gut hält, beschließen wir vor Anker abzuwettern.

Ich habe Zeit diesen Blog weiterzuführen und das nächste Video für Youtube zusammen zu schneiden.

Sonntag ist Besserung angesagt, dann peilen wir Peenemünde an.

Brückenöffnung in Stralsund

Stralsund Stadthafen

Marktplatz in Stralsund

Alter Marinehafen

Idylle: Marine Regattaverein Peenemünde

Die Grillhütte vom Verein nur für uns.

Startplatz der ersten Rakete, die ins All flog

Peenestrand

Die Uecker hinauf

15. Mai 2021



Um 8.15. lichten wir den Anker. Dass die Öffnung der Klappbrücke in Stralsund um 8.20 Uhr ist und die nächste Öffnung erst um 12.20 Uhr sattfindet, haben wir verpeilt.



Machen wir eben kurz in Stralsund an der Stadtmarina fest und gucken kurz in die Stadt. Ob wir es dann noch bis Peenemünde schaffen, ist nicht ganz so wichtig.



Wir werden in der Marina gleich freudig vom Hafenmeister empfangen, der uns für die gut 2 Stunden festmachen ein Tagesticket von 20 Euro anbietet. 

Das gefällt uns nicht so gut.

Ich hätte mal vorher in die Hafenbeurteilungen gucken sollen. Da stehen diverse Kommentare zu dieser Praxis.

Wir überlegen uns darum eine Übernachtung in Stralsund. Das kostet dann 25 Euro. 

Ich werde damit noch eine Weile hadern., dass wir den perfekten Wind für Peenemünde verpassen und die Pläne nicht so aufgehen.

Ich versuche das Youtube Video im Hafen-Wlan hochzuladen, was dann Abends nach 8 Stunden endlich abgeschlossen ist.

Währenddessen besuchen wir die sehenswerte Stadt. Sie hat ein großes Ozeaneum mit Aquarien, das wir aber auslassen und stattdessen die anderen kostenlosen Sehenswürdigkeiten genießen:

Das Rathaus, das einst auch Handelsplatz war und wie der Vorläufer einer Shopping-Mall gebaut ist. Die schönen Altadthäuser, Parks, den ältesten Marinehafen Deutschlands, der jetzt von Yachten genutzt wird und die schöne lange Uferpromenade zum Strand lohnen den Besuch.


16. Mai 2022



Es geht pünktlich los. Auf keinen Fall wollen wir die Brückenöffnung um 8.20 verpassen. Und so sind wir eine viertel Stunde zu früh und fahren Kreise, bis sich die Brücke im Zeitlupentempo öffnet, der Gegenverkehr dann auch durch ist und die Ampel auf grün springt.

Der Diesel schiebt uns zügig durch die Brücke.

Dann checke ich nochmal den Kurs die Strecke und den zu erwartenden Wind. 

Wir fahren nicht schneller als wir müssen. Also wird der Motor bei 1200 Umdrehungen eingestellt, was dann gute 4 Knoten Fahrt je nach Strömung ergibt.

Da die Logge mal wieder den Dienst verweigert, kennen wir die Geschwindigkeit durch das Wasser nicht und achten auf die GPS Messung, die uns den Speed über Grund verrät.

Der Strelasund ist landschaftlich wunderschön. Auch unterwegs bis in den Greifswalder Bodden gäbe es genug Anlässe zu verweilen, egal ob vor Anker oder in einem der kleinen Häfen, die häufig mit Campingplätzen kombiniert sind.

Auf unserem Überführungstörn 2020 von Greifswald nach Wackerballig waren wir noch hier hindurchgesegelt. 

Heute bewegt sich hier kein Lüftchen.

Als wir in den Greifswalder Bodden einfahren, kommt tatsächlich Wind auf, wir versuchen so viel wie möglich Höhe am Wind zu kneifen, dadurch sind wir langsam unterwegs. Aber es reicht dafür fast für einen Anlieger, so dass wir nur einmal aufkreuzen müssen.

Auf den Peenestrom bin ich sehr gespannt. Einen kleinen Vereinshafen haben wir uns für den Aufenthalt ausgesucht.

MRV, Marine Regattaverein.

Ein winziger Yachthafen im Vergleich zu der supermodernen großen Marina im Nordhafen, die wir im wahrsten Sinne links liegenlassen.

Bevor wir in den Yachthafen einbiegen, machen wir noch eine persönliche Hafenrundfahrt im benachbarten Fährhafen, wo einige Museumsschiffe (2 Militärfregatten und ein russisches U-Boot) liegen.

Das U-Boot besichtigen wir auch von innen. Ein gewisser Gruselfaktor ist dabei.



Wir bereuen die Wahl des Hafens nicht.

Nachdem wir im Nachbarort Karlshagen eingekauft haben, grillen wir abends in der Vereinsgrillhütte.

Die Leute vom Verein sind sehr freundlich und hilfsbereit.

Ich frage nach einem Magneten, den man zum Angeln nutzen könnte und man bemüht sich wirklich so etwas aufzutreiben. 

Wir haben den Verlust unseres Grillrostes zu beklagen, der mir beim Übesteigen auf das Boot in den grünen Tiefen des Hafens versunken ist. Ein Tauchversuch blieb aufgrund des trüben Wassers erfolglos.



Die Nacht wir ruhig und Alles drumherum wirkt wie ausgestorben.

Wir lieben das.



Distanz 39 sm, Wind 0 bis 5, Verluste: 1 Grillrost



17.Mai. 2022


Erstmal ausschlafen und gemütlich frühstücken. Wenn das Wetter es zulässt, sitzen wir dabei immer im Cockpit.

Peenemünde hat mich aufgrund der Raketentechnik, die hier seine Wiege hat, immer sehr interessiert.

Wir finden eine geführte Tour über das Sperrgebiet.

Die Tour wird von einem ehemaligen Flugzeugingenieur durchgeführt, der auf dem dortigen ehemaligen Militärflughafen gearbeitet hat.

Sachverständig, mit viel Witz, Ironie und Leidenschaft erzählt er über die Geschichte, die sich dort im 3. Reich und im Anschluss mit Russen, Nationaler Volksarmee und Bundeswehr zugetragen hat.

In einer Halle präsentiert er dazu Modelle, Nachbauten und originale Fundstücke der Heeresversuchsanstalt.

Für mich ist es unvorstellbar, wie es den damaligen Ingenieuren mit ihren beschränkten Mitteln gelungen ist, solche Hitech Maschinen, wie die V2, die erstmals das Weltall erreicht hat, zu entwickeln. Das bewundere ich schon.

Die menschenverachtenden Umstände, die man dabei in Kauf genommen hat, erschüttern allerdings. Ebenso das Ziel der sog. Wunderwaffen.

Die 14 Euro pro Person waren das Erlebnis wert. Auch wenn man viel Phantasie benötigt, denn an besuchten Orten finden sich nur noch einige überwucherte Ruinen.



Die Sowjets haben einfach alles gesprengt, was dort gestanden hat und die Natur holt es sich zurück.

Ein einzigartiges Paradies für Wild und Vögel ist entstanden. Biber, Seeadler, Damwild, Reiher in einer Wald und Brackwasserschilflandschaft findet man auf der ganzen Welt sonst nirgends.


18. Mai 2022


Kräftiger Seitenwind macht uns das Ablegen aus dem kleinen Vereinshafen zur Herausforderung.

Dank der guten Vorbereitung von Leinen und dem theoretischen Durchspielen des Ablaufs, gelingt es uns im zweiten Anlauf, rückwärts auszulaufen.

Erstes Ziel ist die Brückenöffnung in Wolgast. Danach wollen wir entscheiden, wie es weiter geht.

Wolgast besuchen oder einfach mit neuem Ziel weiterfahren - wir sind schließlich auf Langfahrt und da gilt ein Plan mehr so unverbindlich!



Da wir eine Stunde zu früh sind, ankern wir neben einem anderen Boot, das uns überholt hatte am Schilfgürtel kurz vor der Brücke. 

Einer der sechs Seeadler von Usedom fliegt direkt in unser Nähe herum und mir gelingen ein paar Aufnahmen mit der Filmkamera. 

Magisch, so etwas zu erleben. Ein Seeadler ist gut zu identifizieren. Er sieht ganz anders aus und fliegt auch anders als die großen Wasservögel. Seinen Schrei zu hören ist fast schon Gänsehaut.



Am Ankerplatz ist es idyllisch. Wir trinken Kaffee und der Brotbackautomat wird beschickt und in Betrieb gesetzt.

Nach wie vor ist ein frisches Brot am Abend ein Highlight, das wir jedes Mal richtig feiern.



Es läuft gut, und wir haben keine Lust jetzt schon aufzuhören um Wolgast zu besuchen.

Weiter geht es nur unter Vorsegel zum Achterwasser von Usedom. 



In der Nähe des Yachthafens Krummin ankern wir. Es ist super idyllisch und um uns herum ist pure Natur ein paar Stellnetze und die Wasservögel am schilfgesäumten Ufer.

Wir befinden uns in einer Marschlandschaft und Mücken sind abends sehr aktiv. 

Essen gibt es daher unter Deck. Trotzdem wunderschön hier.



Distanz 15 sm, Wind 3-4 



19. Mai 2022



Weiter ins Stettiner Haff.

Die Fahrrinne ist mal wieder grenzwertig eng und flach. 30 cm Wasser unter dem Kiel werden uns an einigen Stellen angezeigt. Elke wird nervös und ich finde es auch nicht so wirklich prall, mich womöglich wieder festzufahren.

Etwas Stress ist das schon.

Trotzdem überholt uns eine Elan 40 unter Segeln, während ich zur Sicherheit nur den Motor benütze. Mutig, wie ich finde. 

Sie wird uns noch zwei Mal überholen.

Rechtzeitig sind wir vor der Brücke in Zecherin.

Als der Weg freigegeben wird, fahren wir als erste hindurch. Die Elan von vorhin kreuzt noch immer unter Segel ein Stück weiter hinten, um uns kurze Zeit später erneut zu überholen. Inzwischen haben wir auch volles Tuch gesetzt. Aber wir haben davon weniger und sind mit 6 Fuß gerngerer Rumpflänge technisch im Nachteil.


Eine Yacht ist ein Boot und zwei Yachten sind eine Regatta.



In der Fahrrinne taucht neben uns eine kleine grasbewachsene Insel mit etwa 20 Metern Durchmesse auf. Hier ist die Fahrrinne richtig eng. 

Die passende Stelle, um uns zu überholen sagt sich der Elanist und grüßt freundlich, um kurz darauf einen Schlenker nach links zu fahren. 

Das typische Nicken seines Mastes nach vorne sagt uns: Aufgelaufen!



Glücklicherweise kann er sich mit Motor und Vollgas rückwärts befreien, während wir vorbeikommen. Allerdings kommt er uns bei dem Manöver fast vor den Bug.

Bis zum nächsten Überholer sind wir wieder in etwas breiterem Wasser.



Später werden wir ihn noch einmal sehen, wenn er kurz hinter uns im kleinen Haff nach Ueckermünde abbiegt. 

Wir hatten wohl den besseren Kurs gewählt.



Der Wind ist perfekt und warum soll man aufhören wenn es am schönsten ist?

Wir lassen die Yggdrasil marschieren und suchen uns einen geschützten Ankerplatz.

Das ist bei den vorhergesagten Windrichtungen gar nicht so einfach und wir fahren noch an Neuwarp (Nowe Warpno) vorbei um hinter einer Landzuge den gesuchten Windschutz zu finden.



Eine böse Überraschung sind die Stellnetze, die selbst weit draußen vom nächsten Ufer plötzlich mit ihren vielen dünnen Stangen auftauchen. Sie sind erst auf eine Distanz von vielleicht 800 bis 500 Metern zu erkennen. Wir weichen großräumig aus.

Für Morgen sind kräftige Winde um 20 kn angesagt. Da wollen wir den Anker fest und sicher wissen.

50 m Kette verlassen auf 3 Metern Wassertiefe den Ankerkasten. Das sollte auch Orkan widerstehen.

Wir sind etwas beunruhigt, weil für ganz Deutschland schwere Unwetter vorhergesagt werden. 

Die Wetterapp meint, es wäre hier nicht so schlimm. Ich traue dem nicht immer.



Distanz 39 sm, Wind 2-5, Verluste: keine



20. Mai 2022


Die Nacht war entspannt und ruhig. Scheinbar waren die Windwarnungen total übertrieben.

Ich checke nochmal meine Windapp. 

Elke drängt auf Abfahrt. Ich plane die Segel stark gerefft zu setzen. Das kann man vor dem Segelsetzen vorbereiten, indem die Leinen mit denen das Segel auf den Großbaum heruntergezogen wird, vorab schon kürzer gezogen werden.

Eine kluge Entscheidung, denn der Ankerplatz war gut gewählt und hat sehr guten Windschutz gegeben. Sobald wir den Windschatten verlassen, wird es Elke schon bange. Wir krängen doch erheblich.

Bisher gabe es eher wenig Wind.

Nachdem die Segel ordentlich in den Reffs stehen und hinter der Sprayhood geschützt, fühlt es sich schon viel entspannter an.

Der Windmesser sagt 22 kn Wind und wir müssen auch noch aufkreuzen. Klappt aber gut. Wir wollen ein Stück der gestrigen Strecke zurück und dann den vorhergesagten Sturm in der Marina Lagunenstadt bei Ueckermünde abwettern.

Immer wieder müssen wir plötzlich auftauchenden Stellnetzen ausweichen.

Nachmittags wird das Wetter dann immer ruhiger. Wir fahren in die Marina, die aus Ferienwohnungen mit dazwischen liegenden Hafenanlagen besteht. 

Ganz nett gedacht. Wir liegen längsseits hinter einer riesigen Motoryacht direkt vor den Terassen der Erdgeschosswohnungen, die uns direkt auf das Boot sehen. 

Das fühlt sich etwas merkwürdig an.

Alles ist vorhanden Sanitäranlagen prima, Hafenmeister ist nett und der Preis fair. 

Atmosphäre finden wir aber nicht auch kein Wlan und Fernsehempfang. Für unseren Zweck ist es aber perfekt hier mit optimalem Windschutz zwischen den viergeschossigen Häusern.



Es ist noch schön warm und so blasen wir das Dinghy auf und knattern nach Ueckermünde die Uecker hinauf. 

Das fühlt sich richtig cool an. Wir grinsen und haben richtig Spaß, die schmale schilfgesäumte Rinne bis zum Stadhafen hochzufahren.

Die Anfahrt vom Haff zur Lagunenstadt mit dem Schiff fanden wir schon besonders. 

Man fährt wie durch einen schmalen Kanal vorbei am Strandbad und einem Park um dann in das Klein-Venedig der Lagunenstadt abzubiegen.



Eigentlich wollten wir noch in die Stadt, aber vom Wasser gibt es viel zu sehen und wir fahren noch ein ganzes Stück die Uecker hinauf, vorbei an Reihern, Seerosen kleinen Stegen und einer Biberburg.



Wir stellen den Motor ab und rudern ein Stück um die Stille nicht zu stören. 

Es wird langsam kalt. Wir rücken eng zusammen und bibbern zurück zu unserer Marina.



Nachts wachen wir auf als der Wind pfeift.



Distanz: 19 sm, Wind 4 bis 7




21. Mai 2022



Kurze Bastelstunde, die Steckverbindung des Wassersensors am Elektropanel wird mit Aderendhülsen verbessert. Die richtigen Stecker, die man bräuchte, finde ich auf diesem Planeten nicht mehr.

Außerdem wird das Stromkabel zum Fernseher neu verlegt, damit man sich nicht mehr mit den Füßen beim Schlafen darin verhakt. Der externe Lautsprecher wird ebenfalls neu befestigt. 

Etwas weniger Kabelsalat tut gut.



Das Wetter ist heute na ja, eher mittel. 

Es ist ziemlich kalt und es regnet immer wieder. 

Wir radeln in die Stadt und sehen uns um. Wir finden einen Lidl und kaufen noch Frischwaren und Kekse.

Auf dem Rückweg wird das Wetter ungemütlich und wir verbringen andertalb Stunden in der Wohlfühlecke, einer Café-Boutique bei heißem Kaffee.

Danach geht es zum Boot zurück und noch kurz zum Strand. Sehr schön mit dem Restaurant Strandhalle das aus dem letzten Jahrhundert ein wenig Geschichte ausstrahlt. 

Man stellt sich vor, wie Männer in gestreiften Badeanzügen und Frauen in langen Badekleidern hier ins Wasser stiegen.



Die Uecker oberhalb von Ueckermünde

Holzklappbrücke über die Uecker

Marktplatz von Ueckermünde

Strandhalle

Selten so einen Sonnenuntergang erlebt.

Der Kanal vom Stettiner Haff nach Swinemünde

Am Strand, am Strand da gibt´s ne Menge Sand

Gespenstischer Polenmarkt

Längste Strandpromenade Europas

Die Seebrücke von Ahlbeck.

Kostenlose Fähre für Einheimische, Fußgänger und Radfahrer

Wo gibt es hier Internet? Im Yachthafen jedenfalls nicht.

Im Grenzbereich.

Heringsdorfer Shopping-Brücke

Navigationswarnungen der polnischen Marineverwaltung

 

22. Mai 2022 


Von Ueckermünde in die Pausldorfer Wiek 


Wir wollen am Montag in Swinemünde sein. Dann entkommen wir dem schlechten Wetter und haben Zeit uns die Stadt mit der beeindruckenden Promenade, der wohl längsten Strandpromenade Europas anzusehen. 

Der Wind kommt zunächst aus Nordwest, soll dann über Nacht aber nach Südost drehen. 

Um eine ruhige Nacht vor Anker zu verbringen habe ich auf der Karte die Bucht „Paulsdorfer Wiek“ ausgesucht, die uns den entsprechenden Wind- und Wellenschutz liefern soll. 

Kurz vor dem Einlaufen in die Bucht werden wir doch unruhig, denn die Einfahrt ist ziemlich flach und wir haben noch die Erfahrungen von Hiddensee nicht ganz abgehakt. 

Mit Motorkraft und Schleichfahrt stellt sich heraus, dass die Tiefen wirklich gut ausreichend sind. 

Wir sind hier mutterseelenallein. 

Die Bucht ist relativ weit offen, lediglich durch Sandbänke unter Wasser abgeschlossen. 

Ich gebe wie immer viel Kette heraus und der Anker wird gründlich eingegraben. 

Hält bombenfest. 


Unterwegs sind wir an zwei kreisrunden Inseln von ca. einer Seemeile Durchmesser vorbeigekommen. 

„Was ist das?“, rätseln wir. 

Sie sind auch nicht auf allen Seekarten eingezeichnet. Deponie für ausgebaggerten Sand? Fundamente für Windkraftanlagen? 

Einen polnischen Aushang habe ich in Swinemünde dazu gefunden. 

Lesen kann ich ihn leider nicht. Aber es scheint, als würden hier zukünftig Urlauber ein Zuhause finden. Verrrückt – finden wir jedenfalls. 



Abends genießen wir den spektakulärsten Sonnenuntergang, den wir je gesehen haben. 

Die Sonnenscheibe taucht ins Meer und zerfließt dabei wie geschmolzener Käse auf dem Horizont. 

Der Himmel leuchtet in Farben, die sich nicht beschreiben lassen. 


Distanz: 19 sm, Verluste: keine 



23. Mai 2022 

Am neuen Morgen liegen wir dann „verkehrtherum“ am Anker weil der Wind gedreht hat. 

Es war mega-ruhig. Wir haben mal wieder supergut geschlafen. 

So soll es sein. 

Es ist 6.00 Uhr und die Sonne lacht. 

Um halb sieben geht der Anker auf. Wir genießen das Wetter und ich werden nicht müde, zu erzählen, wir gut es uns geht. 

„Goldzeit“ fällt mir dazu spontan ein. Auch wenn es dazu schon den deutschen Begriff „value time“ gibt. 

Ich finde „Goldzeit“ passend. Dazu passt der Sonnenaufgang, der mit Nebel auf dem Wasser dekoriert ist. 

Uns fällt dazu noch der gestrige Sonnenuntergang ein, den wir nicht vergessen werden. 


Wir sind unterwegs. Sanfte 3 Bft schieben uns entspannt Richtung Swinemünde. 

Aufgeregt bin ich, was uns erwartet. 

Zunächst ein langer Zufahrtskanal, der parallel zur alten Swine gegraben wurde. 

Wir haben Wind von achtern aber beschließen die Segel trotzdem runterzunehmen und den Rest zu motoren. 

Es ist sehr entpannt zu fahren und wir ziehen doch noch das Vorsegel raus und lassen den Diesel aus. 

Das klappt super, bis wir einen Abzweig nutzen um noch ein Stück alte Swine zu fahren. 

Hier ist der Fluss noch ein kurzes Stück naturbelassen. 

Überall sitzen Reiher und andere Wasservögel. Wir schippern an großen alten Holzdalben vorbei. 

Da sitzen zwei große Vögel zwischen den Reihern, die sehen mit dem braunen Gefieder komisch aus. 

Na klar! Ich flipp aus - das ist ein Seeadlerpaar! 

Wo ist die Kamera? Bis ich sie in der Hand halte, heben die beiden ab und fliegen majestätisch über den Fluss, leider von uns weg. 

Ich bin tatsächlich echt geflashed noch einmal den seltenen Tieren so nahe gekommen zu sein. 

Das bleibt nicht ohne Folgen, denn plötzlich bleibt das Boot stehen. 

Verdammt! Der Kurs war im Autopiloten eingegeben, aber ich hatte nicht daran gedacht den Kurs rechtzeitig anzupassen. 

Wir kommen wieder frei, aber ich habe keine Kontrolle über das Ruder! 

Ich bekomme das Schiff nicht in den Griff. Wir drehen uns immer wieder in Richtung Flach! 

Die Steuerräder lassen sich nicht in die nötige Richtung drehen. 

Panik! 

Ich fahre vorwärts und rückwärts es ist nichts zu machen. 

Eine Alarm piept die ganze Zeit! Bis mir aufgeht, dass der Autopilot noch an ist, und wieder auf den alten Kurs will. 

Ich schalte den Autopiloten aus und die Räder lassen sich wieder drehen. Der Alarm wird quittiert und ich bin wieder bei mir. 

Zeit, in mich zu gehen und darüber nachzudenken, wie blöd man eigentlich sein kann? 


Hier gibt es noch viel zu lernen. 


Immerhin gut, wenn das hier passiert und nicht im Schärengarten, wo die Kollision mit einem Felsen das Ende der Reise wäre. 


Wir segeln noch bis zu den großen Fährterminals weiter, dann haben wir neben den großen Pötten zu viele Verwirbelungen und müssen den Motor anwerfen. 

Eine große Fähre, die an uns vorbeifährt, müssen wir noch passieren lassen, dann biegen wir links in die große Marina ab. 

Es gibt viele reservierte Plätze, aber wir finden an einem Fingersteg eine Landemöglichkeit. 

Eigentlich soll man vorwärts festmachen, aber wegen des hohen Bugs kommt man schlecht vorne runter und Elke hat sich da schon ein paar Mal abgerollt. 

Weil ich nicht will, dass sie springen muss, lege ich dann lieber rückwärts an. Dank der ausklappbaren Badeplattform kann man dann praktisch barrierefrei auf den Steg übersteigen. 

Bis das Boot zuverlässig vertäut ist, dauert es. 

Lieber etwas gründlicher, als das etwas beschädigt wird. 

Weil es erst Mittag ist, machen wir uns schnell etwas zu essen und bauen die Fahrräder auf. 

Damit geht es gleich in die Stadt. Wir landen an der Kur/Strandpromenade und sind schlicht überwältigt. 

Das hatten wir hier nicht erwartet. Ein Motz-Klotz-Protz-Monster-Hotel reiht sich an das nächste. Gefühlte eintausend Lädchen laden zum Geldausgeben ein. 


Wo sind wir hier gelandet? 

Es dauert eine Weile, bis wir eine Lücke zwischen den Häusern und Lädchen finden, die zum Strand führt. 

Alles ist piekfein. Ebenso der Strand. Feinster Sand, so breit, wie man es sonst an der Ostsee gar nicht kennt. 

Ein Leben und Trubel. 

Wir fahren später auf der sehr gut ausgebauten Fahrradroute 10, die parallel zum Strand verläuft nach Ahlbeck, fotografieren die berühmte Seebrücke und dann noch nach Heringsdorf. 

Die Hotels sind zwar nicht so dominierend wie in Swinemünde, aber die Seebrücke von Heringsdorf stellt sich als Shopping-Mall heraus, die über den Strand auf die Ostsee hinaus gebaut wurde. 

Wir sind etwas schockiert. 

Aber gut, es sind viele Leute hier, die genau das suchen. 

Insofern wollen wir hier nicht unsere persönlichen Vorstellungen, wie ein Seebad sein soll, anlegen. 

Auf jeden Fall haben wir wieder etwas Beeindruckendes gesehen. 

Es ist gut das aufzuschreiben, denn später werden mir die Gedanken, die ich zu all den Erlebnissen hatte, nicht mehr präsent sein. 

Auf jeden Fall passt das Wetter, dass es uns vorkommt, als wären wir irgendwo am Mittelmeer. 

Herrlich. 

Distanz 18 sm, Verluste: Meine Nerven 



24. Mai 2022

Schlechtes Wetter ist angesagt. Wir erkunden Swinoujscie, wie Swinemünde heute genannt wir. Die Aussprache ist in etwa „Swinowieze“. 


Swinemünde geht den Deutschen leichter von der Zunge auch wenn es wohl nicht mehr zeitgemäß ist. 

Bernstein ist immer noch der Renner. 

Sehr viele schöne Restaurants und Kneipen locken uns. 

Es ist schon ein Frevel, dass wir außer einer Kugel Eis, keinerlei Gastronomie beanspruchen. 

Wir versuchen immer noch sparsam zu leben. 

Dafür checken wir die Preise für Lebensmittel und mit polnischem Bier werde ich mich sicher noch für Skandinavien eindecken. 

Um 40 bis 50 ct kostet eine Dose. Ohne Pfand natürlich, das es hier noch nicht gibt. 


Einmal waren wir bisher auf einem Polenmarkt. 
Eher versehentlich. In der Nähe von Karlsbad war das auf einer Motorradtour gewesen. 


Jetzt wollen wir mal richtig gucken, was es damit auf sich hat. 

Kaufen wollen wir nichts, alles was wir brauchen haben wir, und unser Platz ist beschränkt. Billige Zigaretten brauchen wir nicht, Schuhe und Klamotten haben wir auch schon. 

Was wir erleben ist ein 20 % Polenmarkt, denn die meisten Geschäfte (Wellblechverschläge) sind geschlossen. Keine Saison. 

Der Marktplatz besteht aus einem finsteren Labyrinth von Blechverschlägen. 

Einige haben Schuhe oder T-Shirts, Zigaretten, Wurst und Käse und allerlei Tinneff. 

Viele Menschen sind dort auch nicht. Etwas gruselig, finde ich. 

Dann schieben wir mit den Rädern die Budenstraße entlang. Das hört ja gar nicht auf, bemerke ich und bin froh, dass so wenig los ist. Ansonsten hätte ich schon die Flucht angetreten. 

Muss man vielleicht erlebt haben. Reicht dann auch. 



25. Mai 2022


Heute soll Strandtag sein. 

Leider spielt das Wetter nicht so mit, wie von der Prognose versprochen. 

Egal. Wir haben Urlaub. 

Es sind schon Völkerwanderungen am Strand unterwegs. 

Allerdings ist er so weitläufig, dass es wirklich nicht voll ist. 

Von der Marina bis dorthin sind es etwa 5 Minuten mit dem Fahrrad. Weil wir das Fahrradschloss vergessen haben, Für uns : 15 Minuten. 


Wegen des Regens der vergangenen Tage ist der Sand sehr fest. Ich habe das Gefühl, ich liege auf Beton und ich kann ja nicht sitzen. 

Das ist blöd und kam so: Beim Vertäuen in Klintholm stieg ich rückwärts von einer Ducht, der Erhöhung neben dem Cockpit, wo die Klampe drauf ist, wieder herunter und traf mit dem Steiß recht herzhaft das Steuerrad. 

Der erste Schmerz ging samt der kleinen Sternchen bald weg. 

Aber seit nunmehr 3 Wochen kann ich nicht mehr bequem sitzen. 

Da merkt man, dass man keine 20 mehr ist. Jedes Wehwehchen was sonst an einem Tag vergessen ist braucht jetzt eine Woche. Ein wirklich schlechter Wechselkurs. 


Mittags wird der Himmel schwarz und erste Donner lassen uns fix die Sachen packen. 

Kaum zurück auf dem Boot, „kommt die Elbe“. So haben wir in Hamburg immer gesagt, wenn Wolkenbruch war. 

Hier kommt sie noch mit Hagel - und zwar heftig. Das Spektakel wird gefilmt. 

Das Luk der Vorschiffskoje ist nicht richtig zu und wir haben Wasserbett! Der Klassiker! 

Passiert jedem irgendwann zu unterschiedlichsten Gelegenheiten. 

Kann alles trocknen. 


Nachdem wir noch mit der kostenlosen Fähre auf die andere Swineseite übergesetzt sind, um zu sehen, wo wir morgen unseren Mietwagen bekommen, bereiten wir die Abreise nach Hause vor. Denn wir wollen am Wochenende zur Hochzeitsfeier von Max unserem ältesten Sohn. 

Danach geht die Reise dann weiter. 



26.Mai 2022 


Heimreise mit Hindernissen 

Was in der Planung alles so gut aussah, entpuppt sich als nicht umsetzbar. 

  1. Wir haben eine Karte mit 4 kWh Strom für den Landstrom gekauft, aber noch nicht ausprobiert gehabt. Das wollten wir machen, wenn wir abwesend sind, damit der Kühlschrank weiterlaufen kann. Stecker in die Säule stecken, Karte an den Transponder halten: Nichts! Verschiedenste Bedienmöglichkeiten aus Knöpfchen drücken, Stecker rein-raus und Karte anhalten: Nichts! Andere Säulen probieren: Nichts. Zum Hafenmeister laufen und Problem erklären: Lapidare Antwort: Steg 14 hat neue Technik, die geht nicht. Kannst Du nächstes Mal Karte benutzen. Geld zurück? Nö, das geht nicht. Dafür rennt uns die Zeit, für das Frühstücken stetig davon und aus dem entspannten Morgen wird ein sSressiger.
  2. Fähre bekommen wir pünktlich, Wagen ist fast pünktlich da, kostet aber 30 Euro extra wegen Fahrt nach Deutschland. War so auf der Website nicht zu lesen gewesen. Grrrr.
  3. Baustelle, so dass wir nicht den direkten Weg zur Fähre nehmen können. Polnische Umleitungen, die wir nicht lesen können. Ich will doch gar nicht auf die anderen Fähren nach Ystadt usw. Aber das sind die einzigen Möglichkeiten hier rauszufahren. Geht am Ende, dass wir vom Fähranleger eine Baustraße fahren können und an unserer Fähre ankommen.
  4. Nachdem wir uns an der Fähre angestellt haben und nun drauf wollen, winkt uns der Einweiser raus. Er leiert auf polnisch etwas herunter. Ich sage, nix verstehe und er leiert auf Englisch los. Sinngemäß: Nur für Einheimische, Fähre für alle anderen 7 km, diese Richtung, die er mit einer Armbewegung antäuscht. Ab einem gewissen Punkt ärgert man sich nicht mehr. Hilft ja nix. 
  5. Wir finden die andere Fähre, bzw. die Schlange, die sich anstellt. Etwa 800 m rechts von uns holt die Fähre die Autos ab. Nach links geht die Schlange, ohne dass man ein Ende sehen kann. Das Auto vor uns versucht, sich in die Schlange einzufädeln, was die Beifahrerin des polnischen Mercedes in der Schlange zu wüsten Gesten und Wutausbrüchen animiert. Man solle sich gefälligst hinten anstellen. Ja, kann man irgendwie verstehen. Wir finden glücklicherweise einen deutschen Touristen, der uns rein lässt. Ich glaube sonst wäre der Ankunftstag zur Hochzeit in Gefahr gewesen. Unverdientes Schwein gehabt.
  6. Die Fahrt zieht sich und erst vor Helmstedt geraten wir in eine Autobahnsperrung, die aber nach 15 Minuten aufgehoben wird. 
  7. Alles wird gut.

Unser Mietwagen für 4 Tage

Marinaanlage in Kolberg: 
Alles schick.

Geräusche aus der Ruderanlage machen mich nervös

Wenn da drin was rumpelt muss man mal in den Autopiloten gucken.

Gofry heißen hier frische Waffeln mit Sahne und Obst. Ist in Kolberg der Renner

Sehenswerter Fischerhafen von Kolberg

Piratenausflüge und so weiter

Hinter dem Leuchtturm geht die Strandpromenade los.

Eine der Sehenswürdigkeiten: Das Postgebäude hatte eine der ersten automatischen Telefonvermittlungen in Deutschland

Wasserbus in Kolberg

Bierprobe: Was nehme ich mit auf die Reise?

 29. Mai 2022


Die Hochzeitfeier war wirklich toll aber wir müssen zurück und den Wagen wieder unbeschädigt zurückbringen. 

Die Rückreise gelingt entspannt. 

Uns kommt ein endloser Stau entgegen. 

Wir empfehlen Allen, die es noch nicht versucht haben: Niemals, wirklich NIEMALS! Himmelfahrt nach Usedom zu fahren. 

Erst wird man nicht hin kommen und dann nicht wieder zurück. 

Glücklicherweise fahren wir antizyklisch. 

Nach mehreren Irrfahrten durch Baustellen erreichen wir den Abgabepunkt für das Auto und erreichen noch die Fähre mit der wir auf die Seite der Stadt mit dem Yachthafen kommen. 



Auf dem Boot fällt viel Anspannung ab. 

Sogar die Batterie hat ohne Landstrom noch genauso viel Ladung wie bei unserer Abreise. Das Solar- und Windkraftwerk an Bord haben hervorragend funktioniert. 

Die Reise kann weiter gehen. 



30. Mai 2022

Ziel: Dziwnow 

Ich habe abends noch die Navigationswarnungen studiert und bin auf zwei Webseiten fündig geworden, die alles, was dann in polnischem Englisch auf Kanal 62 in einer halben Stunde heruntergebetet wird, in schriftlicher Form präsentiert. 

Die deutsche BSH-Seite ist da echt verbesserungswürdig, da sucht man sich einen Wolf. 

Die eine Website ist Schwedisch und die andere kommt direkt von der polnischen Marineverwaltung. 

Auf zweiterer ist sogar eine Karte dargestellt, wo mit Pins die betroffenen Gebiete markiert sind. 

Top. Das macht uns das Reisen doch gleich viel leichter. 

Trotzdem werden natürlich die Durchsagen auf UKW abgehört. 

Um 7.00 Uhr starten wir von Swinemünde es ist wenig Wind vorhergesagt und dieser soll ab 12.00 Uhr zwar zunehmen, aber aus Osten kommen, was kreuzen bedeuten würde. 

Frühstück gibt es wieder unterwegs. 

Die Ostsee ist noch ganz glatt. Das große Geschaukel bleibt uns noch erspart. Wir sind wirklich anfangs nicht schnell unterwegs. Als die Logge weniger als 1,5 Knoten anzeigt starten wir den Motor. 

Eine Stunde später noch ein Segelversuch, den wir nach kurzer Zeit wieder abbrechen. Nochmal Motor. Eine weitere Stunde später können wir dann Segel setzen und hoch am Wind unser Ziel erreichen. 

Die Einfahrt ist kanalartig, und kurz vor der Einfahrt flitzen 3 Kinder mit Optimisten (der kleinsten Regattaklasse für die Jüngsten) begleitet von einem Trainer mit Schlauchboot herum. 

Der Trainer brüllt ermutigende Anweisungen, denen die kleinen Segler mehr oder weniger diszipliniert folgen. 

Die haben auf jeden Fall einen Heidenspaß, als sie Kurs auf unser Boot nehmen und versuchen uns beim Einfahren in den Kanal die Vorfahrt abzutrotzen. 

Mit einem kräftigen Gasschub vom Diesel muss ich den Spaß leider beenden. 

Kurz vor der Einfahrt in die Marina ein Schock! 

Unser Plotter (die elektronische Seekarte von C-Map) zeigt eine Wassertiefe von nur einem Meter in der Einfahrt. 

Elke fordert bestimmt: Da fahren wir nicht rein! 

Das gibt es doch nicht, auf der Website hatte ich dazu nichts gesehen und die Einträge, die ich in Navionics gelesen habe sagen auch nichts dazu. 

Stattdessen viel Lob für den guten Service und die modernen halbrunden Schwimmstege. 

Ich will erstmal gucken, was für Schiffe im Hafen liegen: 

Da sind doch große Masten zu sehen! Die können doch nicht so flachgehende Boote unter sich haben. 

Ich gucke im Navionics, nach, was ich als Backup Navigation immer mitlaufen lasse. 

Da sind Wassertiefen von 2,7 m eingetragen. 

Sag ich doch, ich bin doch nicht blöd. 

Also fahren wir seeehr langsam hinein, nachdem wir noch ein ganzes Rudel Optimisten vorbei gelassen haben, die mit Gejohle in Richtung offene Ostsee preschen. 

In der Marina merkt man, dass hier ein Hotspot für kleine Segelklassen ist. 

Darauf weist vor allem ein eigenes Race-Office in der kleinen Marina hin. 

Auf der Website waren ja auch viele Beiträge zu Regatten ausführlich zu lesen. 

Die Marina ist tadellos, der Hafenmeister kommt und nach dem Aufdruck Bosman auf seinem T-Shirt weiß ich nun, was Hafenmeister auf polnisch heißt. 

Traurig, wenn man von einer Sprache so wenig versteht wie wir. Man hätte sich einige wichtige Vokabeln vorher mal ansehen sollen. 

Ich gelobe mir Besserung. 

Uns steckt noch das Wochenende in den Knochen, und merken das, weil keine Lust haben, den kleinen Ort zu erkunden. 

Wir haben nicht mal Lust, duschen zu gehen, obwohl wir dafür beim Hafenmeister bezahlt hatten. 

Elke fühlt sich nicht so gut und hat sich schon früh hingelegt. 



Distanz: 20 sm, Verluste: ein Crewmitglied erkrankt. 


31. Mai 2022

Nach Kolberg 

Wir brechen wieder sehr früh auf. Kurz vor sieben sind die Leinen los. 

Die Wettervorhersage sagt achterlichen Wind voraus, der gegen 16.00 Uhr einschlafen soll. 

Ich kann noch schwer einschätzen, wie schnell wir sein werden und plane immer reichlich Puffer ein. 

Schlimmstenfalls kommen wir sehr früh an, aber dann können wir uns in Ruhe noch vor Ort umschauen. 

Elke geht es nicht gut. 

Das Ablegen mache ich fast alleine. Ich merke, dass sie gar nicht in die Gänge kommt. 

Als wir aus dem Hafen sind, und die Segel gesetzt haben, versucht sie sich im Cockpit mit Decke in Bereitschaft zu halten bis ich sie in die Koje schicke. 

Anordnung vom Käpt´n. 

Wir haben konstant Wind von 180 Grad, wobei sich der Wind und die Windrichtung nicht konstant anfühlen, denn das Schiff rollt wie blöde. 

Für Nichtsegler: Wir schwanken ständig von rechts nach links und zwar heftig. 

Selbst bei diesen kleinen Wellen von ca. 1m Höhe ist das nervig und führt dazu, dass die Segel schlagen, vor allem wenn der Wind kurz nachlässt. 

Das Vorsegel haben wir gleich wieder reingeholt, das schlug nur hin und her. 

Das Großsegel haben wir mit Bullenstander und Großschot festgezurrt, sonst würde der Großbaum nur hin- und herknallen und wir hätten dauernd die Gefahr einer Patenthalse. 

Also wenn der Großbaum unkontrolliert von einer Bootsseite auf die andere Seite schwenkt. 

Dabei können schwere Schäden an Boot und Personal entstehen. 

Die meisten Todesfälle an Bord sind nicht auf „Überbordgehen“ sondern darauf zurückzuführen, dass der Großbaum ein Crewmitglied am Kopf getroffen hat. 

Daher ist vor allem bei starkem Seegang der Bullenstander ein echter Lebensretter. 

Dabei ist es nur ein Tau, das den Großbaum auf der Leeseite des Bootes festhält. 

Ich habe dazu eine etwa 3 Meter lange Schot mit Schnappschäkel im Einsatz. 

Der Schäkel wird am Anschlagpunkt der Großschot im Baum eingehängt, das andere Ende stramm auf der Mittelklampe belegt. 

Das ist nicht nach Lehrbuch, aber es ist schnell gemacht und funktioniert, und das ist die Hauptsache. 



Bis Kolobrzeg also Kolberg fahren wir diesen Kurs, 11 Grad Celsius haben wir, und ich ziehe nach und nach weitere Kleidungsschichten an. 

Bloß nicht auskühlen. 

Leider gibt es Geräusche von der Steueranlage, ich vermute zunächst, dass irgendwas in der Backskiste poltert. 

Wenn ich aber die automatische Steuerung ausschalte und von Hand steuere ist das Geräusch nicht mehr da. 

Irgendetwas am Autopiloten? 

Ich bin beunruhigt und steuere die letzten 20 Meilen von Hand. 

In Kolberg funke ich den Hafen auf Kanal 12 wie empfohlen an, ob ich in den Kanal einfahren kann. 


„Kolobrzeg Habour, Kolobrzeg Harbour, this is Sailingyacht Yggdrasil, Callsign Delta Delta five one two six. Is it possible to enter the channel?“ 

Die Antwort kommt prompt: „Sailingyacht Delta Delta five one two six: Of corse you can enter the harbour, have a nice evening!“ 


Thank you very much! Yggdrasil out! 



Mal ein erfreuliches Funkerlebnis, in Swinemünde hatte niemand auf meine Anrufe reagiert. 


Ich hole Elke zum Segelbergen aus der Koje und sie hilft prima beim Anlegen, was in der angenehm großen Marina sehr gut klappt. Wir parken wieder rückwärts ein, damit ist das Aussteigen für uns einfacher. Dank des großzügigen Platzes zwischen den Stegen lässt es sich sehr gut manövrieren. 

Hier gibt es wirklich Alles und alles ist schick und Modern. Super Sanitäranlagen, tolles Hafenlokal mit allem was das Seglerherz begehrt. 

Wir zahlen ohne Strom, Wasser und Duschen sechzehn Euro pro Nacht. 

Elke ist so fertig, dass sie vorschlägt, einen weiteren Tag zu bleiben. 

Wir schaffen es allerdings, uns noch die Stadt anzusehen, und ich werfe vorher noch einen Blick auf die Ruderanlage und den Autopiloten, allerdings passen meine Diagnoseansätze nicht zusammen, und ich bin immer noch genauso schlau wie vorher. 

Besonders ist die Neue Altstadt: Im Krieg wurde Alles zerstört und ist danach im Altsadtstil wieder aufgebaut worden. Auf den ersten Blick fällt es kaum auf. 

Immerhin war das zu Zeiten des Sozialismus, wo in der ehemaligen DDR zum Beispiel, kein Wert auf ein Stadtbild mit Charakter gelegt wurde und das ist bemerkenswert. 



Den Strand schaffen wir nicht mehr, Elke muss ins Bett. Vielleicht Morgen dann. 

Wir haben seit langem wieder funktionierendes Internet und gucken uns „Red Notice“ auf Netflix und 2 Videos von den Segeljungs auf Youtube an. Dann wird geschlafen. 

Mit Gennaker macht es einfach Spaß

Die Schiebebrücke von Darlowo

Leckeres Essen in Ustka mit Schürze

Die Garnelen wehren sich

Am Liegeplatz Ustka

Lachs auf Rote Beete Graupen

01. Juni 2022



Es regnet und wir schreiben am Blog. Keine besonderne Vorkommnisse. Wir gammeln einfach und Elke geht es langsam besser.



02. Juni 2022



Wir besuchen die Standpromenade mit den vielen Lädchen und Ständen, die sich in vielen Seebädern in Polen sehr ähneln.

Wir gönnen uns Gofry. Irgendwas muss doch dran sein, wenn es das hier in jedem 5 Lädchen u.a. mit Eis angeboten wir. Das scheint ja hier neben Lody (Softeis) der Renner zu sein.

Ergebnis: Ja, es schmeckt lecker. Eine Art belgische Waffel, darauf z.B. 2 Sorten Obst, getrennt durch einen Wall aus Sahne.

Aber warum das hier eine echt große Sache ist, erschließt sich uns nicht.



03. Juni 2022



Wir fahren weiter nach Darlowo. 

Das ehemalige Rügenwalde überrascht uns positiv. Der Hafen ist top in Schuss. Sehr gute Sanitäranlagen gute Stege. Wir werden schon von Seglern erwartet, die wir schon in Diwinow kennengelernt haben und die auch in Kolberg mit uns im Hafen lagen. 

Hier lernen wir Reinhard und Siegfried, Susanne und Werner besser kennen. Wir haben auf jeden Fall bis Danzig den gleichen Weg und tauschen uns über Sperrgebiete und die besten Routen aus.

Nebenbei lenzen wir ein paar Dosen Bier.

Sie wollen noch einen Tag bleiben, aber wir wollen weiter nach Ustka.

Es wird ein ziemliches Geeiere, Wind von Hinten ordentlich Welle.



Distanz 36 sm Verluste: keine



04. Juni 2022



Nach Ustka sind es auch ungefähr 30 Meilen.



Das Wetter ist schön und wir müssen nur ein Sperrgebiet umfahren, wo gerade Miltärübungen abgehalten werden.



Die Schwenkbrücke, die einmal in der Stunde Fußgänger über den Fluss lässt ist offen, als wir kommen.

Die Einfahrt macht auch sonst keine Probleme. 

Vor Darlowo waren wir z.B. gewarnt worden, weil es dort gefährliche Strömungen gibt, die das Steuern problematisch machen, vor allem weil dort die Einfahrt besonders schmal ist.

Hier kommen wir gut hindurch. Im „Yachthafen“ wenn man ihn so nennen kann, ist kein Platz für uns und wir machen an der Kaimauer ein Stück den Fluss hinauf fest. 

Hier können wir in Ruhe aus dem Cockpit beobachten, wer hier so lang flaniert. Sehen und gesehen werden, wir kommen uns auf unserer Yacht sehr luxuriös vor. Der junge Hafenmeister ist nett und kommt zum Boot und versucht alles auf Deutsch zu erklären. 

Die Qualität der Sanitäranlagen ist dieses Mal so, dass wir sie lieber nicht in Anspruch nehmen.

Dafür gönnen wir uns ein herrliches Fischmahl in der Taverna direkt am Hafen. Sehr cool.



Distanz 30 sm  Verluste: Etwas Angst vor den Hafeneinfahrten 

Im Hafen von Leba

Sand 

Einfach nur da sitzen

Wasser! Es ist heiß und trocken

Wie in der Wüste

5. bis 7. Juni 2022


Ustka nach Leba



Bei Ustka liegt eines der vielen Sperrgebiete an der polnischen Küste, die miltärisch genutzt werden. Im Moment scheint das besonders intensiv zu erfolgen.

Bis Ustka konnten wir diese bisher durchqueren, weil wir in den inaktiven Zeiten unterwegs waren. Somit blieben Umwege erspart. 

Bis Leba gibt es eine besondere Naturschutzzone, hier muss ein Abstand von ungefähr 2 Seemeilen zum Ufer eingehalten werden, sonst zahlt man Strafe.

Es wird mit Patroullienbooten streng kontrolliert.



Als wir in Leba unseren Liegeplatz neben einem 40 Fuß großen Stahlschiff aus Schweden gefunden haben unterhalte ich mich kurz mit dem Skipper. 

Er berichtet, dass er 100 Zloty „Eintritt“ zahlen musste. 

Die Eintreiber waren bewaffnet und schlecht gelaunt. Ihr bestimmender Tonfall ließ keinen Zweifel:

Besser nicht diskutieren.

Leba ist eines unser Highlights und must-see-Orte.

Hier gibt es eines der fantastischsten Phänomene an der Ostseeküste. 

Jahr für Jahr transportiert die Ostsee Sand an die Strände Lebas, so dass man dort mit Erlaubnis der Behörden kostenlos Sand mitnehmen kann.

Es gibt hier eine riesige Sanddüne, die schon Ortschaften und Wälder verschluckt hat.

Die 30 bis 40 Meter hohe Düne erklimmen wir. Man kann in 20 Minuten bequem mit dem Fahrrad dort hinkommen.

Wenn man durch den endlosen Sand stiefelt, kommt man sich vor wie in der Sahara. Es ist hier heiß und trocken.

Nationalparkmitarbeiter versuchen mit Quads Pfähle für die Absperrungen auf die Dühne zu ziehen, was nur halb gelingt. Die Mitarbeiter müssen die Pfähle den steilsten Abschnitt hinauftragen.

Die Pfahle werden mit dickem Seil verbunden und müssen mehrmals im Jahr neu eingesetzt werden, weil der Boden in Bewegung ist. Sie dienen als Absperrung für den Teil, der nicht betreten werden darf.

12 Meter legt die Düne im Jahr zurück. In 400 Jahren ist dann auch Leba begraben.

Ein Weg führt zum Strand. 

Er ist kilometerlang und menschenleer. Wir verweilen dort und genießen die Abgeschiedenheit.

Wenn es später wird am Tag, ist es aber vorbei mit der Ruhe.

Auch hier werden Rentnerbusse und Schulklassen hingekarrt. 

Früh losfahren lohnt sich. Auch weil dann der Fahrradparkplatz keine 10 Zloty kostet.

Die 7 Zloty für den Parkeintritt haben wir gerne gezahlt.

Leba hat eine nette Fußgängerzone. Typisch für Polen scheinen die vielen kleinen Stände und Lädchen zu sein, die alles verkaufen, was wir noch nicht haben, weil wir es nicht brauchen.



Wir ergattern leckeren Räucherfisch zu einem guten Preis, der uns 2 Tage lang ein köstliches Abendessen beschert.

Einen Tag am Strand wollen wir uns noch gönnen, bis das Wetter gute Reisebedingungen bereitstellt. 

Statt eines Wolkenbruchs, wie in Swinemünde, kommt dieses Mal plötzlicher Nebel auf. Richtig dicht zieht plötzlich gegen frühen Nachmittag alles zu. Und es sieht richtig unheimlich am Strand aus.

Das ist sehr seltsam, so was haben wir bisher noch nicht an einem warmen und sonnigen Tag erlebt.

Innerhalb von 15 Minuten ist die Sicht vielleicht noch 100 Meter.

Interessant ist es auch im Hafen: 

Reinhard berichtete bereits, dass er beim Einlaufen in die Hafeneinfahrt von Leba stecken geblieben ist. 

Mit unseren 1,5 Metern Tiefgang hatten wir das nicht bemerkt und wir haben zufälligerweise genügend tiefe Stellen gefunden.

Nun kommen aber immer mehr Charteryachten, die beim Einlaufen freundlich nicken, weil der Kiel auf Sand aufgelaufen ist und mehrere Anläufe benötigen, um hier festzumachen.

Für uns sehr unterhaltsam, aber für die Crews echter Stress, denn man kann ja nicht sehen, wo es möglicherweise tief genug ist. 

Die Angaben in der Seekarte stimmen definitiv nicht. Das gibt der Hafenmeister zu, aber was soll er machen? 

Erst wenn die Fahrrinne für die großen Schiffe frei ist, kommt der Bagger im Yachthafen zum Einsatz.

Etwa 50 Euro kosten uns die drei Nächte hier ohne Strom. Immer wenn der Strom extra kostet verzichten wir und kommen mit der Batterieladung gut aus.



Distanz 34 sm Verluste: ein halber Liter Schweiß bei der Dünenbesteigung 


08. Juni

Leba nach Wladislawowo

Keine Sperrgebiete.

Wir legen um halb sechs morgens ab. Ich wecke Elke nicht und lege bei Windstille allein ab.

Ich komme gut aus dem versandeten Hafen, auch wenn der Tiefenmesser schon weniger als Null unter dem Kiel anzeigt. Passt gerade so!



Unterwegs schläft der Wind mehrfach komplett ein. Wir lassen dann die Maschine langsam laufen. Etwas über Leerlauf.

So kommen wir nach 11 Stunden in Wladislawowo, dem ehemaligen Großendorf an.

Es hätte sich auch nicht gelohnt, dort früher anzukommen.

Im Hafen sind Alibistege für Segler, das Beste aber sind die Sanitäranlagen: Nach einigem Suchen finden wir sie. 

Der Hafenmeister hatte uns mit einer Geste eine grobe Himmelsrichtung angegeben. 

Wahrscheinlich denkt er sich: Auf dem Wasser kommen die ja auch mit einer ungefähren Gradangabe auf dem Kompass aus. Da werden die das schon finden.

Als wir die Toiletten tatsächlich ausmachen, sind wir nicht sicher ob diese für Yachtbesitzer gedacht sind. 

Im Erdgeschoss einer Lagerhalle gegenüber vom Bosmanat (dem Hafenbüro), finden sich 2 Damentoiletten. Die Herrentoilette ist aus unerfindlichem Grund abgeschlossen, ebenso wie die Duschen.

Im Ernst jetzt? 

Draußen hängt noch ein Schild: 8.00 bis 18.00 Uhr geöffnet. Und in der Zwischenzeit?

Respekt vor der Blasen- und Darmkontrolle der Polen.

Ich kriege das nicht hin. Und ich bin froh, dass wir einen Fäkalientank an der Bordtoilette haben, den wir dann nutzen können.

Wir verzichten dann auch auf das immerhin kostenlose Angebot.



Ganz auf Seefahrt eingestellt:
Sitzbank in Hel

Coole Piratenkneipe in Hel

Ei, Ei, was für ein schönes Marinagebäude

Ein Segel im Nebel

Abendstimmung am Strand von Hel

Wie war das noch mit dem Nippel?

09. Juni 2022

Wladislawowo nach Hel

Man kann es sich denken: Der Abschied von Wladislawowo fällt uns recht leicht. 

Hel, Hela oder Helska, unter diesen Namen finden wir den Ort auf den Landkarten. Mit Yggdrasil nach Hel, wo Hel doch der Name einer der neun Welten ist, die Yggdrasil verbindet. 

Hel ist allerdings eine der Unterwelten und wohl eher düster einzustufen. 

Dazu passt, dass wir unterwegs durch dichten Nebel fahren. Wir tuten mit unserem Nebelhorn. Ein anderes antwortet. Gespenstisch taucht ein einsames Segel an Backbord vor uns auf. Das Boot selbst ist nicht zu sehen, wir wissen aber, dass es Gunnar, dem Folkeboot Einhandsegler gehört. Wir fahren dichter heran und fragen, ob wir schleppen sollen, denn auch der Wind ist komplett eingeschlafen. 

Natürlich lehnt er ab. Aber fragen muss man schon. 

Unser Ziel Hel ist aber das Gegenteil. Ein lebendiger, attraktiver Urlaubsort, wo sicher viele Danziger und Urlauber aus verschiedenen Gegenden hinkommen. Man hört auch viele Deutsche.

Ausflugsboote und coole Kneipen und Restaurants sind attraktive Angebote.

Wir wandern noch zur Seehundstation, und uns kommt es so vor als würde an der Hafenmole des ehemaligen Militärhafens ein Seehund in der Ferne aus dem Wasser gucken.

Durch die Fenster der Seehundstation kann man 3 Exemplare beim Chillen beobachten.



Ein Wenig überlegen wir noch, ob wir noch einen Tag bleiben.

Der Hafen hat frisch renovierte Sanitäranlagen in einem überdimensionalen blau-weißen Osterei (könnte auch eine Knospe darstellen, denn oben ist es etwas aufgeplatzt), natürlich etwas teurere Liegegebühren 80 Zloty alles inkl. ausser Duschen. Duschmarken für 10 Zloty kann man am Automaten per Kredit oder EC-Karte erwerben.


10. Juni 2022

Lola legt als erste morgens in Richtung Danzig ab, Reinhard dann kurz bevor wir die Leinen loswerfen. Eine gute Meile Vorsprung hat er. Ich schreibe das nur, weil Yggdrasil heute mit den Hufen scharrt, kaum aus der Hafeneinfahrt kennt sie kein Halten mehr und wir haben sechseinhalb Knoten auf der Logge, die nach etwas Trimmarbeit auf bis zu siebeneinhalb anwachsen.

Wir habe richtig Bock auf Danzig und Yggdrasil offensichtlich auch.

Reinhard und Siegfried haben wir dann auch bald eingeholt.



Gemeinsam erreichen wir dann die Einfahrt nach Danzig. Wir lassen das Vorsegel stehen und fahren nur mit unserer Selbstwendefock noch über vier Knoten in Richtung Stadthafen. 

Als uns ein großer Tanker gezogen von mehreren Schleppern überholen müsste, machen wir die Maschine an und sehen zu, dass wir aus dem Weg kommen.

An der Stadtmarina erwartet uns eine Enttäuschung. Wegen einer Regatta bekommen wir keinen Liegeplatz. 

Wir hatten bisher ziemlich leere Häfen vorgefunden, und so kam der Gedanke gar nicht auf, vorher zu reservieren. 

Ein dummer Fehler. Nicht dass wir nicht vorher das Reservierungsportal gecheckt hätten. 

Aber wir hätten uns schon vor Wochen für einen bestimmten Ankunftstag festlegen müssen und im Stornierungsfall kein Geld zurückbekommen.

Am Ende immer eine schwierige Entscheidung.

Wir suchen nach anderen Anlegemöglichkeiten und ich sehe eine Möglichkeit auf der Karte. Es stellt sich aber heraus, dass die Klappbrücke nicht klappt sondern eine feste Brücke mit 8 Metern Höhe ist. Kurz bevor wir das feststellen, überholt uns ein Verband aus 2 Arbeitsschiffen , die ein etwa 100 Meter langes Rohr zwichen sich ziehen. 

Wir wollen nur schnell umdrehen, und kommen ihnen dabei wohl gefährlich in die Quere, jedenfalls regt sich der Kapitän des hinteren Schiffes sehr auf und winkt nicht gerade freundlich. 

Wir legen den Hebel auf den Tisch um der Situation so schnell wie möglich zu entkommen.

Oh Mann, keine Ahnung, was die mit ihrem Transport vorhatten.

Unser Augenmerk liegt jetzt darauf eine Übernachtungsmöglichkeit zu finden. 

Wir sehen eine kleine Marina, nicht weit von hier und steuern durch das Labyrinth der Kanäle von Danzig. 

Reinhard und Siegfried sind inzwischen auch dort. Wir machen gemeinsam einige Erkundungsfahrten. 

Vom ersten Steg werden wir weggeschickt. Wir waren schon fast fest. 

Er ist aber gebrochen und nicht sicher.

Drei Boxen weiter sollen wir es probieren. 

Trotz Luft anhalten ist die Box zu schmal, da passt nicht mal eine Zeitung zwischen die Boote, geschweige denn ein Fender. „Not good!“ Sage ich und frage, ob ich nicht gegenüber neben den Motorbooten anlegen kann. 

Da müsste ich mit dem Bosman, dem Hafenmeister verhandeln sagt man mir. 

Okay, das mache ich.

So finden wir dann im dritten Anlauf endlich einen Platz, den wir erstmal für eine Nacht belegen dürfen.


Glücklicherweise spricht der Hafenmeister gutes Englisch und als wir später die Formalitäten erledigen hat er „good news“ für uns. Wir können auch länger bleiben.

Danzig, du hast ein Herz für Segler.



Sogleich bauen wir die Fahrräder zusammen und fahren Richtung Krantor, dem berühmten Wahrzeichen von Danzig. 



Dort haben wir uns mit den anderen verabredet – und noch so ungefähr tausend andere Danzig-Besucher.



Nach einer kurzen Abstimmung macht jedes Pärchen sein Ding. Das ist gut so, weil wir einfach unterschiedliche Bedürfnisse haben. 

Wir sind einfach zu neugierig auf die Stadtt. Reinhard und Siegfried gehen Bier trinken um sich zu entspannen. 

Susanne und Werner kommen gerade aus der Richtung, die wir noch sehen wollen.

Die Beiden haben natürlich auch keinen Platz mehr in der Marina bekommen und haben nach beharrlichen Verhandlungen ihren Finnclipper zwischen der Wassertankstelle und dem Polizeisteg festmachen dürfen, den wir mit seinen Strom und Wassersäulen auch schon im Auge hatten. 

Ein Schild bedeutete uns aber, dass es Polizeiterritorium sei – Festmachen verboten.



Der Erste Eindruck von Danzig ist schon sehr schön. Mehr als wir erwartet haben.

Abends kochen wir an Bord eine leckere Gemüsepfanne aus dem Miniofen. 

Den kleinen Kerl hatte ich mir während meines Studiums in Clausthal gekauft. 

Eine von den 10 besten Anschaffungen in meinem Leben.

Gerade auf unserem Boot ist er unersetzlich um Brötchen aufzubacken, für Pizza, Pommes, selbst Kuchen geht. 

Auch als Notheizung hat er schon stundenlang gearbeitet.

Mehrfach wurde das kleine Gerät schon bei Seegang durch das Boot geschleudert, wieder zurecht-gebogen und funktioniert noch immer.



Leider plagt mich schon wieder mein Rücken. Tabletten will ich nicht schon wieder schlucken. Elke beackert meinen Rücken mit Finalgon und Massageöl.

Abends läuft eine Mottoparty im Hafenbistro. Alle sind als Seeleute zurecht gemacht. 

Sieht cool aus. Es ist laut und fröhlich. 

Wir schlafen trotzdem gut bis ich ein nervendes Geräusch ausmache. 

Elke hört es gar nicht. 

Aber wenn man erst einmal alle seine Empfänger darauf eingestellt hat, hört man nichts anderes mehr. 

Was kann das sein?

Alle 2 Sekunden ein leiser Piep von ca. 10.000 Hertz. 

Ich höre den durch die Partymusik und das macht mich ganz kirre.

Morgens halb drei mache ich mich an den Lauschangriff: Es ist nicht wirklich zu lokalisieren.

Es muss elektrischen Ursprungs sein.

Am Elektropanel entdecke ich den Übeltäter. In der 12 V Dose ist der doppel-USB-Lader für Laptop und Batterieanzeige.

Nachdem er rausgezogen ist, habe ich meinen Frieden. Sachen gibt’s...









11. Juni 2022

Morgens geht es besser und ich erbitte mir wirklich viele Pausen beim Sight-Seeing.

Ich bekomme noch eine Rückenbehandlung und lege den orthopädischen Nierengurt an. So geht es einigermaßen.

Wir fahren mit den Rädern in die Stadt und schlendern die Lange Gasse entlang. Es ist noch verhältnismäßig leer wir schauen uns in Ruhe um, sitzen ein bisschen und beobachten die Menschen. 

Im Tourismusbüro haben wir eine Broschüre bekommen. Die werden wir jetzt abarbeiten.

Am Neptunbrunnen vorbei geht es zum alten Rathaus und auf dessen Aussichtsturm, der für 12 Zloty bestiegen werden kann. 

Es lohnt sich, auch wenn mir etwas mulmig ist. 

Wer Probleme mit Höhenangst hat, sollte unten bleiben. 

Nicht dass es gewagt wäre, aber der Aufstieg und die Maschendrahtabsperrung zum freien Fall wirken bedrohlich und es ist ziemlich dunkel.

Oben aber gibt es einen tollen Blick. Man erkennt sehr gut, bis wo die Altstadt wieder aufgebaut worden ist. 

Auf einem Dachgarten liegen drei Frauen in der Sonne. Ob die wissen, dass man sie beobachten kann?

Direkt über uns fängt das Glockenspiel an, zu spielen. 3-D Sound! Ganz toll.

Weiter geht es bis zum Goldenen Tor und hindurch zum Bernsteinmuseum im alten Gefängnis.

Eine Fremdenführerin erklärt die gruselige Geschichte. 

Wir hören ein wenig mit und landen schließlich im modernen Zentrum mit Shopping Malls und dem Bahnhof.

Danzig wirkt jung, viele hübsche Mädchen fallen mir auf. Junge Männer posen herum. 

Eine bunte Vielfalt an Menschen gibt es. 

In einem Eckcafé genießen wir Eis und probieren kostenloses Wlan, was es in Danzig überall gibt. Allein, es funktioniert nicht so richtig, jedenfalls klappt das spontane Skype-Gespräch mit den Kindern zu Hause nicht so richtig.

Mittags essen wir in einem Lokal am Ufer der Weichsel Pizza. Sehr lecker! Danach sehen wir uns die Markthalle an. 

Drinnen haben sich Klamottengeschäfte breit gemacht. Im Erdgeschoss gibt es noch freigelegte Fundamente einer ehemaligen Basilika aus dem ganz frühen Mittelalter zu sehen. Einige Käse- und Fleischgeschäfte und Feinkost gibt es hier noch. 



Obst und Gemüse, das früher innerhalb der Mauern umgeschlagen wurde, findet sich nun rund um die Halle verteilt.

Wir kaufen 500 g fantastisch aussehende große Erdbeeren für sechs Zloty, eineurofuffzich. 

Da kann man nicht widerstehen.

Daneben erblicken wir Kirschen so groß wie Pflaumen. Mutierte Riesenkirschen? Die Frage bekomme ich nicht mehr beantwortet.

Noch mehr Obst schaffen wir nicht in unseren Rucksäcken mitzunehmen.

Am Abend machen wir Pläne für den nächsten Tag. 

Eigentlich wäre Morgen das ideale Wetter um den großen Sprung nach Kleipeda zu wagen.

Aber das ist uns zu schnell. Es gibt ja noch viel zu sehen.

Wir werden sehen, ob wir das noch bereuen.

Wenn man hier erstmal festen Boden unter den Füßen hat, will man einfach nicht gleich weiter. Wäre auch schade, wir haben uns lange auf diesen Stopp gefreut.




Riesenkirschen und Erdbeeren

Erdbeeren mit Sahne: Besser geht nicht.

Im Umfeld der Marina: Alternative Kunst

Im Hintergrund das Krantor

Man kann sich nicht vorstellen, dass das im Krieg zerstört wurde

Markthallle

Etwas unheimlicher Aufstieg auf den Rathausturm

Blick vom Rathausturm zum "Goldenen" Tor

Auch hier fahren Piratenschiffe Touristen durch die Gegend

Unterhalb des Glockenspiels

Danzigs Wahrzeichen:
Das historische Krantor

Hoch oben über der Altstadt

13. Juni 2022



Anlauf für den großen Schlag.

Um den Weg nach Klaipeda etwas zu verkürzen, wollen wir nicht von Danzig dorthin starten, sondern von der Landspitze, die die Danziger Bucht begrenzt. 

Wir waren ja schon auf dem Hinweg in Hel und haben so die Gelegenheit, uns dort noch etwas umzuschauen.

Die Überfahrt ist zunächst ohne Wind. 
Wir haben die Segel aber schon gesetzt und tuckern mit Motorunterstützung und 3 Knoten durch die Bucht.

Auf der Hälfte der Strecke kommt die Luft dann doch noch in Bewegung. 
Gegen halb zwölf legen wir schon an.

Unterwegs mache ich auf der Seekarte einige schöne Ankerplätze im Golf von Puck aus. Das ist ein flacher Teil ganz im Westen der Danziger Bucht 
Die hätte ich mir gerne angesehen. 
Sie liegen aber in der für uns falschen Richtung, und Morgen soll noch viel Wind kommen.

Da ist es am Anker auch nicht so gemütlich.

Der Reifen von meinem Fahrrad hat eine üble Blase bekommen, und befindet sich in akuten Auflösungserscheinungen. Immerhin ist das, was einmal Gummi war, schon 30 Jahre alt. 

Kein Witz, so alt sind die Räder und die Bereifung.

Wo bekommen wir Ersatz her? Fahrradgeschäfte habe ich nirgends gesehen. 

Auch Google ist ratlos.

Auf Hiddensee hatte ich schon Probleme, ein einfaches Flickzeug zu bekommen, bis mir ein Stegnachbar aus der Patsche half und wir Elkes Reifen reparieren konnten. 
Die zahlreichen Fahrradverleihe haben uns jedenfalls nicht geholfen.

Auch zu Hause hatte ich schon Probleme, Reifen für unsere alten Fahrräder aufzutreiben. 
Bestimmte Größen werden nicht mehr vorgehalten und ohne Internet und Bike24 hätten wir aufgeben müssen.

Wir machen uns also in die Ortschaft Hel auf. 
Noch hält der Reifen. Der erste Verleiher, dem wir unser Problem zeigen, weil wir uns nicht verbal verständigen können, zuckt gleichgültig mit den Achseln. 

Genau so habe ich mir das vorgestellt, frustriert gehen wir weiter und schräg gegenüber in einer Art Garten, stehen verschiedene Fortbewegungsmittel, Elektroroller mit fetten Reifen, Berg GoKarts und Trikes und Fahrräder. 

Der Herrscher über all dieses Gerät ist ein Mann von fragwürdiger Erscheinung. Vorsichtig erkundigen wir uns, ob er vielleicht englisch kann.

Er kann, und ist wohl auch stolz darauf, denn er redet richtig viel. 

Ob er wisse, wo ich so einen Reifen bekäme?

I have this. Is 30 zloty, Okay?

Ich glaube es kaum und sage, „great, of course“. 
Er verschwindet für eine ganze Weile und kommt mit zwei Sorten in der richtigen Reifengröße wieder. 

Den Stollenreifen lehne ich ab, das Straßenprofil passt besser zu uns.

„I can mount the tire, Is 20 zloty. If you want?“

Ich rechne kurz. Wunderbar, für gerade mal 5 Euro muss ich mir kein Rumgeprokel und Finger versauen antun. 

Heute ist unser Glückstag. 

Die Montage dauert dann etwas, weil eine ganze Horde Halbwüchsiger noch Fahrzeuge leihen will.

„No Problem, we come back in one hour“.

„Is Okay“ sagt der Mann.



Als wir wiederkommen ist Alles fertig und ich frage noch, ober er uns einen weiteren Reifen „for spare“ verkaufen kann. 

„Yes I have, just pay“.

Also gebe ich 80 Zloty und nach wieder einer ganzen Weile erscheint er mit dem gewünschten Ersatzgummi.


Wir radeln selig mit unser Beute zum Boot und schauen uns noch den Ort und den Strand per Fahrrad an. 
An der Spitze der Landzunge von Hel ist ein toller Strand mit Strandbar.

Wir legen uns in die Sonne und genießen einfach.

Bis wir plötzlich von einer Schulklasse umgeben sind.

Ganz offensichtlich stören wir die rund 30 Pubertiere kein bisschen, und beim herumrennen ist uns immerhin keiner auf unsere Habseligkeiten getreten.

Man kann völlig ignoriert werden und trotzdem im Mittelpunkt stehen, na ja, wir lagen da ja bloß.

Nach einer halben Stunde verschwindet die Bande wieder.

Elke geht ins Wasser, aber mir ist es zu kalt. 

Zwischendurch besuche ich ein besonderes Etablissement. 

Das ist bemerkenswert, weil es ein Toilettencontainer ist. 
Drinnen sitzt an einem kleinen Schreibtisch eine gepflegte Frau in den 60ern es ist wohnlich eingerichtet mit Bildern und Blumen und Sitzgelegenheiten. 

3 Kabinen warten auf Gäste.

An Tür eins hängt ein Schild: Secretary

An Tür zwei ist zu lesen: Minister

Die dritte Tür trägt die Aufschrift: President



Ist ja klar, welches Zimmer ich wähle. 

Einmal für Präsidenten, sind mir die 5 Zloty Gebühr, die ich entrichtet habe, doch wert.

Später frage ich mich, ob die anderen Türen überhaupt genutzt werden? 

Schließlich sind andere Menschen auch eitel.



14. Juni 2022


Wir warten auf Wetter.

Auf windy haben wir das Wetter immer wieder gecheckt. 

Es ist einfach besser, noch einen Tag zu warten für den 120 Meilen-Törn. 

Mein Fahrrad ist ja wieder voll kampfbereit und wir können uns die Halbinsel genauer ansehen.

Während des zweiten Weltkrieges und in der Zeit danach war die Halbinsel offensichtlich von immenser militärischer Bedeutung.

Das Gebiet ist übersät mit Geschützstellungen, Bunkeranlagen, Türmen, Befestigungsanlagen und wer weiß, was alles, das nicht sichtbar ist.

Es gibt zwei Rundwege, gekennzeichnet durch rote oder blaue Panzer, die an die Bäume gemalt wurden.

Irgendwie ist das Verhältnis des Normalbürgers zu Miltärgedöns hier anders. 
Auf dem Weg in das Gelände kommt man an allerlei volksfestartigen Ständen vorbei. 

Einige sind „liebevoll“ wie Feldlager gestaltet mit Feldküche und allerlei Militaria dekoriert. 

Es wirkt befremdlich - wir nehmen es einfach als kurios wahr. 
Irgendwie wird man mit eigenen Urteilen gnädiger, oder gelassener.

Wir wollen nicht engstirnig unseren eigenen Vorstellungen folgen. 
Wir Deutschen haben immer noch eine Mission und denken, wir müssen dem Rest der Welt dabei helfen, so zu werden wie wir es sind.

Auf unserer Reise sind wir nur Gäste anderer Kulturen, wir müssen keine Botschaft mitbringen.



Jedenfalls entscheiden wir uns, dem „roten Panzer“ zu folgen. 

Einige Stellungen werden regelrecht bewirtschaftet, mit Fressbude und Geschichte.

Immer wieder stehen Schilder mit den Beschreibungen der Einrichtungen am Wegesrand.

Manche Anlagen sind kaum im Wald zu entdecken. Teilweise unterirdisch guckt ein Turm ins Gelände. 

Ich kann nicht widerstehen, durch das Unterholz zu einer Bunkeranlage vorzupirschen. Elke folgt. Wir sind neugierig, das Gebäude steht einfach so im Wald. 

Wir entdecken einen Eingang und ich fühle mich ein bisschen wie Indiana Jones. 
Es ist ein dunkler Gang, rechts und links gibt es Abgänge. Wohin führen die?

Ich habe das funzelige Licht der Kamera, man sieht fast nichts.

Wir gehen rechts, es gabelt sich links eine Kammer, rechts ein Raum mit mehreren Türen. Wir gehen immer weiter und es wird immer unheimlicher, Orientierung fällt schwer. 
Ein Labyrinth und mit jeder Abzweigung steigt die Furcht, sich zu Verirren.

An einem nach oben offenen Innenhof geht es nicht weiter. Also wieder zurück und einen anderen Abzweig. 

In einem vollkommen finsteren Raum geht eine steile Eisentreppe nach oben. Stockwerk für Stockwerk geht es nach oben, bis nur noch eine eiserne Sprossenleiter durch ein Loch in der Decke führt.

Hier ist ein Raum mit einer Tür nach draußen. 

Wir schauen auf Baumwipfel. Kein Geländer! Nur fünfzehn Meter freier Fall, für den der hindurchgeht.


Wir beschließen, dass wir genug gesehen haben und versuchen den Ausgang wiederzufinden.

Als wir es hinausgeschafft haben, stellen wir fest, dass wir einmal unter dem Gelände hindurchgegangen sind. 

Durch das Unterholz arbeiten wir uns zum Weg zurück, wo unser Fahrräder noch stehen.

Es war ein beklemmendes Erlebnis. Man kann da einfach so rein und wer weiß was machen. 
Das würde doch bei uns in Deutschland im Leben nicht gehen. 

Wir sind aber nicht in Deutschland.

Der Bedarf an Nervenkitzel ist gedeckt und 40 Zloty müssen noch ausgegeben werden, denn Morgen sind wir auf See und Übermorgen hoffentlich heile in Litauen angekommen.

Wir versuchen noch einen geräucherten Lachs zu bekommen. 

Aber kein Stück am Fischstand ist klein genug, dass unser Geld reicht. 

Stattdessen bietet uns der Verkäufer einen warmen Fisch an, von dem ich vermute, dass es sich um Seehecht oder einen ähnlichen Weißfisch handelt. 

Schmeckt gut, und ist ordentlich fettig. 

Später frage ich mich, ob wir den wohl vertragen werden, aber da ist es zu spät.

Es sind noch 13 Zloty übrig, die am benachbarten Stand in Gofry, eine Waffel mit Blau- und Erdbeeren investiert werden.




15. Juni 2022



Wir haben es nicht so eilig loszusegeln. Etwa einundzwanzig Stunden nonstop Segelspaß liegen vor uns.

Die Sonne scheint, das Wetter hält sich an die Prognose.

Wir kommen gut voran, immer über sechs Knoten. Wir freuen uns auf ein schnelle Passage.

15 Meilen haben wir zügig abgesegelt, Kurs erst nördlicher, etwas ausholen, um die russische Zwölf- Meilen Zone in großem Abstand zu passieren. 

Keine Lust mit Ivan irgendwelche Intimitäten auszutauschen, wo Russland sich gerade im Rest der Welt unbeliebt macht.

Ein lauter Knall erwischt mich eiskalt. Der Großbaum schlägt plötzlich nach Lee. 

Was ist jetzt bloß passiert? 

Analyse: Das Schiff ist unter Kontrolle, wir halten Kurs, es scheint keine akute Gefahr zu bestehen. 
Elke kommt von Unterdeck nach oben und hat kaum mitbekommen, was passiert ist. 

Ich erkläre erstaunlich ruhig die Lage. 

In Krisensituationen kann ich ganz mechanisch und überlegt handeln. 

Ich bin dann in einem Tunnel und blende Alles andere aus um mich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Wir stellen fest, dass ein Rollenblock an der Großschot herumbaumelt. 
Der gehört an den Beschlag am Großbaum und hält ihn zur Luvseite. 
Wir haben ein sog. German Mainsheet Setup, bei dem die Großschot von rechts und links den Baum über mehrere Rollenblöcke zur Bootsmitte zieht. 

Daher sind zwei Rollenblöcke vorhanden, von denen nun einer abgerissen ist.

Damit könnte man theoretisch weitersegeln, aber den Baum nicht mehr nach Backbord-Luv ziehen.

Der Autopilot übernimmt das Steuer und ich sehe mir den Schaden genauer an.

Am Baumbeschlag schaukelt noch der Rest des Schäkels, der Bolzen fehlt. Dieser war nicht fest genug eingeschraubt gewesen und hat sich verabschiedet.

Der Schäkel ist durch die Belastung verbogen.

Im Navitisch müsste noch ein Schäkel in der benötigten Größe liegen. 
Ich durchwühle das Fach und finde ein Teil, das passen müsste. 
Als Alternativplan habe ich noch einen Steckbolzen mit Splint, den ich in den alten Schäkel als Ersatz stecken kann.

Wir versuchen das Ersatzteil zu montieren. Elke muss gegen den Wind steuern damit die Großschot entlastet wird. 

Das Segel muss runter, dann zerre ich den Rollenblock Richtung Großbaum, der hin und her schlägt. 

Elke schafft es, den Baum so lange zu halten, wie ich benötige, den Schäkel durch den Beschlag zu fädeln, den Bolzen durch Schäkel und Rollenblock zu fummeln.

Dafür wünsche ich mir eine dritter Hand, aber es gelingt gerade noch rechtzeitig, um der Schnellfähre, die sich sehr zügig nähert, wieder aus dem Kurs zu entkommen.

Ich bin sehr stolz auf Elke, wir haben als Team toll funktioniert. 

Nach diesem Schreckmoment setzen wir unsere Fahrt gestärkt mit Zuversicht fort.

Tagsüber gibt es nicht viel zu tun. 
Wir korrigieren hin und wieder die Segel und lesen.

Als die Sonne untergeht dreht sich der Wind auf achtern. 

Rückenwind klingt prima, ist es aber nicht. 

Das Boot schaukelt und die Segel fangen bei jeder siebten Welle an zu schlagen. Das geht aufs Material und auf die Nerven.

Wir verändern daher den Kurs, was einen Umweg bedeutet, da das Boot dabei aber auch schneller läuft, macht es zeitlich praktisch nichts aus.



Kaltes Wasser. Elke muss rein.

Hafen von Hel

Holzfigurenpark in Hel

Hübsches Ensemble

Bunker auf Hel. Wir waren drin.

Richtung Klaipeda. Hinter uns geht die Sonne unter.

Skatepark ohne Grafitti

Bestes Eis und kreative Croissants in Klaipeda

Gleich mal die Muckis fordern

An der Schwenkbrücke zum Kastellhafen wartet der Klabautermann

16. Juni 2022



Um sechs Uhr morgens erreichen wir Klaipeda. (Alte Zeit 7.00 Uhr neue Zeit, weil wir eine Zeitzone passieren)

Die Hafeneinfahrt hat ansehnliche Wellen zu bieten. Aber für uns soweit kein Problem.

Wir melden uns auf Kanal 73 bei der Borderguard an. Angaben zu Boot und Crew gebe ich ab. Dann heißt es: Welcome to Klaipeda“. 

Wir machen im Kastellhafen fest. Wo gerade ein Liegeplatz frei wird, denn Werner und Susanne fahren mit der ersten Öffnung um 8.00 der Schwenkbrücke aus, während wir rein kommen. 

Sie wollen schon weiter nach Liepaja und waren schon zwei Tage vor uns angekommen.


Distanz: 120 sm 22 h

Verluste: ein Schäkel vom Großbaum



Die Drehbrücke zum Hafen gehört zu den 10 wichtigsten Sehenswürdigkeiten von Klaipeda. Wenn Touristen da sind, holt sich der Hafenmeister 2 von ihnen und lässt sie das Drehkreuz bedienen, mit dem die Schwenkbrücke geöffnet wird.

Wir versuchen wach zu bleiben, damit wir keinen Jet-Lag bekommen.



Also suchen wir die Touristeninformation, wo uns auf deutsch einiges erklärt wird. 

Wir hatten Ausschau nach Eisdielen gehalten. Die gibt es hier nicht so, wie wir sie kennen.

Die Angestellte weiß einen guten Tipp: 

Selbstgemachtes Eis und die besten Croissants im Baltikum. 

Wir sind neugierig.

Mit Broschüren und Plänen im Arm wird zunächst das Eisgeschäft gesucht.

Bedienung gibt es draußen keine.

Drinnen aber große Augen: Eistöpfe, wie man sie von früher kennt, mit den Zipfelmützendeckeln. 

Es gibt nicht viele Sorten, und als ich zwei verschiedene in einem Becher möchte, schaut man etwas verwundert. 

Ich nehme Zitronen- und Orangensorbet, für Elke gibt es Nuss. 

Sie nimmt immer Nuss, aber erst nachdem sie ausführlich alle anderen Sorten studiert hat.

Leidenschaftlich wird in den Eisbottichen herumgekratzt und gestrichen und gespachtelt, bis nach 5 Minuten ein Löffel mit Eiscreme im Becher landet. 

Interessant, bei uns wandert die Kugelzange rein und das war es.

Das Ergebnis gibt den Künstlern recht. 

Fantastisch cremig und geschmacklich mit nichts zu vergleichen, was wir bisher so bekommen haben. 

Während der Eisbearbeitung habe ich Zeit die Kuchentheke zu bewundern.

Feinste Konditoreikunst in Form und Farbe zum Anbeißen und dann Croissants, die in bestimmt 20 verschiedenen Varianten verziert sind. Baiser, Schokocreme mit goldglänzenden Locken aus Zucker, Frucht usw. 

Der Konditormeister in piekfeiner Berufskluft, kommt mit einem Tablett einer Auswahl seiner Kunstwerke und einem besonderen Schaumwein nach draußen und präsentiert es auf einem weiß gedeckten Tisch zwei Menschen, die mit Kamera alles aufnehmen, während er allerlei interessante Informationen zu Croissants und Wein absondert.

Meine Kamera läuft dabei ebenfalls.

Das hat sich schonmal gelohnt.

Entlang der Dane gibt es einige schöne Lokale auf der einen Seite, und auf der anderen Flussseite einen Park. 

Hier flaniert man unter den Klängen klassischer Musik, ich erkenne Beethoven und Vivaldi´s vier Jahreszeiten.

Man kommt an Wasserspielen vorbei, die zur Musik verschiedene Fontänen spritzen lassen. 

Kinder springen hindurch. Am Ende klitschnass, was an diesem heißen Tag wohl nicht aus Versehen passiert.

Ein Freiluft Fitnesstudio ist beim Publikum nicht so beliebt wie bei Elke, die gleich verschiedene Gerätschaften testet. Es gibt Skatepark, BMX-Bahn, Turngeräte usw.

Erst jetzt fällt uns auf: Es gibt nirgends Graffitti. Nirgends liegt Müll herum. 

Es gibt viel neue Architektur, aber auch noch Wohn und Bürohauser, die der Charme des ehemaligen Sozialismus umweht. 

Die alten Gebäude sind wirklich nicht schön, aber es ist trotzdem aufgeräumt.

Klaipeda, die wohlerzogene?

Irgendwie ist hier alles etwas streng und geordnet.

Ein heftiger Gegensatz zu Polen, mit den fliegenden Händlern und Buden, den „Polenmärkten“ und dem Unrat, gegen den dort niemand ankommt.

Auch, dass überall Wasserspender stehen, ist klasse. So will man erreichen, dass keine Plastikflaschen mehr verkauft werden.

Das Geordnete gefällt uns gut - aber dass man hier ausgelassen feiert, kann man sich so gar nicht vorstellen.



Unsere Bekannten empfinden ähnlich, es ist somit kein persönlicher Eindruck.

Sehr dezent findet man viele Kameras, die sicher auch dafür geeignet sind, dass kein Unfug getrieben wird.

Datenschutz und Persönlichkeitsrechte haben in Deutschland einen anderen Stellenwert.

Was man aber spürt, ist der große Stolz auf die Unabhängigkeit und die Sorge vor erneuter „Eingliederung“.

Anders als im Osten unserer Republik, feiern die Menschen ihre Freiheit, und dafür verzichten sie auf vieles. Die wirtschaftliche Lage war und ist bedeutend angespannter als es in den sog. fünf neuen Bundesländern je war.

Nach wir vor spürt man Aufbruch und positive Energie.


17. Juni 2022

Um 9.00 Uhr verlassen wir durch die Schwenkbrücke den Hafen wieder, mit Ziel Kurisches Haff.

Bis Nida kurz vor der russischen Grenze könnte man. 

Wollen wir aber nicht. Auf dem Weg, kurz vor Pervalka ist eine riesige Dünenlandschaft.

Die wollen wir vom Schiff aus besuchen.

Wir fahren durch das betonnte Fahrwasser mit einigem Respekt. Noch immer wirkt Hiddensee nach. 

Laut meiner Plotterkarte, ist ein Befahren gar nicht möglich.

Immerhin Navionics weiß etwas mehr.

Vor der großen Düne mache ich eine Einbuchtung im Geländer aus, die wäre fürs Ankern geeignet. Es ist zwar Seegras eingezeichnet, aber den Anker bekommen wir schon irgendwie fest.

Beim Abbiegen aus dem Fahrwasser sehen wir 2 rote Bojen. 

Die sind noch nicht in der Seekarte eingezeichnet. 

Wir machen an einer Boje fest. Genau zu diesem Zweck sind sie hier wohl platziert worden.

Eine willkommene Überraschung.

Das Dinghi wir aufgepustet, wir wollen an Land. 

Allerdings: Betreten verboten! 

Ein schwarzes Schild mit weißer Aufschrift ist eindeutig. Strikte Naturschutzzone.

Direkt an der Düne fällt der Sand steil bis ins Wasser herunter.

Sehr interessant, eine Düne, die direkt aus dem Wasser aufsteigt.

Da wären wir sowieso nicht hoch gekommen.

Dann fahren wir mit dem Gummiboot eben nach Pervalka und versuchen es von dort.

Am Ufer entlang entdecken wir eine Möglichkeit, legal an Land zu gehen. 

Es steht sogar eine massive Doppelliege aus Holz dort und Hinweisschilder.

Wir wandern los, aber um auf die Düne zu kommen müssten wir mindestens vier Kilometer laufen.

Also genießen wir die Wanderung durch den trockenen Kiefernwald auf weißem Sand.

Kein Mensch begegnet uns.

Elche soll es geben, wir sehen aber nur zwei Rehe. Immerhin. 

Es ist unfassbar ruhig. 

Als ich Google Maps wegen des Weges prüfe, stellen wir fest, dass man nicht stehen bleiben darf. Sofort werden wir von Heerscharen von Ameisen erklommen, die kein Problem haben, unsere Körper bis auf die bleichen Knochen abzufrühstücken.

Überall sind sie, und ich stelle auf den Wegen tausende kleine Krater fest. 

Ameisenlöwen heißen die Insekten, die diese Fallen für Ameisen graben. 

Sie fallen hinein und schaffen es nicht mehr raus. Unten wartet dann der sichere Tod durch Verspeisen.



An einer Anhöhe entschädigt noch ein schöner Ausblick: Rechts die Ostsee links das Haff. 

Sehr schön.



Egal, wie viel Zeit man hat, wir könnten hier noch mehr Zeit verbringen. Nida soll sehr touristisch sein, das vermeiden wir gerne. Auf Judkrante hätte ich aber gerne noch einen Blick geworfen.



Die Nacht an der Boje vergeht ohne Zwischenfälle, Elke traut unserem Bojenhaken nicht, sie ist unruhig.



Distanz: 18 sm

18. Juni 2022

Wir brechen um 5.10 Uhr auf, denn fast 80 Meilen liegen vor uns. Die Nacht war windig der Windgenerator hat ordentlich gejault und uns den Eindruck von Sturm vermittelt.

Wir segeln unter Fock mit zum Teil über 5 Knoten den Tonnenstrich zurück bis nach Klaipeda.

Dort verabschieden wir uns ordnungsgemäß per Funk bei der Borderguard unter Angabe unseres nächsten Zieles: Liepaja.


„We wish you good luck!“ War die Antwort, und das macht uns unruhig. 

Zu recht, denn die Ausfahrt aus dem Hafen ist ein Ritt wie auf einem wütenden Stier.

Der Wind hat eine hohe und steile Welle aufgebaut, zusätzlich kommen Wellen von der Seite. 

Das müssen die berüchtigten Kreuzseen sein.

Wir müssen das Boot unbedingt auf Kurs halten, also geht die Maschine Vollgas, dadurch kracht das Boot aber mehrfach fast im freien Fall von den hohen Wellenkämmen runter und der Bug taucht in die nächste anrollende Welle. 

Es ist beängstigend.

Ich halte mich am Steuerrad fest, Elke versucht sogar noch unter Deck zu gehen um alles was da klirrt und kracht vor der Zerstörung zu bewahren.

Ich hatte vorher die Gopro am Heckkorb montiert und vor dem Auslaufen gestartet.

Später haben wir uns das nochmal angeguckt. Das war selbst im Video heftig, und das zeigt ja meist nur die Hälfte wie die Situation wirklich war.

Während wir durch die Wellen geworfen werden, brülle ich: „Yggdrasil, Du machst das gut!“.

Wie man einem Pferd in kritischer Situation Mut zuspricht.

Yggdrasil hat es gut gemacht und uns heile herausgebracht.

Nach wie vor herrscht strammer Wind und Welle, und das Segelsetzen ist ein Kampf.

Als wir sie dann stark gerefft oben haben, bleibt es ruppig, aber es fühlt sich alles wieder sicher an.

Bis Liepaja schaffen wir es bis 17.30 Uhr. 

Der Wind hat uns manchmal mit über 10 Knoten über das Wasser geblasen, das ist eigentlich viel zu schnell für das Boot aber Alles geht gut.

Entsprechend platt sind wir. Wir haben es geschafft: Wir sind in Lettland!

Siegfried von der Lola erwartet uns am Steg, das Anlegemanöver hat Luft nach oben, weil ich dem Verklicker oben auf dem Mast glaube: Der Wind treibt uns dann an den Steg!

Stattdessen driften wir auf ein kleines Motorboot nebenan. Kein Schaden, aber bis ich das Boot wieder am Fingersteg habe verlieren wir erheblich an Eleganz.

Merke: Achte darauf, in welche Richtung die Nationalflaggen an den Schiffshecks wehen!

Wir sind todeskaputt, gehen noch duschen und essen an Bord. 

Das Hafenbüro ist sehr schick und die Sanitäranlagen sehen brandneu aus. Allerdings Containerbauweise. 

Wie wenig haltbar die Einrichtungen sind, sehen wir später noch in Pavilosta. 

Schade, denn jetzt ist alles Tiptop. In zwei Jahren kann man das bestimmt schon nicht mehr sagen.



19.Juni 2022



Regen! Stadtbummel in Ölzeug.



Selbst bei dem Mistwetter ist Liepaja eine sehenswerte Stadt. Bisher haben wir mit dem Wetter oft Glück gehabt. 

Das kann ja nicht immer so sein.

Gut geschlafen haben wir, nach dem Ritt von gestern.

Nach einigem Überlegen, beschließen wir die Stadt nach Noten abzulaufen. 

Alle Sehenswürdigkeiten liegen an einem Rundweg, der mit Edelstahlnotensymbolen auf Asphalt oder Pflastersteinen markiert ist.

Lettland ist bekannt für die singende Revolution. Am 23. August 1989 demonstrierten 2 Millionen Menschen in den drei baltischen Staaten für die Unabhängigkeit. 

Musik ist die tragende Kultur dieses Landes.



Wir ziehen unser Ölzeug an und machen uns auf den Weg. 

Ein besonderes Highlight kommt gleich zum Anfang: Der Bernstein. 

So nennen sie das Konzerthaus, das tatsächlich wie ein riesiger Bernstein aussieht. 

Die Fassade aus bernsteinfarbenen Glas gibt im Innern ein besonderes Licht. 

Im Panoramaaufzug fahren wir ganz nach oben und haben einen schönen Blick über den Yachthafen und einen Teil der Stadt.

Ein richtiges Abenteuer wird der Besuch der Marienkathedrale. Es ist gerade Messe, aber die Tür zum Turm steht offen.

Wir wagen uns hinauf. Richtig sicher fühlt sich der Aufstieg nicht an. 

Alles ist noch wie vor hunderten von Jahren. 

In den Böden der Etagen sind Falltüren, durch die einst die Glocken nach oben gezogen worden sind. Zwischen den Bohlen sind Ritzen, die den Blick nach unten freigeben.

Einige Dokumente hängen eingerahmt an den Wänden. Unter anderem die Rechnung für den Einbau einer elektrischen Winde durch eine ansässige Firma. Alles auf deutsch. 

Es ist schon seltsam zu wissen, dass die ganze Geschichte deutsch ist. Und es erinnert mich immer wieder an die Familie meines Vaters, der aus der Nähe von Königsberg stammt.

Sie hatten dort einen Malereibetrieb, es gab ein Auto und sogar Telefon war zu Hause.

Als die russische Armee kam, sind sie, meine Oma mit drei Kindern und dem was sie tragen konnten über die Ostsee geflohen.

Oma sprach immer von der Heimat, obwohl sie mehr Zeit in Niedersachsen als in Ostpreußen verbracht hatte.



Fast oben auf dem Turm wird es mir schon sehr unheimlich, aber Elke ist schon voraus, sie ruft: Komm, es ist toll hier.



Also erklimme ich die letzte Treppe, zwänge mich durch die einmeterfünfzig niedrige Tür auf die Balustrade. 

Ja, wirklich man sieht die ganze Stadt und den großen See, den man von unserem Hafen über einen Kanal erreichen kann, wenn man nicht höher als 2,45m ist. So steht es an der Brücke, über die wir spätet zum Einkaufen ins RIMI gehen. Eine Art Shopping Mall. Natürlich auch Sonntags geöffnet.

Ladenschlussgesetz gibt es hier nirgends.

Auffällig: Viele Sachen liegen offen zum selbst einpacken. Zum Beispiel Brot oder Kekse in überdimensionalen Schalen. 

Auf dem Boot zurück, darf ich Friseur spielen. Elke will Haare färben. Mein Gott: Schon beim Anrühren der zwei Komponenten wäre Atemschutz angesagt. 

Dann muss ich alles schön auf die Ansätze bringen. Das ist ganz schön aufwändig und eine ziemliche Sauerei.

Was tun sich die Frauen da eigentlich an?



Na ja, es ist für einen guten Zweck.

Schließlich will Elke für mich gut aussehen. Oder bilde ich mir zu viel ein?



0 sm, Verluste: Fast mein Geruchssinn.




20. Juni 2022



Surfstile an der Ostsee!

Seit ich auf Blauwasser.de Berichte von Michael Amme gelesen habe und auch bei dem Ostsseeseminar Gast war, freuen wir uns darauf Hafenmeister Girts kennenzulernen.

Er ist schon eine kleine Berühmtheit vor allem für deutschsprachige Seefahrer.

Mit einwandfreiem deutsch begrüßt er uns im Hafen: Hallo willkommen in Pavilosta, ich bin Girts, wie geht es?

Sofort fängt ein nettes Gespräch an, alles ist total enspannt.

Wolfgang kommt auch gleich und erklärt ungefragt alles, was wir wissen sollten. Einkaufen, Strand, Busverbindung, was, wann, wo, Wolfgang weiß es.

Er hat eine Lettische Frau und ist hier mit seinem Boot hängen geblieben. Pläne für ein großes Boot und große Reise hat er damit an den Nagel gehängt, stattdessen hier ein Haus gekauft und sein Glück gefunden. Er strahlt und bezeichnet sich als Zeitmillionär. Arbeiten muss er nicht mehr Reicher kann man nicht sein.

Andi und Anita lernen wir auch kennen. Ähnlich gelagert, aber noch nicht ganz so sesshaft. Anita wohnt noch in Liepaja.

Dieser Ort hat einen Groove, das merkt man bald. Erinnert mich irgendwie an bisschen an Wackerballig. 

Allerdings gibt es hier einige Strandlokale im Surferstile. Überall mit Surfbrettern und allem dekoriert, was unserer Meinung nach in der Surfszene angesagt ist. 

Den ganzen Tag spielt Musik, die wir auch am Liegeplatz hören. Aber gute Musik. 

Mit netten Loungemöbeln zum Abhängen ausgestattet alles irgendwie relaxed. 

Hier könnten wir es auch ein paar Tage aushalten und wir hoffen schon, dass die Wetter-App uns dazu zwingt, hier zu bleiben.

Aber im Gegenteil übermorgen soll perfekter Wind für die Weiterfahrt sein.

Wir überreden Werner und Susanne, die wir im kleinen Supermarkt treffen und die schon gestern angekommen sind, zum Grillen.

Ich mache meinen legendären Kartoffelsalat, in den sich Elke jedes Mal reinsetzen möchte. 

Die Hühnerbrust aus dem örtlichen „Topmarkt“ ist allerdings für deutsche Ansprüche etwas zerfleddert, so dass ich Sorge habe, dass mir nicht die Fetzen durch den Grillrost fallen.

Schmecken tut es auch so zusammen mit den Käse-Schinken Würsten, die wir noch aus Deutschland haben.



Distanz: 28 sm (wunderbar mit Gennaker)

21. Juni 2022

Wir haben uns eine Dinghy-Tour vorgenommen.

Das Gummiboot ist schnell aufgeblasen und getankt. Wir nehmen einen 5 Liter Kanister mit, weil wir nicht glauben, dass der eine Liter im Tank des Außenborders für so eine lange Strecke ausreicht.

Knapp 2 Stunden fahren wir den Fluss Sacca hinauf, bis er sich gabelt. Wir nehmen den rechten Abzweig der Durbe heißt. 

Das macht richtig Spaß. Wir fahren zwar nur 3,5 kn, Vollgas wären etwas über 4 kn drin, aber mit einem vielfachen an Lärm und Verbrauch. 

Der Fluss schlängelt sich durch die Ortschaften. Es sind kleine Stege mit Ruderkähnen zu sehen, am Steg oft ein Kranartiges Gebilde, mit dem man Kisten ins Wasser absenken und wieder herausheben kann.

Sie werden mit Ködern bestückt und dienen als Fischfalle.

Am linken Ufer sehen wir eine Schwimmplattform, dahinter etwas, was aussieht, wie eine Treppe.

Wir legen an und sehen uns um. Ein Schild klärt auf: Hier stand einmal ein prächtiges Herrenhaus mit besagter Treppe zum Fluss hinunter. Ein 7 ha großer Park mit exotischen Bäumen gehörte dazu. Alles wurde von revoltierenden Bauern aus dem Nachbardorf niedergebrannt.

Außer einigen Mauerresten, die im Gebüsch auftauchen ist nichts mehr von der Pracht zu sehen.

Während wir im Wald nach weiteren Artefakten Ausschau halten versuchen wir exotische Bäume aus dem alten Bestand zu identifizieren, was uns mangelst botanischer Kenntnisse nicht wirklich gelingt.

Für Kanufahrer sind noch einige von diesen Pontons am Wasser zu finden auch an einem Rastplatz mit Grillstätte und Sitzgelegenheiten machen wir fest und Pause.

Eine wackelige Hängebrücke geht über den Fluss. 

Wir trauen uns ob der morschen und teilweise losen Bretter nur einzeln hinüber.

Auf der anderen Seite: ein halb verfallener Bauernhof.

Wieder etwas für Freunde von Lost Places.

Je höher wir den Fluss hinauf fahren, um so ursprünglicher wird er. 

Der Motor stöhnt und zieht nicht mehr.

Ich muss die Schraube erst von Schlingpflanzen befreien um weiter zu kommen.

Nach zwei Stunden treten wir den Rückweg an.

Elke will unbedingt rudern.

So hört man die Natur besser. Mir geht es zu langsam, es wird auch langsam kalt.

Nachmittags um 15 Uhr sind wir zurück. Zeit genug noch einmal an den Strand zu gehen.

Wenige Strände in Deutshland können mit den einfachsten Stränden mithalten, die wir in dieser Region gesehen haben. Auch Pavilosta Strand ist wunderschön, weiß, weit, leer.

Sandmulden in den Strandgrasbwachsenen Dünen geben so viel Windschutz, dass wir selbst bei dem kräftigen und kalten Wind warm liegen.

Auf Sylt wäre hier: „Betreten verboten“.



Distanz: 6 sm mit dem Dinghy





22. Juni  2022



Der ideale Segeltag um nach Ventspils zu kommen. Sonst wären wir gerne noch hier geblieben. Aber wir haben noch viele Ziele und haben noch nicht alle Pläne über Bord geworfen.

„Du bist erst auf Langfahrt, wenn Du keine Pläne mehr machst.“. So heißt es in den Segelbüchern der Weltumrunder und „echten“ Langfahrern. 

Wir fühlen uns schon auf Langfahrt. Ziele stehen, planen will ich aber nicht mehr als zwei Tage im voraus. 

Wir leben von Tag zu Tag.

Siegfried war schon wieder weg, er ist mit Ehrgeiz unterwegs und macht Meilen. Aber gleiche Route wie wir. Wir treffen neue Menschen und verabschieden uns wieder. Alle irgendwie mit gleichem Ziel oder ähnlich.

Er hatte schon gesagt, dass das Anlegen mit den Heckbojen schwierig war. 

Ich hatte das auf Rügen in der Marina Gager schon mal und das ging ganz gut, selbst ohne Bojenhaken, den wir jetzt zum Einsatz bringen wollen.

Unsere Leine ist zu kurz. Sie war nur durch die Schlaufe des Hakens gezogen. Ein Ende am Boot fest, das andere rauscht mir aus der Hand, weil sie zu kurz ist und wir noch nicht mit dem Bug an der Mole angekommen sind.



Der Haken baumelt an der Boje und ich zieh schnell die Leine aus dem Wasser.

Elke hat am Bug nichts mitbekommen und fordert: noch 3 Meter!

Ich: „Die Leine ist raus. Wir müssen zurück.“

Wir schaffen es den Haken von der Boje zu fischen und nehmen erneut Anlauf. 12 m Leine sind am Haken festgeknotet. 

Wir erwischen die Boje aber nicht richtig und der Haken rutscht runter.

Neuer Versuch: Boje erwischt, Haken auf Spannung halten, damit er bloß nicht rausrutscht. Das kann passieren, wenn die Boje anfängt zu schwingen, weil man erst zieht und dann loslässt.

Jetzt klappt es. Einige Bootsnachbarn nehmen die Vorleinen entgegen und wir sind fest.

Nach dem Aufklaren des Bootes beschließe ich dass wir unbedingt ein Eis brauchen.

Der Kiosk am Hafen macht schwedische Portionen. 

Einen Suppenteller voll Eiskugeln mit Blau- und Erdbeeren. Sieht super aus. Wir zählen 6 Kugeln. 

Elke geht es danach schlecht.

Ein Segler aus Ueckermünde hatte uns zu sich herangewunken bei ihm und seiner Frau Platz zu nehmen.

Der Mann kann erzählen. In kurzer Zeit wissen wir, dass sie sich bootsmäßig verkleinert haben um besser zu zweit segeln zu können. Dass das Stettiner Haff und Rügen die allerbesten Segelreviere sind, die es nur gibt, wo sie überall schon waren und dass ein Karton Kaffeefilter das Maß für Ihre Segelreisen sind. Wenn die leer sind ist der Urlaub zu Ende usw, usw. 

Werner und Susanne treffen auch ein und wir finden einen Grund uns schnell zu verabschieden um zu viert den Strand und die nahen Parks zu erkunden.

Strand super schön. Park bemerkenswert, mit vielen Attraktionen für Kinder. Sowas habe ich so noch nirgends gesehen. Auch ein Schwimmbad mit übertrieben vielen Rutschen ist direkt in der Nähe.

Alles wirkt neu und modern.



Auch die Stadt selbst soll sehenswert sein. Aber wir sind eigentlich nicht auf Städtereise und noch voll von Eindrücken der bisherigen Stationen.

Am nächsten Tag soll es weiter gehen.


Auf der kurischen Nehrung

Schlangenspuren?

Der Weg ist staubig und voller Ameisen

Trichter der Ameisenlöwen

Die Dünen fallen direkt zum Wasser ab

Wir klettern auf den Kirchturm von Liepaja

Uhrenstube

Widmung im Glockenturm

Am Hafen mit Hotel und Konzerthalle im Hintergrund

Kunstvolle Grafitti verschönern kahle Wände

Ein paar haben es nicht mehr nach Hause geschafft.

Für Fahrräder gut ausgestattet.

Vor der Konzerthalle

In der Konzerthalle von Liepaja

Blick vom Glockenturm Richtung Hafen

Coole Surfbars gibt es in Pavilosta

Statt Ferienhaus. Mit dem Boot für immer gestrandet

Wir grillen mit Susanne und Werner

Flussfahrt mit Dinghy

Am Strand von Ventspils

In Ventspils liegt man an Heckbojen

Ohne Sand im Schuh zum Strand in Ventspils

23.Juni 2022


04.40 Uhr zeigt die Borduhr, als wir die Leinen lösen und nach Ruhnu aufbrechen. 
Wir freuen uns, mal wieder eine kleine Insel besuchen zu können. 
Sie liegt mitten im Rigaischen Meerbusen, gehört aber schon zu Estland.

Es sind ungefähr 75 Seemeilen, bis wir dort sind. 

In Ruhnu sind wir dann schon um 18.15 Uhr. Es ging dann doch etwas schneller als gedacht. 

Zwei Übernachtungen sind geplant. Nach solchen Strecken ist ein Erholungstag wichtig, und wir wollen die interessante Insel mit den Rädern erfahren. 

Später laufen Werner und Susanne ein.



Wir fiebern dem nächsten Highlight entgegen:

Mittsommer! Das größte Fest in Skandinavien. Von Schweden und Finnland ist bekannt, das in 3 Tagen so viel Alkohol konsumiert wird, wie den ganzen Rest des Jahres.

Wie wird es hier sein?

Also eigentlich ist hier nicht wirklich Mittsommer sondern Johannesfest, aber es fällt ziemlich zeitgleich und wird je nach Gegend unterschiedlich gefeiert.

Wir wissen zwar nicht genau wo die Party steigt, aber wir gehen einfach den Stimmen und der Musik, die von der Festplatzbühne bis zum Hafen schallt nach.

Akustische Ortung!

Nach 3 km erreichen wir mit den Fahrrädern den Platz, wo schon für die Dorfjugend oder die Jungerwachsenen Spiele laufen. 

Eierwurf ist gerade dran, als wir kommen. 

Welches Paar am häufigsten ein rohes Ei über ein Distanz von etwa 20 Meter hin- und herwerfen kann hat gewonnen. 

Am Ende sind alle ziemlich vollgeeiert.

Einige Mädchen tragen Kränze aus Wiesenblumen und Kräutern im Haar.

Die meisten sind aber ganz normal. Und es wird getanzt. Wir natürlich auch. Nur die Musik ist anders. Es wird ausschließlich estnische Musik, teils folkloreartig, teils rockig gespielt. 

Wir kennen natürlich nichts davon. 

Mit Alkohol halten wir uns ebenfalls zurück, denn es soll nicht zur Gewohnheit werden, jeden Tag gemütlich beim Bier oder Wein ausklingen zu lassen.

Wir haben unseren Spaß.

Natürlich wird noch ein Feuer entzündet, um das sich geschart wird. 

Unsere neue Lidl Fahrradbeleuchtung, bewährt sich sehr. Etwas Sorge haben wir vor den Autofahern, die teilweis halsbrecherisch hier unterwegs sind.

Der Dorfpolizist hat wohl gerade auf einer anderen Insel Dienst oder schenkt selbst aus. Wer weiß?



Distanz: 76 sm



24.Juni2022

Es geht über sandige Wege kreuz und quer. Beschilderungen sind praktisch nicht vorhanden. Google Maps hilft etwas und nach einer Stunde haben wir eine Stelle gefunden, wo der Weg endet, und arbeiten uns durch Dünenlandschaft zu einem Strand.

Es erinnert etwas an die Lüenburger Heide. Kiefern und statt der Heide trockenes Moss und Gras.

Das Moos knirscht unter den Füßen, als wenn man über verharschten Schnee stapft.

Es fühlt sich auch genauso an, weil man immer einige Zentimeter einsackt.

Heraus kommen wir an einem wilden Strand. 

Natürlich fast menschenleer.

Fünfhundert Meter weiter steht ein Ferienhaus in den Dünen. Gans alleine, mit Jakuzi auf der Terrasse. 

Das sieht man hier jetzt häufiger. Sie sind mit einem Holzofen zu beheizen. 

Das muss bei kälterm Wetter eine schöne Erholung sein, im warmen Wasser zu sitzen und die Gegend zu genießen.

Wir laufen noch eine Weile den Strand Richtung Norden, begegnen hin und wieder ein paar Grüppchen. 

Wir schätzen die Auslastung auf einen Menschen je 100 m Strand.

Nachdem ausreichend gesonnt und gebadet sind, geht es weiter über die Insel.

Im Hauptdorf kehren wir in einem Café ein.

Es ist eine Kombination von Café, Museum und Einkaufsladen. Wir genießen den Schatten unter den Bäumen und genießen Eis zum Kaffee. 

Unser neues Lieblingseis ist ein Waffeleis mit ganz vielen Haselnüssen obendrauf. Mehr per Zufall finden wir den Pood, das Geschäft. Winzig, aber mit allem was man braucht: Ein Regal ist die Garten- und Baumarktabteilung, ein weiteres Regal hat Bekleidung, Getränke nehmen einen großen Teil ein, die Insel ist wohl durstig, Lebensmittel, Gemüse. Alles auf kleinstem Raum.

Wir holen eine Gurke, Möhren, Kartoffeln, Salat und bezahlen 1,55 Euro.

Wir sind etwas ungläubig, zu Hause kostet die Gurke schon so viel. 

Die Verkäuferin ist sich aber sicher: Das ist alles.

Wenn man nicht auf exotisches Gemüse angewiesen ist, ist das hier das Veganer-Paradies.

Wir sitzen abends noch etwas zusammen und grillen bei Werner und Susanne auf ihrem Finnclipper.



25.Juni2022

Von Rhunu nach Riga

Wieder geht es früh los, um 06.00 Uhr verlässt Yggdrasil mit uns den netten Hafen von Ruhnu.

Riga erwartet uns mit dem größten und weitläufigsten Hafen bisher. 

Allein von der Hafeneinfahrt bis zum Steg an dem wir festmachen, sind es fast zwei Stunden.

Wir haben achterlichen Wind, und haben das Großsegel geborgen und die Fock stehen lassen.

Mit Motorunterstützung laufen wir den Strom entlang. 

Wir erkennen, dass es kein Problem gewesen wäre, die Segel stehen zu lassen, und bis weit in die Stadt unter Segeln zu fahren.

Hier haben wir unsere ersten Seerobben gesehen

Einfache Botschaft für Kradfahrer

Mittsommer auf Ruhnu

Es wird auch gerne getanzt

In diesem Häuschen befinden sich die schicken WC/Duschen der Ferienhäuschen beim Dorfcafe

Wir grillen an Bord von Susanne und Werner

Am Yachthafen in Riga

Dir Brücke zur Altstadt Rigas über die Düna

Viele Ostsseerundfahrer lassen Riga aus, weil es einen gewissen Umweg bedeutet. 

Man könnte gleich über Sareema weiter nach Tallinn fahren.

Wir beharren aber darauf: Riga ist kein Umweg sondern ein Ziel. 

Wir werden es nicht bereuen.

In der Marina des Sportbootzentrums machen wir fest.

Ein Vin Diesel-Typ kommt und behauptet: 

I am the owner of this site. Welcome to Riga, how long do you want to stay?

Er fügt hinzu: It´s the first day I´m back. I was just dead from Johannesday. I am Andrejs.

Wir stellen uns vor und fragen, ob wir bleiben können.

Ist kein Problem bis Montag Abend. Dann kommt der Liegeplatzbesitzer wieder.

Warum es in den hiesigen Marinas noch nicht die praktischen grünen und roten Schilder gibt, ist nicht ganz klar.

Damit kann der Liegeplatzbesitzer mit grün signalisieren: Mein Liegeplatz ist frei, Gäste können hier festmachen. 

In Deutschland und Dänemark ist das ganz normal.

Vielleicht gibt es hier so wenige Gäste?

Andererseits gibt es vielfach Online-Reservierungsmöglichkeiten.



Heiß ist es an diesem Tag, und wir springen erst mal in das Hafenbecken. Es gibt schönere Badeplätze, aber wenn alle das so machen, ist es für uns auch okay.

Außerdem duschen wir anschließend auf unserer Badeplattform.

Nachdem wir wieder trocken sind, bauen wir unsere Fahrräder zusammen und fahren in die Altstadt.

Überall klingt Musik, viele Menschen sind auf den Straßen und in den Lokalen.

Wir lassen uns durch die Stadt treiben und genießen die Eindrücke. 

Riga ist eine tolle Stadt. Hier gefällt es uns.

Wir müssen nicht alle Sehenswürdigkeiten abarbeiten. 

In einem Lokal spielt eine tolle Live-Band und wir setzen uns.

Ein leckerer Aperol wäre was Schönes. 

Aber der Kellner bringt nur die Karten und kümmert sich nicht mehr um uns.

Kein Problem dann sitzen wir eben gratis.

Langsam wird es dunkel, wir haben kein Licht am Fahrrad und müssen zurück.

An der Uferpromenade hat ein Corso von vielleicht 100 Supersportwagen Aufstellung genommen.

Bentley, Lotus, Ferrari, Porsche auch Audi mit teilweise krassen Lackierungen, wahrscheinlich foliert stehen dort und werden vom Publikum bewundert.

Morgen geht es für die Teilnehmer auf einer Rallye weiter. One Life, steht überall. 

Mit Luxusautos für den guten Zweck herumrasen. 



Wir machen auch ein paar Fotos um sie an unsere motorenbegeisterten Freunde zu senden.

Dann geht es über die Brücke zurück zum Boot.



Distanz: 60 sm



26. Juni 2022

Der Tag beginnt mit einem Sprung ins Wasser, und einer Draussendusche.

Tatsächlich nicht, weil das baden in der Düna, so heißt der Fluss durch Riga, so schön ist, sondern weil die Sanitäreinrichtungen noch im Bau sind.

Ersatzweise kann man die Toiletten im benachbarten Restaurant benutzen.

Unsere Drahtesel tragen uns wieder auf die andere Flussseite zur Touristeninformation. 

Anhand der Unterlagen grasen wir die Attraktionen ab. 

Wir sehen das Denkmal für die Unabhängigkeit, Schwarzhäupterhaus, drei Brüder, die alte Stadtmauer, Pulverturm, Markt.

Es ist um 30 Grad warm. Schatten ist begehrt.

Am Theaterplatz ist ein Brunnen, unsere Füße nehmen ein Bad.



Im Schifffahrtsmuseum kühlen wir uns ab und tauchen in die bewegte Geschichte Rigas ein. 

Wir finden dort viele deutsche Spuren aus Hanse- und Vorkriegszeit, aber auch russische und schwedische.

Offensichtlich weckte Riga schon immer Begehrlichkeiten.

Der Stadtpark ist sehr schön und wir finden Schatten und leckeres Eis.

Letztes Highlight im Plan sind die Jugendstilhäuser, die unfassbar prächtig und geballt in der Albert Iela zu sehen sind.

Das muss man gesehen haben!

Den Kopf voller Eindrücke, müssen wir noch einkaufen im RIMI, wo es wirklich Alles gibt.

Wir kochen uns was Leckeres, chillen ein bisschen und gegen 21.00 Uhr geht es noch mal in die Stadt. 

Weil Sonntag ist, sind die Straßen leerer, aber es ist trotzdem schön, die Lokale sind nur halb so voll und dieses Mal bekommen wir zur Live-Musik einen Aperol für je 8,50 Euro.

Ja man merkt, Alkohol wird teurer.



Unabhängigkeits-denkmal Riga

Am Markt

Die Kanäle im Stadtpark haben eine Verbindung zur Düna und ich hätte Lust mit dem Dinghy hier zu fahren.

Schwarzhäupterhaus

Die alte Stadtmauer

Die drei Brüder gehören zu den ältesten Wohnhäusern Rigas 

Riga´s Schloss und Regierungssitz

Musik und Tanz

In der Albertstraße

Hinter den Fassaden ist nicht alles schön.

Gleich gehen die Füße in den Brunnen

27. Juni2022



Unser nächster Hafen wäre Skulte. Es ist richtig entspanntes Segeln. Immer mal wieder wird der Wind schwächer und wir haben die Badeplattform unten. Wir binden eine schwimmende Leine an. An dieser lassen wir uns immer mal wieder hinter dem Boot herziehen. 

Bei ein bis eineinhalb Knoten Geschwindigkeit (1 kn = 1,8 kmh) macht das richtig Spaß.

Als ich im Wasser bin, muss ich Elke dann zurufen, sie möchte mal langsamer machen. 

Ein leichter Wind hatte uns auf zweikommasieben kn beschleunigt, und es wurde schon schwer, sich an der dünnen Leine zu halten. 

Daran, sich bei der Geschwindigkeit wieder an das Boot heranzuziehen, war gar nicht zu denken.

Wir hatten vorher natürlich genau abgesprochen, was zu tun ist, wenn Wind kommt, damit wir kein unnötiges Risiko eingehen.

Laut Wettervorhersage soll der Wind über nachts komplett einschlafen. 

Es gibt auch wirklich keine Welle.

Warum also nicht so lange weitersegeln, wie es die Bedingungen zulassen.

Wir kreuzen so lange die Küste entlang, bis der Wind abgeschaltet wird. 

Auf einmal ist er wie ausgeknipst.

Okay, dann Ankern wir, genau wo wir jetzt sind.

In der Nähe befindet sich der Leuchttum Tuja.

Wir liegen auf einem riesigen Spiegel in dem sich die Wolken und unser Schiff spiegeln, und als die Sonne untergeht beginnt ein Farbenspiel, was wir so noch nicht gesehen haben.

Die Drohne wird hinaufgeschickt um einige spektakuläre Bilder zu machen.

Wir fühlen uns priviligiert, so einen Abend und ein solches Schauspiel von der Natur geschenkt zu bekommen.

Wie viele perfekte Augenblicke wie diesen, hat man im Leben? 

Wir versuchen die Stimmung einzuatmen, sie festzuhalten, in unseren Köpfen für immer einzubrennen.



Wir nehmen uns vor, eine Liste mit besten Augenblicken anzulegen, um sie auch wirklich zu bewahren. Dieser hier gehört ganz nach oben.



Distanz: 43 sm



28. Juni 2022



Die Nacht ist tatsächlich unfassbar ruhig. In der wind- und wellengeschütztesten Bucht hätten wir nicht besser liegen können.



Wir schwimmen noch einmal ums Boot und nach einem leckeren Frühstück (noch reicht unser Vorrat an Aufbackbrötchen) segeln wir langsam nach Kuivizi.

Sieht sehr nett aus, im kostenlosen Hafenführer, den wir von Girts in Pavilosta in der 2022er deutschen Version bekommen haben.

Ferienhäuschen, Campingplatz, Hotel und ein Yachtclubhaus an einem recht kleinen Yachthafen mit kurzer Einfahrt finden sich kurz nach dem recht verwaisten Fischerhafen auf der rechten Seite.

Wir machen direkt vor dem Clubhaus längsseits fest. Idealer Platz dort. 

Irgendwie ist hier aber niemand, ein Putzfrau beschäftigt sich im Clubhaus. 

Dann ist auch sie weg. Die Stromsäule direkt am Boot gibt nichts her.

Mit dem Multimeter mache ich mich auf den Weg und messe die anderen Säulen, die auch tot sind.

Am Nachbarsteg werde ich fündig. 

Das Gerät schlägt an und nach kurzer Zeit sind zwei mal fünfundzwanzig Meter Kabel verlegt.

Wasser gibt es am Clubhaus. Auch die Toiletten sind offen.

So ganz alleine sind wir aber nicht. Allerdings besteht die schlechte Gesellschaft aus Mücken, die in großer Zahl auf unsere saftigen Körper voll abfahren.

Bei über 30 Grad bin ich maulig, die Gesamtsituation gefällt mir nicht.

Meine Erwartungen waren zu hoch.

Wir versuchen den Ort Kuivizi zu finden. 

Den gibt es aber auch nicht. Es stehen lediglich ein paar kleinere Plattenbau-Wohnhäuser auf der anderen Seite der viel befahrenen Durchgangsstraße. Dort findet sich noch ein geschlossenes Motel/Rasthof.

Irgendwie fühlt sich hier alles wie Geisterstadt an.

Vor wenigen Jahren wurde hier investiert und eigentlich modern, aber seitdem wurde nichts mehr gemacht. Farbe blättert schon ab.

Das Clubhaus sieht richtig toll ausgestattet aus, aber die Toilettentüren sind teilweise kaputt, die Farbe kommt in Flatschen von der Decke.

Es laufen noch 2 Yachten, Teilnehmer der GoRR, Golf of Riga Regatta ein. 



Distanz: 25 sm, 



29.Juni2022

Kihnu, die Insel der Frauen


Ich unterhalte mich mit der Mannschaft einesRegatta-Bootes und erfahre, dass es mehrere Einzelrennen gibt. Start um elf Uhr vor Salacgriva. Die ca. 40 Boote waren überwiegend in dem Hafen, der gerade 5 Meilen entfernt liegt. 

Gut, dass wir Kuivizi gewählt haben. Denn in Salcgriva wäre kein Platz mehr gewesen.

Während ich mich unterhalte breche ich plötzlich mit dem linken Bein durch den Steg und stecke mit dem ganzen Oberschenkel zwischen den Planken. 


Ich kann mich zwar schnell wieder herausziehen, aber es tut höllisch weh. 

Meine Gesprächspartner sind auch total perplex als ich auf einmal eine Etage tiefer sitze.

Erster Sofortcheck: Nichts gezerrt oder gar gebrochen.


Die Hose hat einen Riss und der Oberschenkel wird sofort blau. Innen und außen ein riesiger Bluterguss.

Das geht wieder weg, aber Schlafen auf der Seite wird erst mal Nichts.


Ich mag den Ort nicht und er mag mich anscheinend auch nicht. 

Der Unfall durch die fehlende Planke, die ich übersehen habe, als ich eine Schritt rückwärts gemacht habe, ist Argument genug, hier bald wieder aufzubrechen.

In Deutschland wäre sofort eine Klage wegen Vernachlässigung der Verkehrssicherungspflicht fällig. 

Über sowas denkt man hier besser erst gar nicht nach.


Gegen halb elf brechen wir Richtung Kihnu auf. 

Es waren Gewitter angesagt und wir waren uns nicht ganz einig, wann wir fahren. 


Wir haben Glück, und außer einer heftigen Böenphase bekommen wir von dem Wetterwechsel nichts mit. 

Elke hatte gerade Hochzeitssuppe mit Brockoli auf dem Herd, als ich sie zum Reffen nach oben hole. 

Genau richtig, denn wir sind gerade fertig, da geht es ordentlich zur Sache. 
Nach einer halben Stunde ist der Spuk vorbei und es liegt konstanter Halbwind von 4 bft an, der uns bis siebzehn Uhr in den Hafen von Kihnu pustet.


Wir hatten Kihnu schon einmal in einer Doku gesehen. 
Traditionell führen in Kihnu die Frauen die Geschäfte.

Außerdem wurden lange Zeit, mangels Autos, Beiwagenmotorräder für alle Transporte von den Damen eingesetzt. 

Diese alten Arbeitspferde werden mittlerweile gehegt und gepflegt und kommen nur noch an besonderen Tagen zum Einsatz.

Dekorativ sind sie in einigen Vorgärten ausgestellt.

Ob Frauen daran schuld sind, dass wir hier die besten Sanitäranlagen sogar mit Sauna finden?

Wie im Wellnesshotel. 

Auf die Sauna verzichten wir bei den 35 Grad, die wir schon im Boot messen. Selbst das Seewasser ist mehr als 25 Grad warm.

Es ist hier aber auch trübe, wir baden trotzdem einige Male. 

Ein paar Kilometer radeln wir ins Inselinnere dieses kleinen Eilands.

Wir finden sogar einen Pood (Einkaufsladen) und holen Eis.


Distanz: 25 sm  Verluste: 0,5 Gramm Haut, eine Outdoor-Shorts



30. Juni 2022

Irgendwie haben Inseln eine besondere Atmosphäre. 
Ich komme jedes Mal viel schneller runter, wenn ich weiß, dass rundrum nur Wasser ist.

Mit einem Insel-Infoheftchen machen wir uns auf den Weg. 

Wir finden zauberhafte Gärten, viele Ferienhäuser. 

Einige in alten Fischerkaten oder Bauernhäusern aber auch ganz neue Häuser mit Yakuzi, also meist holzbeheizten Gartenbadewannen.

Richtig cool sehen die 4 gepflegten Herzhäuschen aus, die fein säuberlich in Reih und Glied auf einem Grundstück mit kleinen Blockhütten stehen. 

Ihnen gegenüber Waschbecken die an einer einfachen brusthohen Holzwand angebracht sind.

Ein Outdoorvergnügen, das bei gutem Wetter sicher seinen Reiz hat.

Verfahren kann man sich eigentlich nicht, wir folgen den Hinweisen zum Tuuletorn, dem Leuchtturm. 

Leuchttürme sind im wahrsten Sinne das Wortes die Highlights jedes Küstenbesuchs.

Eine Frau in traditioneller Kihnu-Tracht „bewacht“ das herausragende Gebäude aus Gusseisen-Fertigteilen englischer Serien-Produktion.

Alles sieht frisch gestrichen und geputzt aus. 

Ziemlich durchgeschwitzt steigen wir auf die Plattform und genießen den frischen Wind, der hier oben weht. 

Wie üblich hat man einen schönen Blick von oben. Elke versucht Badestrände ausfindig zu machen. Kihnu ist aber keine Badeinsel. Nur ein paar kleine Bademöglichkeite finden sich. 

Aber so richtig einladend finden wir sie nicht.

Wer Abgeschiedenheit auf Spaziergängen sucht und sich für ein paar Tage zurückziehen möchte, der ist hier richtig.



Immer wenn die Fähre da ist, haben wir sogar Internet, denn dort gibt ein offenes Wlan, das wir vom Boot aus empfangen können. 

Das Wlan vom Hafen ist wie so häufig vorhanden, geht aber nicht immer und schon gar nicht überall oder mit hoher Datenrate.



Kitschiger Sonnenuntergang auf spiegelendem Wasser

Unwirklich: blankpolierte Ostsee

Wir lassen uns vom Boot durch die warme Ostsee ziehen

Wir experimentiern mit dem Sonnensegel um Schatten zu bekommen.

Ein dicker Bluterguss nachdem ich durch den Steg gebrochen bin.

Beim Segeln im Baltikum steht der Regattasport im Vordergrund

Wolldecke als Sonnenschutz

Auf Kihnu gibt es kaum Verkehr

Transportmittel 
Ural oder Jawa Maschinen mit Beiwagen

Wo gibt es denn noch Strand?

Von Motoröl bis Speisequark

Wir sausen durch gefegte Wälder

Vorratshäuser findet man noch in fast jedem Garten

Welches Türchen soll es denn sein?

Die Bullen büffeln am Wasser

 

1.Juli2022 

Der Geheimtipp, der keiner mehr ist. 

Jens Borner hat auf seiner Ostseerunde in Köiguste einen Stopp eingelegt. 
Fotos zeigen zwei halb verfallene Holzstege, an denen vielleicht 4 Boote Platz finden. 

Genau so etwas suchen wir, die unentdeckten Orte in ihrer ursprünglichen Form. 

Die Recherche bei Google Maps als Vorbereitung für unsere Reise hat schon gezeigt, dass der Geheimtipp keiner mehr ist. Man erkannte Betonsteg und Service-Haus. 

Das ist natürlich kein Grund den Ort zu meiden. Er liegt in einer extrem gut geschützten Bucht. 
Man muss erst zwischen Miniinseln hindurch, die wie eine natürliche Mole Wellen- und auch Windschutz bieten. 
Die Wassertiefe ist ideal zum Ankern. 

Nächste Entäuschung: Ein „Ankern verboten“ Schild steht in der Einfahrt zur Bucht. 

Wir machen schnell Leinen und Fender fertig und legen an der superneuen Marina am komfortablen Fingersteg an. 

Der Hafenmeister empfängt uns schon freundlich deutschsprachig. 
Er hat uns schon auf dem AIS beobachtet und gesehen, dass wir kommen. 
Deutsch hat er in Münster gelernt. Er hat dort für sieben Monate Pferde zugeritten. 

Alles ist fein hier. 
Pro Tag zahlen wir 25 Euro. Hier gibt es sogar eine große Doppelsauna mit Verbindungstür zwischen Männlein und Weiblein. 
Ebenfalls Wellnesslevel und im Preis inklusive. Sie ist in Betrieb und wir denken darüber nach, sie zu nutzen. 

Einfach weil wir es können. 

Wir gehen dann doch stattdessen baden. Ich tauche mehrfach unter das Boot um die Logge, unseren Geschwindigkeitsmesser zu kontrollieren. 

Er zeigt leider nichts mehr an und so können wir nicht sehen, wie schnell wir durch das Wasser sind. 

Wir haben natürlich die GPS-Messung, aber Strömung kann man nicht mehr identifizieren. 

Blockiert ist das kleine Paddelrad nicht. Der Fehler muss woanders liegen. 



Distanz: 42 sm 


02.Juli 2022 

Wir erleiden Schiffbruch! Köiguste nach Kuressaare 

Die Windrichtung ist nicht ideal um nach Kuressaare zu kommen. 
Wir lassen uns etwas Zeit bis es besser wird und legen gegen 10.30 Uhr ab. 

Wir müssen einige Male kreuzen. Es gibt in diesem Gebiet einige gefährliche Flachstellen, und denen müssen wir ausweichen. 

Sie sind teilweise klein und wir schauen uns genau an, wo eine Passage ist.
Dabei müssen wir immer wieder in die elektronischen Karten hineinzoomen, damit wir nichts übersehen. 

Es ist schon einigen Bootfahrern zum Verhängnis geworden, dass die Flachs im niedrigen Zoom nicht mehr zu sehen sind. 

Die kleine Insel Allirahu mit einem Seezeichen zur Orientierung liegt in unserem Weg, und wir könnten sie auf der Luvseite passieren, also rechts liegen lassen. 

Wind und Strömung spielen aber nicht ganz mit und wir können den nötigen Abstand so nicht halten, also fallen wir etwas ab um in Lee auf der sicheren Seite zu bleiben. 

Wir können mit 2,9 bis 3,6 Metern Wassertiefe rechnen, so zeigt es die Seekarte, lassen trotzdem reichlich Abstand. 

Elke macht noch ein Foto von der Insel, dann gibt es einen Knall, das Boot ruckt und rumpelt über Steine. 

Nichts hat die Untiefe oder Steine angekündigt und wir sitzen fest. 
Immer wieder rummst das Boot auf Steine. 

Ich spüre die Erschütterungen wie Schmerz im eigenen Körper. 

Verzweiflung, was können wir jetzt tun? 

Segel holen wir runter. Es rumpelt weiter, ich setze einen Hilferuf per Funk ab und Tallinn Rescue Radio meldet sich. 

Wie sie helfen können? 

Wir sind nicht in unmittelbarer Gefahr, es kommt kein Wasser ins Boot, es ist niemand verletzt, aber ich halte es dennoch für sinnvoll, Hilfe zu bekommen. 

Nach einer gefühlten Ewigkeit merke ich, dass das Rumpeln aufgehört hat. 
Irgendwie sind wir frei gekommen und haben auch wieder 3 Meter auf dem Tiefenmesser. 


Ich überlege und will Tallinn Rescue informieren, dass wir keinen Abschleppdienst brauchen, da melden sie sich und teilen mit, dass ein Boot unterwegs ist. 
Ich erzähle die aktuelle Situation, das Rettungsboot kann umdrehen. 

Die Seenotleitung hat auf dem AIS gesehen, dass wir uns langsam bewegen und von der Gefahrenstelle wegdriften. 

Wir lassen uns bei der weiteren Navigation helfen, und man führt uns aus dem Gebiet heraus. 
Allerdings hat Tallinn scheinbar die gleichen Karteninformationen wie wir, was ein Abgleich bestätigt, denn sie bestätigen, dass sie an der Stelle unseres Unfalls Wassertiefe von 2,9 bis 3,6 Metern haben und fragen mehrfach nach, als ich unseren Tiefgang von 1,5 Metern durchgebe. 

Die Karteninformation ist eindeutig falsch. 

Jeder Navionics Kartennutzer kann eigene Einträge in der Seekarte für alle Nutzer eintragen. 

Das war etwas, was ich gleich nach dem Auflaufen fast als Erstes gemacht habe: 

Die Stelle markieren und vor Unterwassersteinen warnen. 

Wenn man die Karte heute prüft, findet man noch mehrere Eintragungen an der Stelle, die einen Tag später hinzugefügt wurden. 

Somit trägt unser Unfall dazu bei, dass weitere Schiffe hier keinen Bruch erleiden. 

Vorsichtig steuern wir die Yggdrasil weiter nach Kuressaare. 

Alle Wassertiefen unter 3 Metern werden gemieden, wir sind unfassbar geschockt. 
Es sitzt uns tief in den Gleidern. 

Uns ist zwar nichts passiert, aber die Gedanken kommen natürlich. 

Wie groß ist der Schaden? Der Aufprall war schon hart und wir können uns nicht vorstellen, dass das unser Boot einfach wegsteckt. 

Es ist modern gebaut und das bedeutet eben, nicht mehr Material als nötig. 

Wir stellen auch Abplatzungen in der Innenschale des Bootes unter den Bodenbrettern im Kielbereich fest. 

Das bestätigt die Befürchtungen. 

Ist das das Ende unseres Traumes, auf den wir Jahre hingefiebert haben und für den wir so viel investiert haben und auf anderes verzichten? 

Alle Energie ist tiefer Depression und Hilflosigkeit gewichen. 
Kann man sich die Frustration vorstellen? 

Fast nicht mehr erwähnenswert ist, dass die am Heckkorb montierte GoPro-Kamera beim Hantieren mit den Leinen abbricht und im Hafenschlick von Kuressaare für immer versinkt. Tauchversuche bleiben erfolglos. 


Wo ist die Rückspultaste, mit der man den Tag neu beginnen kann? 


Was uns dann schon gar nicht mehr schockt, ist der Wolkenbruch den wir noch abbekommen. Normalerweise etwas für das Videotagebuch. Er ist so heftig, man sieht nicht weiter als zehn Meter, in zwei Sekunden sind wir nass bis auf die Knochen. 
Vorher hatten wir wieder die Segel gerefft, die Böen sind kein Problem, wir haben andere Sorgen. 


Noch von unterwegs hatte ich versucht, unsere Versicherung zu erreichen. 
Als wir uns in der Anfahrt zum Hafen befinden, ruft Frau Reise von Pantaenius uns zurück. 

Weil wir gerade die Anfahrt in den Hafen vorbereiten, muss ich in einer Stunde zurückrufen. 

Sie schickt uns Schadenformular und eine Empfehlung, wo wir das Boot untersuchen und reparieren lassen könnten. 


Distanz: 36 sm, Verluste: die GoPro 



04. Juli 2022 


Saare Yachts in Nasva, bei Kuressaare sollten wir ansprechen. 
Sie bauen sehr hochwertige Kleinstserien und hätten schon einige gute Reparaturen gemacht, meint Frau Reise. 

Ich spreche auf Anrufbeantworter, schreibe Mails. Es ist Sonntag. 
Wir können nichts weiter ausrichten und sehen uns Kuressaare an. Ein schöner und beliebter Urlaubsort mit einer tollen Burg und einem schönen Stadtpark.
Wir gehen Pizza essen keiner hat Bock auf Kochen.


05. Juli 2022

Am Montag kommt Petr, ich vermute Service Leiter, zu unserem Bootsnachbarn mit einer Saare 41c um eine Reklamation zu besprechen. 

Anschließend kommt er zu uns an Bord und sieht sich den Schaden an. 

Nachdem die Bodenbretter ab sind, werden noch mehr Risse sichtbar. 

Mir ist ganz übel. 

Das Boot muss definitiv in die Werft. 

Er erklärt, was gemacht werden müsste und leider.... Er kann nichts für uns tun. 
Es sind bald Ferien und es müssen noch 2 Boote ausgeliefert werden. 

Keine Kapazitäten. 

Er ist sehr nett, vermutlich erzeugen wir Mitleid. 
Jedenfalls telefoniert er seine Kontakte ab, und gegen Mittag kommt er mit einem Zettel und einer Adresse auf Hiumaa, der Nachbarinsel zurück. Dort ginge was. 

Ich solle dort anrufen. Wenn ich will, würde er auch nochmal direkt unser Anliegen vortragen. 

Das Gespräch verläuft nicht so wie erhofft. 

Vorher hatte er wohl nicht mit dem Leiter gesprochen sondern einem Kollegen. 

Auch dort geht gerade nichts. 

Es tut ihm wirklich leid. Alle haben das gleiche Problem. 

So laufen wir durch Wechselbäder der Gefühle und sind wieder am Boden zerstört. 

Ich kontaktiere nochmals Frau Reise. 
Sie versucht über einen ortsansässigen Kontakt etwas zu erreichen. 

Damit wir nicht völlig durchdrehen, fahren wir noch einmal in die Stadt. 
Ein Haarschnitt täte mir gut. 

Der Google-Übersetzer versagt: Juukse-Stilist finden wir nicht. Aber es taucht ein unscheinbares Geschäft mit Firmenschild „Juuksur“ auf. 

Hier sind wir richtig. 

Die Damen sind richtig nett dort. Etwas Probleme macht die Beschreibung der Wunschfrisur. 

Aber eigentlich wäre es mir recht, einfach irgendwie, nur kürzer, zu bekommen. 

Die Friseurin versteht ihr Fach und gibt sich sehr viel Mühe. 

Sieht auch für mich richtig gut aus und kostet zwölf Euro. 

Ich gebe fünfzehn, sie freut sich total und ich bin die Fransen los. 

Weil wir eh nichts anderes zu tun haben, fahren wir noch ein bisschen kreuz und quer und dann zum Boot. 

Erneut sprechen wir Szenarien durch. Auch mit den Stegnachbarn. 
Bengt von den Åland-Inseln hatte ich auf ein Bier eingeladen um mir etwas über das Segeln in seiner Heimat erzählen zu lassen. Ein netter Kerl. Einhandsegler. 

Er versucht uns Tipps zu geben. Kennt scheinbar auch viele Leute. 


Sein letzter Tipp: „Put your face on a pillow and cry“. Vielleicht sollte ich das jetzt tun. 


Abends sehe ich, dass ich noch ein Mail von der Versicherung bekommen habe. 

Ein Betrieb auf Hiumaa ist bereit uns zu helfen. 

Sie bestätigen auch den Versicherungsfall, und dass die Überführung dorthin versicherungstechnisch abgedeckt ist, wenn wir segeln und nicht über 4 Beaufort an Wind bekommen. 


Die Stimmung steigt schlagartig, auch wenn es noch viele Unbekannte gibt. 

Können sie direkt mit der Reparatur anfangen? Wie umfangreich wird diese werden? Wie lange wird es dauern? Wie gestalten wir die Zeit bis zur Fertigstellung? Wir müssen dann irgendwo wohnen. Oder fliegen wir so lange nach Hause? 


Immerhin, wir sind einen Schritt weiter. 


Ein klein wenig feiern wir mit Campari-O im Cockpit. 



05. Juli 2022 


Marko Manni vom Yachtservice in Kärdla hat sich zurückgemeldet. 

Wegen des Wetters hatte ich ihm geschieben, dass wir wohl am Samstag oder Sonntag in Kärdla auf Hiumaa sein werden. 

Es sind immerhin 90 Seemeilen und Wind ist nicht optimal vorhergesagt. 

Allerdings erst ab Donnerstag, noch pfeift es hier. 

Wir haben also noch 2 Tage bis wir in Kuressaare ablegen. 

Zeit, die vielen Ereignisse im Blog nachzutragen und ein neues Video für Yotube zu schneiden, das noch in der Anfangsphase der Reise spielen wird. 

Wahrscheinlich schaffe ich die komplette Reise erst bis zum Anfang der nächsten Saison zu dokumentieren. 



In Köiguste sammeln wir Walderdbeeren

Alles neu und modern:
Marina Köiguste

Der Hafen liegt in einer schönen Bucht

Im Hintergrund: Die Burganlage von Kruressaare (Ahrensburg)

Die Pizza ist lecker. Das Ambiente alternativ

Bei so vielen Problemen fühlt man sich ganz klein.

 

7. Juli 2022 

Zurück nach Köiguste


Gegen fünf Uhr morgens fahren wir in Richtung Köiguste ab. Es ist bestes Segelwetter. Uns liegt der Unfall schwer im Magen. Das kann man nicht einfach so wegstecken. Um 11 Uhr sind wir dann auch schon im Zielhafen. 

Unter anderen Umständen würden wir mal das Radio laut drehen und den Segelspaß genießen. 

Wir aber sehen, dass wir die rosa Linien auf der Karte genau abfahren, die die empfohlenen Wege markieren. 

Um alle Gebiete, die weniger als 5 Meter Wassertiefe haben, machen wir einen Bogen. 

Verrückt? Paranoid? Vielleicht. Eine Überreaktion ganz sicher. 

Wir haben kaum noch Vertrauen auf die Daten der Seekarten. 

Immer wieder machen wir Umwege mit der Bemerkung: Da wären wir vorher einfach drüber gefahren. 

Wir lassen den Tiefenmesser nicht aus den Augen. Gleichen mit der Karte ab. Das haben wir vorher auch immer gemacht und es hat fast immer gestimmt. 

Meistens war es eher so, dass die Tiefenangaben auf der Karte geringer waren als wir es dann gemessen haben. 

Zu akzeptieren, dass wir einfach Pech hatten, ist schwierig. Wir suchen noch immer nach dem Fehler, den wir gemacht haben, um nicht irgendwann wieder in solch eine Situation zu kommen. 

Spätere Gespräche mit Seglern, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, bestätigen, dass den Karteninformationen in dieser Gegend nicht wirklich zu trauen ist. 

In Köiguste machen wir wieder am selben Platz, wie vor einer Woche fest. 

Trotz der guten Bedingungen fühlen wir uns ausgelaugt. 

Da tut uns die schicke Sauna gut, und wir genießen einen schönen Saunagang. 




8. Juli 2022 

Von Köiguste nach Kuivastu auf Muhu 



Wir haben wirklich anfangs angenehmen Wind, mit dem wir bei 3 bis 5 Knoten unterwegs sind. 

8 Meilen vor dem Ziel wird der Wind immer schwächer. 

Die letzten Meilen motoren wir. 

Auch in Kuivastu ist Saunabenutzung im Preis von 20 Euro enthalten. Bisher das beste Preis-Leistungsverhältnis. 

Hier fahren die großen Fähren zwischen Inseln (Sareemaa ist mit Muhu über einen Damm verbunden) und Festland. 

Alle halbe Stunde öffnet das Schiff sein großes Maul und verschlingt hunderte Autos und Laster um sie am Festland wieder auszuspucken. 

Wir erkunden ein wenig die Gegend, aber viel mehr als Gegend gibt es hier nicht zu sehen. Einst hat Zar Peter die Muhu, so wie die anderen vorgelagerten Inseln vor Invasoren stark befestigt. 

Darauf weisen Schilder hin. Davon zu sehen, ist an dieser Stelle nichts mehr. 



9. Juli 2022 

Von Kuivastu nach Haapsaalu und Sviby 


Ein Tag zum Vergessen. Die Wetterprognose sagt mehr oder weniger Flaute, zwischen 14.00 Uhr und 16.00 etwas mehr Wind, so um vier Beaufort. 

Geht so. Wir genießen also die Sonne und den lauen Wind und sind zwischen drei und vier Knoten unterwegs. Manchmal unterstützen wir mit dem Motor. 

Ab Mittags ziehen Wolken auf. Da sollte dann auch mehr Segelwind kommen. 

Der lässt auf sich warten. Dafür wird es dunkel und dann schwarz am Himmel. Es droht Ungemach. 

Sicherheitshalber bergen wir die Segel. Es sind Böen zu erwarten. 

Ein unheimliches bedrohliches Farbenspiel beginnt: Das Wasser leuchtet hell-türkis gegen die schwarze Schicht, die vom Horizont von Backbord, also links, in unsere Richtung zieht. 

Schaut man in die andere Richtung, findet man Schäfchenwolken und blauen Himmel. 

Eine ganze Weile fahren wir an dieser Wetterkante entlang. 

Die Wolken müssen sehr tief hängen. Wir sehen, wie wir an ihnen entlang fahren. 

Es fängt an zu Grollen. Blitze zucken. Thor schwingt seinen Hammer. Glücklicherweise in größerer Entfernung. 

Dann öffnet der Himmel seine Schleusen und ein Regen geht herunter, wie man ihn selten sieht. Ich habe Tablet und Handy mit den Seekarten Regensicher unter der Sprayhood aufgebaut, so dass man dort schutzsuchend verfolgen kann, wo wir uns befinden und ob der Kurs passt. 

Am Steuer hinter dem Kartenplotter möchte ich jetzt nicht stehen. 

Lediglich für Kurskorrekturen am Autopiloten muss ich die Deckung kurz verlassen. Durch die Scheibe der Sprayhood starren wir in die Trübe um entgegenkommende Boote und Tonnen zu erkennen und identifizieren. 

Nachdem sich das Gewitter zu einem kontinuierlichen Starkregen verändert hat, der auch etwas nachlässt überdenken wir unseren Plan für heute. 

Sviby auf der kleinen Insel Vormsi wollten wir anlaufen. 

Susanne und Werner hatten aber berichtet, dass dort wegen Baggerarbeiten fast keine Liegeplätze vorhanden sind und es flach und eng ist. 

Haapsaalu wäre kaum zwei bis drei Meilen weiter mit vielen Liegeplätzen und besserem Schutz vor Wind und Wellen. 

Es erscheint uns besser dorthin zu fahren. Könnte auch an Land noch etwas bieten. 

Mehrere Boot fahren mit uns rein und überholen noch schnell. 

Ich verachte solche Hafenrennen. Was vielleicht dumm ist, wenn man dann den Kürzeren zieht und keinen Platz mehr bekommt. Das ist aber selten passiert. 

Als wir zur Marina kommen schallt laute Musik und ein Sprecher von einer Bühne. 

Der Hafen ist voller Regattaboote teilweise in Mehrfach-Päckchen. 

So ein Mist. 

Nach kurzer Beratung erscheint Sviby das kleinere Übel und wir fahren wieder zurück. 

Unterwegs erwischt uns noch einmal ein heftiger Wolkenbruch. 

Voller Anspannung suchen wir die Fahrwassertonnen, gleichen Karte und Markierungen ab. Nicht alle Tonnen sind eingezeichnet. Das verwirrt. 

Abgesehen davon, dass man fast nichts sieht und wir uns vor allem auf die Navigationsapp verlassen müssen, bis die nächste Tonne auftaucht, meistern wir die Anfahrt gut. 

An der Außenmole der Marina liegen ein paar Motorboote und zwei kleinere Yachten. 

Es gibt ein Lücke, in die wir genau reinpassen. 

Das Anlegen klappt tatsächlich nach all der Anspannung noch hervorragend. 

Wir sind tatsächlich ein sehr gutes Team geworden. 



Der Regen hört dann auch sofort auf. 

Aus dem schwedischen Boot vor uns schaut ein Mann hervor. Er wäre auch in Haapsaalu umgekehrt und war sehr unzufrieden, dass man dort nicht auf seine Wünsche eingegangen ist. 

Ich suche das Hafenbüro. Es ist verschlossen. 

Es gibt eine Toilette für alle und eine Dusche im Dachgeschoss des Hafenhäuschens, in dessen gemütlichen Aufenthaltsraum mir Kachelofen ein Fahrkartenautomat für die Fähre steht, die Wochentags regelmäßig verkehrt. 

Ansonsten steht dort, wo sonst Stege oder Bojen für Sportboote vorhanden sind, ein Saugbagger, der schlürfend den Grund vertieft. 



Wir mögen die Abgeschiedenheit der Inseln und hadern damit, dass wir am nächsten Tag weiterwollen um das Thema „Reparatur“ nicht von unserer Seite zu verzögern. 


10. Juli 2022

von Sviby nach Kärdla

Wieder erwischt uns ab Mittag mieses Wetter mit Gewitter. Quasi eine Wiederholung vom Vortag.

Es ist wieder auf den Tonnenweg zu achten. Manche felsige Flachstellen liegen nur einen halben Meter unter Wasser. 

Bloß nicht irgendwo falsch abbiegen.

Unser Plotter, also das große Navigationsgerät, das alle Instrumente, Kompass, Tiefenmesser, Windrichtungs- und Geschwindigkeitsanzeiger, Logge, GPS, Autopilot und die Navigationssoftware miteinander vereint, hat mehrere Male bereits den Dienst unterbrochen, indem es sich einfach abgeschaltet hat oder der Bildschirm eingefroren ist.

Der Hersteller hatte ein Update empfohlen, dass ich mit einiger Mühe aufgespielt bekam, aber es fängt schon wieder an zu zicken. 

Wir werden auf keinen Fall auf die beiden Tablets und mein Smartphone verzichten, die wir immer mit einer alternativen Navigationssoftware parallel laufen haben.


Die Hafenmeisterin von Kärdla empfängt uns, heißt uns willkommen.

Es gibt allerlei Informationen über Kärdla und Hiumaa

Hier ist Sauna im Preis enthalten.

Pro Tag werden 30 Euro verlangt.

Kärdla ist ein Urlaubsort und der „Hauptort“ von Hiumaa. 

Gleich am Hafen ist die große Halle vom „Yachts-Service“, der unser Boot reparieren soll.

Wegen des Wochenendes ist natürlich niemand da.

Hier werden wir wohl etwas mehr Zeit verbringen. Deshalb werden als erstes nach dem Aufklaren des Bootes, die Fahrräder zusammengebaut.

Wlan gibt es auch, „irgendwo“.

Ein Meilenstein ist geschafft. Jetzt hoffen wir, dass wir bald Klarheit bekommen, wie es weitergeht.

Unsere Pläne müssen angepasst werden.

Etwas bange sind wir. Was werden wir aus unserer Reise noch machen können?



So schön kann das Leben sein

Hi 5 für den Biber

Hauptplatz in Kärdla

Museumshof

An der Nordspitze Hiiumaas

Kletterpark für Akrophobiker geeignet

Dicke Steine überall

Zeit zum Blog schreiben

In Wirklichkeit noch bedrohlicher

Idyllisches Sviby

 

11.Juli2022 



Wir verbringen den Tag damit, Kärdla anzusehen. Es gibt einige Sehenswürdigkeiten, die in 2 Stunden mit dem Fahrrad abgearbeitet sind. 

Unter anderem Erfahren wir über den Meteoriteneinschlag vor vielen Millionen Jahren, der die Gesteinsschichten so verändert hat, dass an einigen Stellen artesische Brunnnen sprudeln. 

Kein Haus hat hier einen Keller, wegen des Wassers, was aus der Erde kommt. 

Stattdessen finden wir sehr häufig oberirdische Keller. Von der Rückseite sehen sie aus, wie bewachsene Hügel, aber auf der anderen Seite findet sich eine Tür. 

Sicher wurden im Winter Eisblöcke hineingelegt um die Vorräte bis über den Sommer frisch halten zu können. 



Der Hauptplatz im Ort ist sehr schick angelegt. Im Mittelpunkt ein holzverkleideter Pavillon mit der Touristeninformation. Hier ist auch das hübsche alte Feuerwehrhaus und ein Konsum zu finden. 



Im Yachtsservice treffe ich 2 Mitarbeiter an, die ich wegen der Reparatur anspreche. 

Sie habe davon bereits gehört. Der Chef käme am Nachmittag. 

Er kommt dann doch nicht, aber morgen würde er ab Mittag da sein. 



Die beiden Kollegen sind nicht gerade im Stress, einer erzählt mir von seinem Boot mit dem er schon ganz viele Steine „gefunden“ hat. 



12.Juli2022 



Mittags gucke ich noch mal im Betrieb nach. „Chef kommt in 10 Minuten.“ 

Er kommt eine Stunde später zum Boot. 

Er stellt sich mit „Marco“ vor. Wir schrauben Bodenbretter ab und sehen uns den Schaden an. 

Sieht nicht so schlimm aus, sagt er. Kann man reparieren. Problem ist, die Leute zu finden, die die Arbeiten ausführen. Er versucht die Leute zu organisieren. 

In der Branche scheint es üblich zu sein, dass vor allem freiberufliche Bootsbauer von den Werften beauftragt werden. 

Wir diskutieren, wie lange es dauern darf. Wenn ich eine Woche sage, was mir am liebsten wäre, würde wohl gleich abgewinkt. Wenn ich vier Wochen sage, dann brauchen die auch mindestens vier Wochen. 

Zwei Wochen sind meine Schmerzgrenze, sonst wird der Rest der Reise für uns schon schwierig. Allerdings befürchte ich dass es drei Wochen werden. Aber was haben wir für eine Wahl? 

Dann soll das Boot noch aus dem Wasser geholt werden. Das können wir Mittwoch machen, wenn die Gutachterin von der Versicherung kommt. 

Marko kommt später, er sagt, dass sie Montag anfangen können und die Arbeit im Juli fertig wird. 

(hoffentlich 2022) 

Wir sind dankbar für jeden Tag, den wir auf dem Boot leben können und nicht ins Hotel müssen. 

Unterkünfte sind im Moment wegen der Ferien schlecht zu finden. Schon gar nicht preiswert und gut. 



Wir werden uns für billig entscheiden. Auch damit werden wir klarkommen. 

Und wir überlegen, was wir dann in der Zeit machen. 

Flugplatz Kärdla

Für 30 Euro nach Tallinn

Privatstrand?

Klar musste ich da draufklettern

Fassbrause ist in Hiiumaa der Renner

Gedenken an Estoniaunglück

13.Juli2022

Raus und wieder rein


Zwischen 10.00 Uhr und 11.00 hat sich die Gutachterin angekündigt.

Ab 9.00 Uhr sind wir bereit, das Boot zum Slipweg zu fahren. Es wird nicht gekrant, sondern mit einem Tieflader, der mit hydraulischen Stützen ausgestattet ist, herausgezogen.

Es wird 10.00 Uhr bis wir dann doch mal nachsehen, ob das noch was wird.

Wir Deutschen sind einfach zu stressig. 

Alles funktioniert. Der Tieflader wird zu Wasser gelassen. 

Wir vertäuen unser Boot am Slip und ziehen es dann zum Slip, bis der Kiel aufsetzt. 

Dann wird der Tieflader unter das Boot geschoben und die Stützen fahren hoch.

Wir sind noch an Deck. Es ruckt und schaukelt. Eine neue Erfahrung für uns. Als das Boot einigermaßen aufliegt, verlassen wir das Schiff und es wird noch ein wenig hin und her geliftet, bis es richtig auf den gepolsterten Stützen liegt.

Als es dann komplett auf dem Trockenen steht, sehen wir uns das Unterwasserschiff mal an.

Was ich beim Abtauchen im Hafen von Kuressaare schon festgestellt habe, bestätigt sich. 

Von außen ist fast nichts zu sehen. 

Die Dichtung zwischen Kiel und Rumpf ist intakt. Natürlich hat der Gusseisenkiel ein paar Schrammen. 

Etwas Antifouling hat sich am Rumpf gelöst. Auch am Ruder ist nichts.

Die Gutachterin ist deshalb auch überzeugt davon, dass es nicht so schlimm ist.

Wir sehen uns die Schäden im Inneren an. 

Alles halb so schlimm meint sie, da hat sie ganz andere Fälle gesehen.

Wir fühlen uns etwas beruhigt und jetzt hoffen wir, dass die Reparatur ab Montag schnell vonstatten geht.

Ich werde die Zeit nutzen, noch Videos zu verarbeiten. 

Elke beschäftigt sich mit der Planung für unseren Zwangsaufenthalt.



14. Juli 2022

40 km Klappradtour



Wir wissen jetzt, wie lange wir noch ungefähr auf Hiiumaa zubringen werden: Mehr als wir wollten. 

Es gibt genug Leute, die ihren Urlaub hier verbringen, weil die Insel und die besondere Natur wunderschön sind.

Im Gegensatz zu den anderen Inseln, ist Hiiumaa eher karstig. Kalksteinboden dominiert. Dünne Vegetationsschicht und darauf ein empfindliches Ökosystem.

Hiiummaa ist vor etwa 400 Millionen Jahren durch eine Meteoritenexplosion entstanden.



Wir denken, dass wir den Leuchtturm an der Nordspitze der Insel besuchen sollten. 

Das sind etwas über 15 Kilometer.

Die Radwege sind hervorragend oder die Straßen so leer, dass kaum ein Auto kommt. 

Und wenn, dann wird rücksichtsvoll Abstand gehalten.

Ich habe sowieso den Eindruck, hier wird mehr aufeinander geachtet. 

Auf Inseln ticken die Uhren anders.

Nachdem wir etwa 8 Kilometer hinter uns haben, kommen wir an einem Waldweg vorbei, der direkt zum Wasser führt. 

Wir sind durchgeschwitzt und freuen uns an einem menschenleeren kleinen Strand zu stehen. Hinein ins Wasser, das wie hier so üblich, sehr flach abfällt. 

Das Wasser ist angenehm warm. So lässt es sich aushalten. Eine gute Stunde verbringen wir hier.

Weiter geht es und wir erreichen den Hafen Lehtma: Lost Place!

Der Hafen wurde geschlossen. Eigentlich ist er nicht gerade klein. 

Wir finden ein Zollbüro und andere Einrichtungen. Ein altes Boot, dessen Zweck nicht ganz klar ist, liegt noch im Wasser.

Von allen Einrichtungen sind noch Überbleibsel zu finden. Ein riesiger Parkplatz, auf dem einige Wohnmobile und Autos stehen und hinter einer Düne ein ganz ansehnlicher Strand mit wenigen Leuten. Also etwa drei bis vier auf 1000 m.

Ein uns bekanntes Seglerpaar aus Kärdla ist mit dem Mietwagen an diesem Tag unterwegs. Wir treffen sie noch mehrmals an diesem Tag. Sie sind ebenfalls neugierig, was es im Norden so zu entdecken gibt.

Nach etwas Suchen finden wir den „Radweg“ der uns weiter zum Leuchtturm bringt.

Ein ziemlich holpriger Weg aus Kalkschotter, den wir im Wald fast verlieren, als er immer sandiger wird und sich verzweigt. 

Irgendwann stehen wir wieder an einem Strandabschnitt. Es riecht übel nach verfaulendem Seegras. 

Aber man kann unser Ziel, den Leuchtturm sehen.

Jetzt wird es nochmal spannend.

Mitten im Wald taucht ein Monument auf. 

Was? Genau! So eines, wo Soldaten davor postiert werden. Ein großes rotes Rechteck mit Hammer und Sichel verrät die sowjetische Herkunft. Es wurde zur feierlichen Unterzeichnung eines Vertrages zwischen Estland und der Sowjetunion errichtet.

Der Vertrag erlaubte es den Sowjets ein etwa 100 Quadratkilometer großes Gebiet auf den Inseln uneingeschränkt nutzen zu dürfen.

Man mag sich vorstellen, dass die Esten, wohl wenig Alternativen zu dem Vertrag angeboten wurden und wenig Freude an der quasi Zwangs-Abtretung des Landes hatten. 

Aber so war eben alles „rechtmäßig“.

Die Küste muss übersät gewesen sein, von Militäreinrichtungen. 

Viele Bunker sind noch vorhanden und begehbar.

Später kommen wir zum Leuchtturm, ein monumentaler Bau aus französischer Produktion. Gusseiserne Elemente wurden zu einem der höchsten Leuchtfeuer im Baltikum zusammengeschraubt.

Wir verzichten auf die Besteigung, weil es unten schon super windig ist und sehen uns ein Stück weiter das Denkmal für die vermissten Kinder der Estonia Schiffskatastrophe an.


Eine Gänsehaut überkommt einen, wenn man sich das wieder in Erinnerung holt.


Die Estonia war eine RoPax-Ostseefähre, die am 28. September 1994 auf ihrem Weg von Tallinn nach Stockholm vor der finnischen Insel Utö sank. Der Untergang der Estonia ist mit 852 Opfern das schwerste Schiffsunglück der europäischen Nachkriegsgeschichte. Die Unglücksursache gilt als ungeklärt. (Aus Wikipedia).


Irgendwie hat auch jeder, mit dem wir über die Katastrophe hier sprechen eine persönliche Geschichte dazu.


Zum Beispiel unsere neuen finnischen Bootsnachbarn Sari und Mikko.

Ein Freund von ihm war SAR-Pilot und berichtete von den vielen, vielen im Wasser treibenden Körpern, die nicht mehr lebend zu bergen waren, weil auch das Wetter extrem und die Wellen gewaltig waren.


Es ist mittlerweile schon kurz vor vier geworden. So langsam müssen wir umkehren. Mit Rückenwind geht es heimwärts. 

Das Militärmuseum auf das ein 1:1 Holzmodell eines T40-Panzers hinweist, müssen wir auslassen. Ebenso, wie das Bauernhofmuseum.

Wir sind ziemlich erledigt, als wir in Kärdla ankommen. Wir holen noch schnell ein paar Lebensmittel vom Coop-Laden.
Am Ende sagt mein Standortverlauf bei Google, dass wir 40 km unterwegs waren.



Das gelbe Ungetüm

Hier kann man toll sitzen und Pizza essen.
Roograhu

 15. Juli 2022 

Uusia ystäviä, neue Freunde

Wir kommen mit unseren finnischen Bootsnachbarn ins Gespräch, er findet interessant, wie unser Kuchenbude technisch gelöst ist. 

Ich erzähle von unserem Malheur und er gibt mir sofort eine Adresse in Finnland wo ich Hilfe bekommen könnte. Ehe ich erklären kann, dass wir mit dem Yachtsservice schon einen Auftrag laufen haben, hat Mikko schon dort angerufen. 

Wahnsinnig hilfsbereit. Er meint aber, wegen Ferien und Hochsaison haben die dort auch keine Kapazitäten. 

Wir tauschen uns noch über unsere Pläne aus und er lädt und ein, dass wir seine und Sari´s Lieblingsplätze kennen lernen können. 



16. Juli 2022


Wir kommen an Bord der Dufour 325 Grand Large von Sari und Mikko. Meine Seekarten und mein Tablet nehme ich mit. 

Auf Mikko´s Tablet und Seekarten bekommen wir sehr schöne Orte mit Ansteuerungsinformationen präsentiert. 

Die Fotoaufnahmen von den Buchten sind auch sehenswert und ich leide gerade richtig, dass wir nicht wissen, wann es weitergeht. 

Ich kann gar nicht so schnell mitspicken, wie es von einer zur anderen Traumbucht geht. 

Wir treffen uns abends noch in der Sauna und anders als in Deutschland gibt es hier regen Gesprächsaustausch. 

Übrigens nimmt in Finnland niemand ein Handtuch mit in die Sauna. Man setzt sich bestenfalls auf ein Läppchen oder etwas größere Papierhandtücher. 

Dann wird der Ofen pausenlos mit Wasser übergossen. 

In den Pausen wird gerne Bier getrunken, und man duscht nochmal um dann nass in die Sauna zu gehen. 

Natürlich sind wir hier noch nicht in Finnland, aber die Saunasitten sind hier finnisch, weil einfach die meisten Gäste von dort kommen. 



17. Juli 2022 



Eigentlich sind wir permanent am Überlegen, wie wir unseren Aufenthalt hier gestalten. Wir haben uns überlegt, ein Hotel für die Zeit, wo das Boot in Reparatur ist, zu nehmen. 

Wir haben das billigste Angebot, was wir bekommen konnten genommen, und werden in Helterma im Hafenhotel bleiben. Ich nenne es schon mal scherzhaft, die Seemannsherberge. 

Man merkt, ich habe keinerlei Lust von Bord zu ziehen. 

Es stellt sich dann auch heraus, dass die Reparatur doch nicht Montag startet, sondern erst Mittwoch, den 20. Juli. 



Wir sind genervt. Wenn man nicht mehr Mitspieler im Spiel ist, sondern nur noch abhängig von anderen, und keine verlässlichen Angaben hat, ist das frustrierend. 

Ein Anruf bei der Versicherung sorgt auch nicht für Erheiterung. 

Ein Kostenvoranschlag ist noch nicht da. 



19. Juli 2022

Es geht voran


Um 9.00 Uhr machen siche Sari und Mikko auf den Weg. Wir haben uns sehr gut verstanden trotz Sprachbarriere. Oft suchten wir nach dem richtigen Ausdruck. Aber irgendwie klappt es. 
Es war schön mal wieder länger mit netten Leuten zusammen zu sein. 
Wir hoffen, dass wir den Kontakt halten können. 
Das war es ja auch, worauf ich mich vor der Reise schon gefreut hatte. Ganz unvoreingenommen neue und andersartige Menschen zu treffen, Beziehungen zu knüpfen und zu lernen.

Es geht weiter. Wir haben vereinbart, dass Yggdrasil nachmittags ausgeslippt wird. 

Vorher kommt Boris von der Werft und schaut sich den Schaden selbst an. Er wird schließlich die Reparatur durchführen. 

Zwei deutsche Wörter hat er mal gelernt: „Scheiße“ und „Überraschung“. Diese meint er auch gleich anwenden zu wollen. 

Handwerkerstrategie ist überall gleich: Erstmal richtig übertreiben, damit der Kunde das am Ende vollbrachte Wunder auch zu schätzen weiß. 

Wir werden sehen. 

Ich überwinde mich und baue noch den Salontisch ab, wohlwissend, dass ich ihn auch hinterher wieder selbst einbauen muss. Aber ich hoffe, damit Boris etwas mehr Zeit zu verschaffen. 

Bisher hatte ich mich nicht rangetraut, ängstlich, etwas kaputt zu machen. 

Es geht dann leichter als gedacht und ich kann dadurch auch alle nötigen Bodenbretter ausbauen. 

Später will ich noch eine Streckdose am Tisch haben. Das wollte ich schon lange und bereite es vor, in dem ich eine Ziehleine durch die beiden bereits dafür gebohrten Löcher fummele. Daran soll das Kabel dann später geführt werden. Das kleine USB-Endoskop von Aliexpress ist dabei eine gute Hilfe. 



Gegen vier ist es dann soweit. Wir bringen Yggdrasil in Slipposition und langsam wird sie aus dem Wasser gezogen. 



Vorher waren wir sogar noch schnell zur Mietwagenstation geradelt. Ich hatte angerufen und werde erwartet. 

Ein Chevrolet Spark in Gelb und recht gebrauchtem Zustand erwartet uns. 

Ich muss den Führerschein abfotografieren lassen und 100 Euro für 5 Tage in bar auf den Tisch legen. 

Dann bringt uns der Verleiher zum Auto. 

„That´s the car. Fueltank ist full. Wenn you bring back the car, put the key in the doorpocket. Bye.“ 



Hä? Das wars? 



Ich brumme mit dem gelben Boliden zum Hafen und Elke bringt die Fahrräder nach - 

gerade rechtzeitig als wir zum Ausslippen verholen müssen. 



Das Boot wird aufgebockt, ich mache einen letzten Check und dann fahren wir zum Hotel. 

Der Spark fährt. Und aufgrund der Fahrzeugabmessungen spüren Fahrer und Beifahrerin eine intime Nähe. 



Die Hotelrezeption empfängt uns sehr freundlich und berechnet uns den gestrigen Tag nicht. Da wollten wir eigentlich schon umgezogen sein. 

Das Zimmer ist, um es mit den Worten von Loriot zu beschreiben:“ Kompakt“. 

Wer damit nichts anfange kann solle sich auf Youtube folgenden Clip anhören: https://www.youtube.com/watch?v=s5biRwXwYNs&t=77s



So schön im Garten von Suuremoisa

Kostenloser Campingplatz vom RMK

Steppenartiger Naturpark bei Kalana

Liebe zum Holz:
Die Briefkästen der Sommerhäuser

Friedhof von Suuremoisa

 

Eigentlich wollten wir in dem Restaurant, das in einem Flügel des Schlosses Suuremoisa Gäste empfängt, essen. 

Leider hat es schon ab 17.00 Uhr geschlossen und wir suchen weiter. 

Auch die nächste Empfehlung ist geschlossen. 

Aber in Käina haben wir Glück. 

In einem Restaurant, das einem Sportzentrum angegliedert ist, gibt es leckere Bio-Burger und Süßkartoffelpommes. 

Beim Hinausgehen bleiben wir noch vor der 20 Meter hohen Boulderwand stehen, wo zwei Mädchen spinnengleich von Griff zu Griff senkrecht nach oben krabbeln. 

Eine coole Location, um seinen Kalorienhaushalt in Balance halten zu können. 




20.Juli2022 

Ein Funken mehr Mobilität 



Unseren erweiterten Aktionsradius mit dem Spark (Funken) nutzen wir gleich aus. 

Der Nachbarort Suuremoisa (Großenhof) war einst von einem prächtigen Gutshof mit schlossartigem Herrenhaus geprägt. 

Das Haus wird schon seit langem für eine Fach- und eine Grundschule genutzt. 

Der „Schlosspark“ ist von großen Bäumen bewaldet und nicht mehr als Park erkennbar. 

Lediglich eine Wiese und die Umfassungsmauern lassen darauf schließen, dass er einmal angelegt worden ist. 

Rundherum finden sich auch noch Merkmale von Parkfragmenten, wie Teiche und Wiesen. 

Einige Gutsgebäude, die der Landwirtschaft dienten, sind erhalten, etliches ist verfallen. 

Zum Beispiel sehen wir uns die Reste einer Windmühle an, die einst beachtliche Ausmaße gehabt haben muss. 

Interessant ist auch der Friedhof rund um die ansehnliche Kirche, die allerdings geschlossen ist. 

Grabmale mit deutschsprachigen Inschriften, die teilweise nur noch mühsam zu entziffern sind, russische Grabsteine, und natürlich estnische Ruhestätten entdecken wir. 

Am Besten gefällt uns der liebevoll angelegte Garten, der sich etwas versteckt neben dem eigentlichen Schlosspark befindet. 

Er wird durch Mitglieder der Fachschule und durch Praktikanten aus dem Agrar- und Gartensektor betreut. 

Blumen und Nutzpflanzen, Gartenkräuter, die intensiven Geruch verbreiten, ein kleiner Seerosenteich und künstliche Wasserläufe, kleine Sitzgelegenheiten unter Obstbäumen wirken wie Baldrian auf die Seele. 

Wir haben ja Zeit und atmen die Atmosphäre dieses herrlich unkonventionellen Ambientes ein. 

So picknicken wir gemütlich im Halbschatten auf einer Bank an diesem warmen Sommertag und genießen die Ruhe. 





21. Juli 2022 


Eine der beeindruckendsten Sehenswürdigkeiten des gesamten Ostseeraumes ist der Leuchttum von Köpu. 

Er steht nicht, wie die meisten Bauwerke seiner Art direkt an der Küste, sondern auf der höchsten Erhebung von Hiiumaa deutlich von der Küsten entfernt. Mit seiner Höhe von 106 Metern ist er der höchste und älteste noch in Betrieb befindliche Leuchtturm der Welt mit einer Tragweite von 65 km bei guter Sicht. 

1531 wurde er in Betrieb genommen und wirkt mit seiner massiven Bauweise gewaltig. 

Der Aufstieg auf die Plattform wird ausdrücklich nur gesunden und angstfreien Menschen geraten. 

Wir fühlen uns direkt angesprochen. 

Gegen ein Entgelt von fünf Euro haben wir die Lizenz zum Entern in der Tasche und werden nicht enttäuscht. 

Der Aufstieg ist abenteuerlich. Eng finster, steil. Also richtig steil. 

Stufen, die kniehoch sind, bringen uns zum schnaufen. Es ist so eng, dass Gegenverkehr zur Herausforderung wird. So etwas ähnliches wie Geländer gibt es nur auf der Außenseite der Treppe. 

Kurz unterhalb der Plattform ein zweietagiger ehemaliger Service-Raum mit Ausstellung zu baltischen Leuchtfeuern. 

Dann können wir durch die niedrige Tür nach außen treten. 

Mir geht spontan die Düse, weil die Plattform aus recht glattem Riffelblech, nicht eben ist, sondern nach außen hin abfällt, damit Regen besser ablaufen kann. 

Nicht so angenehm- rein psychologisch. 

Ich erschrecke mich fürchterlich, als beim Herumgehen auf der Plattform auch noch die Metallplatte unter meinen Füßen ein paar Zentimeter einsackt. 

Ein fantastischer Rundumblick ist die Belohnung. 

Eine Grünanlage mit Café, das die vielen Touristen mit allem Nötigen versorgt, liegt am Fuß des Turms. 

Meine Überredungskünste bei Elke, reichen nicht für einen Kaffee im Lokal. 

Unser Sparplan lautet: Mitgebrachte Brötchen und Süßigkeiten plus Wasser auf einer Picknickbank. 

Auch schön und auch besonders. 

Eine kleine Zugabe ist der Leuchttum von Ristna, der uns nichts Extra kostet. 

Dafür kaufen wir ein leckeres Eis. 

In Estland gibt es wirklich gutes Eis in einer riesigen Auswahl in gewaltigen Mengen in jedem Supermarkt. 

Die Esten müssen verrückt nach Eis sein. Wir bevorzugen Nuss und Karamell mit Schoko oder auch Blaubeer in einer Waffeltüte. 

Leider gab es die Sorte mit vielen ganzen Haselnüssen, die wir auf Ruhnu und Kihnu bekommen haben, hier nicht mehr. 

In Finnland wird der Eiskonsum dann runter gehen, denn 4 Euro für ein Magnum oder ähnliches kann man nur ausgeben wenn ein Notfall vorliegt. 

An Eisdielen denken wir mal lieber gar nicht. 

Wir erinnern uns an Ventspils: Da gab es eine Suppenteller mit 6 Kugeln Eis, Sahne und frischen Früchten für sechs Euro. Das war eine Mahlzeit! 


Vom Leuchtturm aus sehen wir das Surfparadies von Hiiumaa. 

Richtiger Sandstrand! Und Wellen! 

Bis hierher haben die Wellen bei Westwind die gesamte Ostsee um Anlauf zu nehmen und sind hier deshalb höher als anderswo. 

Surfstyle überall: Buden mit Bars und Verleih von Ausrüstung im provisorischen Anschein. 

Neben der Strandbar baut sich abends ein DJ auf und wir merken, dass wir Lust hätten mitzufeiern und zu tanzen. 

Der Altersdurchschnitt würde aber durch uns ziemlich leiden. 

Also lieber erwachsen bleiben, damit sich die Jugend nicht fremdschämen muss. 



22. Juli 2022 

Freitag der Schreckliche. 

Wir frühstücken auf dem Hotelzimmer. 

Wir haben eben günstig gebucht und ja sowieso unsere verderblichen Vorräte vom Boot mitnehmen müssen. 

Gerade haben wir die nächste Woche durchgeplant: 3-tägiger Ausflug nach Tallinn mit Fähre und Bus, von dort aus nach Helsinki und wieder zurück, Trip nach Hapsaalu. 

Heute wollen wir nach Kärdla und nach dem Boot sehen. 

Elke macht sich gerade im Bad fertig als ich meine Mails checke und eine Nachricht von Getter, der Gutachterin, finde. 

Es scheint noch Rückfragen zu geben. Damit hatte ich gerechnet. Als ich das Mail lese ist es als zieht mir jemand den Magen aus dem Leib. 

Mir wird ganz schlecht. Alles um mich herum wird dumpf. Die Welt außerhalb findet nicht mehr statt. Ungläubig starre ich auf den englischsprachigen Text. 

Was lese ich da? Das kann nicht sein! Ich hoffe, ein Missverständnis in der Übersetzung zu sehen. 


Mit leiser Stimmer rufe ich Elke, sie kommt aus dem Bad. 
„Setz Dich bitte.“ sage ich ruhig und leise. 

Ich stehe regelrecht unter Schock. 

Hier steht: 

„Please be advised I have received information regarding the repair works. Unfortunately the worker who was supposed to repair your yacht has taken a leave from work for at least one month due to personal/family reasons , meaning the repair works could start in one month the soonest. The manager of Yachts Service Kärdla apologized for the risen situation as it was unexpected.  They have assessed the damages and consider them not critical (the yacht is not taking in water). I have also notified your insurers, about the situation.“ 


„Lass uns nach Kärdla fahren und selbst sehen, was los ist, bevor ich herumtelefoniere und die Leute verrückt mache.“ 

Ich hoffe immer noch ein Missverständnis. Boris sagte uns er wollte sogar schneller fertig werden, weil er in Urlaub wollte. 


Bei der Werft ist niemand. Alles verschlossen. Das Boot steht im Hof wie wir es verlassen haben. 

Ein Seiteneingang der großen Yachthalle ist offen. Drinnen ist niemand. Ich frage im Angelgeschäft, was einen Durchgang zur Halle hat, ob jemand gesehen wurde. 

Die bunte Frau (sie liebt Farbe), verneint, versucht Marko, den Manager zu erreichen. Erfolglos. 

Ich will einen Blick ins Schiff werfen. 

Eine Leiter leihe ich mir aus der Bootshalle. 

Alles ist in dem Zustand wie vor 3 Tagen. 

Elke und besprechen, was wir jetzt machen können, in welcher Reihenfolge die nächsten Telefonate ablaufen: Marko, Getter, Versicherung. 

Den Rest des Tages verbringe ich am Telefon. 

Die bittere Wahrheit lautet: Wir bekommen das Boot nicht repariert. Jedenfalls nicht in einem Zeitraum, dass wir es wieder nach Hause bringen können. 

Wir treffen eine schwierige Entscheidung, die vielleicht falsch ist, aber nachvollziehbar: 

Wir haben noch 3 Monate. 

Wenn wir diese nutzen, um das Boot unter Vermeidung aller Risiken nach Hause zu bringen, denken wir, ist die Weiterreise vertretbar. 

Wir lassen uns noch einmal von Yachtsservice und Getter bestätigen, dass unser Schaden nicht kritisch ist. 

Die Versicherung lehnt natürlich jegliche Haftung ab. 

Wir bewegen uns ab sofort in dünner Luft. 

Nachdem wir uns festgelegt haben, Helsinki und Tallinn müssen warten, geht es uns besser. 

Wir haben einen Plan. 

Mikko hatte uns inzwischen auch gefragt, wie es bei uns steht. Echt lieb! 

„I would have done the same“ schreibt er bei Whatsapp als ich ihm erkläre was wir vorhaben. 

Er bietet wieder an, bei Werften in Finnland für uns anzufragen. 

Wir haben aber Angst wieder enttäuscht zu werden und weitere Zeit zu verlieren. 



23.Juli2022 


Wir checken einen Tag früher als geplant aus dem Hotelzimmer aus. Ist zwar bezahlt, aber wir haben erreicht, dass das Boot heute um elf zurück ins Wasser kommt. 

Das klappt auch. 

Wir machen noch einen Großeinkauf für Finnland. 150 Euro für Lebensmittel werden bei „Selver“ vergleichbar mit Marktkauf investiert. 

Der junge Mann an der Kasse macht einen Fehler. Er hat unsern „Trenner“ übersehen und das ältere Pärchen vor uns hat schon einige von unseren Lebensmitteln eingesackt. 

Es fällt uns erst bei der Tiefkühlpizza auf. 

Da die Leute unsere Sachen nicht mehr rausrücken wollen und der Kassierer wohl auch kein Lust auf Stornoprozess hat, muss ich eine neue Pizza holen. 

Zu Hause stellen wir fest, dass die beiden Senioren auch unseren Käse gekauft haben und überlegen, was sonst noch in ihrer Taschen gelandet ist. Es scheint aber sonst alles da zu sein. 

Wir bauen wieder alles zusammen, was wir demontiert haben und räumen das Boot ein.

Wir freuen uns jetzt, wieder selbst zu entscheiden. Wir haben Pläne. 

Ob der Bus diese Gäste mitnimmt?

Surfcafé am Strand von Kalana

Der Hafen ist noch im Bau das Café ist schick

Wir gönnen uns eine Pizza

Beeindruckend: Leuchtturm von Köpu

Bevor ich zusammenbaue verlege ich noch ein paar Kabel

Strand von Kalana

Tolle Aussicht

Treppen auf den Leuchtturm von Köpu

24. Juli 2022

Ab nach Hanko



Bis Hanko sind es rund fünfundfünfzig Seemeilen.

Wir stehe gegen sechs auf und sind schon vor sieben Uhr auf dem Weg.

Es geht hoch am Wind nach Norden. Kurz vor Hanko kreuzen wir noch einmal auf, drei Meilen vor dem Hafen holen wir die Segel runter und motoren gegen den Wind in den riesigen Yachthafen. Er ist für viele Segler die erste Station in Finnland.

So wie für uns.

Ich hatte vorher versucht einen Platz zu reservieren. Das war mir vielfach empfohlen worden. Es ist Hauptsaison.

Online habe ich es nicht hinbekommen und rufe daher an.

Für unsere Schiffsgröße sind genug Plätze frei. 

Wenn kein Verkehrshütchen oder „Reserved“ Schild steht, können wir festmachen wo frei ist.

Okay. Es scheinen tatsächlich vor allem die Motorboote zu fehlen. 

Vielen ist der Sprit zu teuer geworden.

Für uns ist das eine angenehme Nebenerscheinung, denn vorbeirasende Motoryachen sind für uns langsame Segler schwer einzuschätzen und machen jedes Mal im wahrsten Sinne eine Riesen Welle.

Und die Gasthäfen sind eben enstprechend leerer. Bei dem Boom, den der Segelsport seit Corona genommen hat, eine echte Entlastung.

Wir hoffen sowieso, nicht mehr von Hafen zu Hafen zu fahren, sondern in den Schären in netten Buchten oder im Schutz der Inselchen festmachen oder ankern zu können.

Modern ist Hanko, es gibt eine Stadthafen, wo man an Heckbojen ankert. Da scheint auch nichts mehr frei zu sein.

Der andere Teil ist an einer Schäre gebaut. Pontons mit Fingerstegen. 

Zum Festland verkehrt eine Fähre, die kostenlos hin- und herfährt. 

Als wir gleich einer der ersten Boxen anlaufen und sauber anlegen, freuen wir uns, wie einfach das war. 

Der Hafenmeister fragt, wo wir festgamacht haben und ruft sechzig Euro auf.

Ächz! Ist das jetzt noch teurer geworden?.

Elke fragt nochmal nach, sie wüsste von siebenundvierzig Euro.....

Stimmt, sagt der junge Mann, aber wir haben eine große Box gewählt, die kosten sechzig.

Aha! Wir verholen uns an einen anderen Platz, den wir auf dem Rückweg zum Boot sehen, und der auch nicht so weit von den Toiletten entfernt ist. 

Gegenüber liegt ein Megayacht. Scheint einer sehr wohlhabenden Familie zu gehören. 

Das Ding ist bestimmt so groß wie unser Haus.

Einen Garten gibt es allerdings nicht.

Wir rätseln immer, wie solche Schiffe genutzt werden?

Da wird es einen angestellten Skipper, Koch, usw. geben. Wahrscheinlich wird das Schiff an den Wunschort gefahren und man fliegt hinterher, um dann wieder an Bord zu gehen.

Und dann steht man im Hafen herum.

Da haben wir es doch viel besser, wir fahren wohin wir wollen oder wohin der Wind uns hinbringt.

Abends gehen wir noch in die Sauna, einfach weil es bezahlt ist!

Die Damen haben ein Panoramafenster mit Blick auf die Schären.

Bei den Herren ist es einfacher. 

Mein Saunagang ist daher dieses mal kurz. 

In Kärdla waren immer interessante Unterhaltungen. Irgendwie waren wir da ja auch schon 2 Wochen zu Hause, da fühlt sich so ein Ort schon anders an.

Die beiden Finnen, die außer mir schwitzen, unterhalten sich nur unter sich.



Distanz: 56 sm



25.Juli2022

Auf in die Schären


Unsere Etappe für heute ist nicht sehr weit, etwa 16 Meilen bis Lilla und Stora Krokön. Eine Empfehlung von Mikko. 

Darum können wir ausschlafen. Wir sind noch etwas müde von der längeren Überfahrt gestern und wollen noch kurz in das Buchgeschäft um „The great harbour book“ zu kaufen. 

Ein toller Hafenführer für 65 Euro, der uns noch sehr gute Dienste im Turku-Archipel leisten wird.

Turku ist etwas ambilvalent.

Ein bisschen Seebad-Charme am Wasser aber in der Stadt eher grau. So ist jedenfalls unser Eindruck die Fußgängerzone ist von überaus schlichten Häusern im Plattenbau-Stil geprägt.

Mit unserer Beute geht es zurück an Bord. Es ist tolles Wetter und mit einem etwas erhöhten Puls verlassen wir den Hafen.

Jetzt geht die Schärenseglerei los.

Auf der Seekarte wimmelt es von Fahrwasser- und Kardinaltonnen.

Die einen markieren rot und grün die seitlichen Begrenzungen des Wasserweges, die anderen warnen vor den Untiefen und markieren so den befahrbaren Bereich.

Der erste Eindruck: Die stehen überall und welche gehören jetzt zu welchem Weg?

Wir wollen uns strik an die empfohlenen Wege, die mit dünner lila Linie auf der Seekarte zu erkennen sind, halten.

Notfalls folgen wir einem Schiff, von dem wir glauben es kennt sich aus, sage ich. 

Elke hat die Seekarte und hakt mit Bleistift die Markierungen ab. 

Bei den größeren Zeichen, merken wir, dass die auf der Karte ganz anders aussehen.

Ich bin wirklich angespannt. 

Wir verfolgen den Kurs gleichzeitig auf dem Plotter, einem Tablet und einem Smartphone, so dass man mit verschiedenen Vergrößerungen arbeiten kann.

Das klappt ganz gut.

Am frühen Nachmittag geht es in die Bucht von Lilla Krokön. Wir verlassen das Fahrwasser und müssen in unbekanntes Gebiet. 

Auf Navionics sind keine brauchbaren Tiefenangaben zu sehen. 

Auf dem Plotter sagt C-Maps uns einige Details, nach denen wir uns orientieren können.

Wir fahren nicht ganz bis ans Ende der Bucht und lassen den Anker fallen.

Es war aufregend sich zwischen den Steinen und Untiefen hindurchzuschlängeln. Äußerst langsam tasten wir uns vor.

In dieser Bucht befindet sich noch eine Steganlage eines finnischen Segleklubs. Kein einziges Boot liegt dort. 

Was für eine Verschwendung. Ein Sommerhaus mit einem recht großen älteren Segelboot liegt rechts am Ende.

Links befinden sich Felsen, an denen sich etwas später noch ein paar Finnen mit ihren Booten festmachen.

Wir gehen schwimmen, das Wasser ist erfrischend. Noch gibt es wenige Quallen.

Es ist gar nicht so leicht, sich selbst auf die flacheren Felsen zu ziehen als wir das Ufer erreicht haben.

Bevor uns aber zu kalt wird, schwimmen wir wieder zurück. 

Dann machen wir das Dinghi klar und rudern an Land, denn Mikko hatte uns von einer Besonderheit erzählt, die es zu entdecken gibt. 

Was es genau ist, sollen wir selbst herausfinden.

Einem Trampelpfad folgen wir in den Wald auf eine Anhöhe.

Mitten in der Lichtung befindet sich ein mächtiges Geschütz! Es ist ein Relikt aus dem kalten Krieg. 

Vielleicht ist es sogar noch einsatzbereit. An der Tür zum Zugang befindet sich ein nagelneues Schloss.

Also wird hier regelmäßig nachgesehen.



Je länger wir unterwegs sind und Wissenswertes über die Inselwelt erfahren, um so häufiger erfahren wir über die strategische Bedeutung.

Einige Wasserwege sind bis heute aus militärischen Gründen gar nicht, oder mit inkorrekten Tiefen in der Karte angegeben.



Wir schlagen uns derweil weiter durch das Unterholz von Lilla Krokön und schaffen es auf Wildtierpfaden einmal um die Insel. Elke sieht einen Dachs und ich sehe noch ein Reh fortspringen. Es gibt also noch andere Bewohner hier.



Distanz: 18 sm



26. Juli 2022


Es ist windig. Richtig windig und uns macht es nichts aus, noch einen Tag hier an Bord zu verbringen. 

Eigentlich genießen wir es richtig, schlechtes Wetter am sicheren Anker auszusitzen. 

Wir machne dann die Sachen, die wir sonst nicht hinbekommen: Sauber machen, was Aufwändigeres Kochen, Reiseplanung, Blog schreiben und Videos schneiden.



27. Juli 2022

Schärenankern auf Klobbarna


Nur etwa acht Meilen ist unser nächstes Ziel entfernt. Eine kleine Bucht, die sich hervorragend eignet mit dem Bug am Fels anzulegen.

Wir sind nicht feige und wollen das schließlich mal ausprobieren.

Allerdings brechen wir uns richtig Einen ab!

So dicht mit dem Boot ans Ufer fahren, einfach so, traue ich mich noch nicht.

Also lassen wir erstmal um 10.30 Uhr den Buganker in der Mitte der Bucht fallen und bringen den Heckanker mit dem Dinghi weg.

Bugleinen werden ebenso an Land gerudert. Wir haben dazu alle Festmacherleinen aneinandergeknotet.

Wir schaffen es mit viel Mühe, das Boot zum Felsen zu ziehen. 

Der Wind weht von der Seite und wir haben den Heckanker nicht weit genug in Luv ausgebracht. 

Das Boot droht ständig zur Seite wegzutreiben oder vorne mit dem Ankergeschirr an den Felsen zu stoßen.

Immerhin haben wir bei dieser Quälerei viel gelernt, was wir beim nächsten Mal besser machen wollen.

Der Wind soll noch zunehmen und drehen. So fühlen wir uns nicht sicher. 

Nach einer Erbsensuppe, die wir als Stärkung dringend brauchen, fassen wir einen Entschluss.

Wir gehen in den zwei Meilen entfernten Hafen Kasnäs.

Eine halbe Stunde besprechen wir, wie wir hier wieder unbeschadet rauskommen. Inzwischen halten uns insgesamt vier Leinen und ein Heckanker, den wir schließlich auch wieder an Bord zerren müssen.

Warum die Finnen, wenn überhaupt nur kurze Kettenenden an ihrem Heckanker haben, wird mir beim Aufholen direkt klar. 

Zur Sicherheit hatte ich acht Meter Kette zwischen Ankerleine und dem 10 kg Delta Anker geschäkelt.



Als der Anker endlich an Bord liegt, ist das kompletter Achterschiff inkl. Crew mit Schlamm eingesaut.



Das hat jetzt nicht so richtig Spaß gemacht.



Ziemlich fertig laufen wir in Kasnäs ein und verschmähen die kostenlose Sauna.

Ein paar Sachen holen wir uns in dem kleinen Supermarkt.

Das war´s für heute.

Zur Belohnung sehen wir uns das Fußballspiel Deutschland-Frankreich der Damen an. 

Sehr spannend und ein Sieg dazu.



28.Juli 2022

Desert Island, eine Schäre für uns ganz alleine.


Wir haben das „Great Habour Book“ studiert und die Seekarten. 

Es wir nordwestlichen Wind geben. Daher suchen wir eine Bucht, die nach Süden oder Südosten offen ist und so Wind- und Wellenschutz bietet.

Dabei ist uns ein hufeisenförmiges Eiland aufgefallen.

Groß genug, um dort mit Buganker genügend Platz für reichlich Kette zu haben.

Sieht sehr gut aus, aber laut Seekarte nicht anlaufbar, praktisch Null Wassertiefe.

Das Hafenbuch sagt etwas anderes. Um 4 Meter Wassertiefe findet man dort.

Okay, der Puls steigt mal wieder. Aber verdammt, wenn es in der Hafenbibel steht, muss es irgendwie gehen.

Im Schneckentempo fahren wir zwischen den Steinen durch. Die Seekarte sagt, hier ist weniger als 1,5 oder 1 Meter.

So dass ich jederzeit aufstoppen kann, tasten wir uns vor. 

Wir folgen dem Weg aus dem Hafenbuch. Dort wo auf der Karte die Flachwasserzone beginnt, habe ich noch 16 Meter auf dem Tiefenmesser. 

Vorsichtig geht es weiter. 

Die Sommerhäuser auf den benachbarten Inseln beeindrucken. Aber dafür ist kein Blick übrig.

Als wir in der Bucht stehen, hatte ich nirgends weniger als 10 Meter Wasser unter dem Kiel. 

Das heißt natürlich nicht, dass es immer so ist.

Die fehlenden Angaben sind sicher auch ein Grund, warum wir hier zwei Tage völlig alleine und ungestört verbringen können.

Idylle pur! Viel zu sehen gibt es auf der Insel nicht.

Wir nehmen unsere gesamte Grill-Ausrüstung mit an Land und machen auf dem fast ebenen Gesteinsplateau mit Blick auf unsere Yggdrasil ein wunderbares Barbeque.

Das ist mal wieder so ein perfekter Moment, an dem nichts Besser sein kann.



30. Juli 2022

Bodö und Anholmsfladan


heißt so viel wie das Flach zwischen Bodö und Anholm. Es ist groß genug zum Ankern und zunächst lassen wir etwas seitlich an einer Ausbuchtung den sechzehn Kilo schweren Buganker fallen.

Hier ist es noch über 5 Meter tief. Eigentlich würde ich hier mindesten 20 Meter Kette auslaufen lassen. Bei mehr wird es beim Schwojen aber eng zum Ufer.

Nicht optimal. Aber es ist ja windgeschützt und damit sind keine so großen Kräfte auf dem Grundeisen.

Wir hüpfen ins Gummiboot und checken die Insel aus.

Ein netter Vereinshafen am Ende der Bucht, mal wieder unbesucht und ein älterer Trimaran, der an der linken Seite am Fels festgemacht hat.

Also nicht gerade überlaufen hier. 

Die Landschaften der einzelnen Inselchen unterscheiden sich zum Teil erheblich. 

Wir finden den Trampelpfad zum Vereinshafen und versuchen den Weg zur Marina auf der anderen Seite der Insel zu finden. 

Wir verheddern uns aber komplett im Unterholz.

Als wir gerade aufgeben wollen, entdecken wir einen gut ausgetretenen Pfad. Mein Handy sagt, dass wir auch nicht mehr weit haben. 
Nur die Richtung kann das China-Modell nicht richtig anzeigen.

Glücklicherweise habe ich einen ziemlich unfehlbaren Orientierungssinn und entscheide nach links zu gehen.

Nach zehn Minuten Weg, sehe ich auch schon ein Schiff. 

Leider nicht in der Marina, sondern unser eigenes. 

Wir sind also wieder zügig an unserem Ausgangspunkt gelandet.

Da nagt die Frage, ob mir das früher auch passiert wäre?

Zurück auf dem Boot merken wir , dass der Wind sich beruhigt hat. 
Wir stehen direkt neben einem Felsen, der gute Voraussetzungen zum Festmachen bietet.

Einige Bäume in der Nähe sind in Leinenreichweite.

Die Wassertiefe ist nicht ganz klar.

Wir werden es wagen. 

Vorsichtig fahren wir an den Felsen. Elke ist vorne und sagt mir, wann ich dicht genug heran bin, dass sie es von Bord schafft.

Bei unserem hohen und steilen Vorschiff ist das eine echte Herausforderung. 

Die Finnen haben dafür ausziehbare Leitern am Bug.

Elke balanciert auf einem Step-Fender, der vorne angebunden ist.

Nach zwei Versuchen schaffen wir es, die passende Stelle zu finden.

 

Zufrieden sind wir, und stolz, etwas Neues gelernt zu haben.


Schlicht: Fußgängerzone in Hanko

300 Liegeplätze:
Hanko Marina

An der Schäre gebaut: Marina Hanko

Geschafft und felsenfest

Sanitär ohne fließend Wasser Bodö Marina

Am Bluetrail

Eine von einigen Schlangen auf Sommerö

Jurassic World auf Sommarö

Hiersind wir ganz alleine

Erstaunliche Sommerhäuser auf den Felsen

Der erste Versuch war noch mühsam

Zufreidener Skipper

 

31. Juli 2022 



Die Bucht ist sehr geschützt gegen den Wind. Wir bekommen überhaupt nicht mit, wie um die Insel der Wind fegt. 

Wir hatten ja gestern den „blauen Pfad“ entdeckt (er ist mit blauen Brettchen an den Bäumen markiert), jetzt wollen wir wissen, wo er hinführt. 

Er schlängelt sich durch Felsen und Wald. Blaubeerbüsche, Farn, Heide und Wachholder, je nachdem ob man sich höher, auf den blanken Felsen oder dazwischen im feuchten Unterholz befindet. 

Steine mit aufgemalten Gesichtern finden wir plötzlich überall und eine Nestschaukel zwischen zwei Bäumen. 
Danach ein Netz aus Hanfseilen um darin herumzuklettern. 

Weitere Stationen, die für Kinder gedacht sind, folgen. 

Dann sehen wir den kleinen Yachthafen auf der Nordseite. 

Es gibt hier ein kleines Lokal, „guesharbour of the year 2019“ lesen wir. 

Es ist wirklich nett hier. 

Man kann selbst hergestellte Hamburger, aber auch Pizza und andere Gerichte bekommen. 

In einem Raum neben dem Imbiss ist ein Lädchen. Dort bekommt der Segler zum Beispiel Milch, Bier oder Grillsachen oder T-Shirts mit dem Bodö-Logo der Insel. 

Wir hoffen, hier etwas von unserem Trinkwasser aufstocken zu können. Im Rucksack sind vier leere 1,5 Liter Wasserflaschen, die wir immer wieder nachfüllen. 

Unser Beitrag gegen den Plastikmüll. 

Uns will es einfach nicht mehr in den Kopf gehen, warum Trinkwasser, das überall fast zum Nulltarif aus dem Wasserhahn kommt, mit Lastwagen durch Europa gekarrt wird. 

Damit man aus einer Flasche mit einem besonders ansprechenden Etikett trinken kann, erscheint uns kein ausreichender Grund. 

Dass das Flaschenwasser hochwertiger oder gesünder als Leitungswasser ist, wurde schon vielfach widerlegt. 

Wie wertvoll Trinkwasser ist, merkt man tatsächlich auf diesen kleinen Inseln, die wir besuchen. 

Toiletten mit Wasserspülung gibt es in der Regel nicht. 

Man findet Herzhäusschen mit integriertem Kompostwerk. Die Technik ist optisch nicht ansprechend, aber es ist so ausgereift, dass es in den Häuschen nicht stinkt. 

Hin und wieder muss „ausgemistet“ werden. 

Abwasser, auch bei den Sommerhäusern auf den Inselchen wird in großen Tanks gesammelt. 

Das Entsorgungsschiff pumpt hin und wieder ab. 

Kanalisation kann es bei den hunderten Inseln nicht geben. 

Und natürlich Leitungswasser auch nicht. 

Oft wird Wasser aus Brunnen gewonnen, die Qualität ist in der Regel nicht nachgewiesen, es wird geraten damit vorsichtig zu sein. 

Einen Wasserhahn, an dem wir mal eben unsere Flaschen auffüllen können gibt es hier nicht. 

Neben den Toilettenhäuschen kann man sich die Hände an einem hübsch aufgebauten Freiland Waschtisch waschen. Ein Fässchen mit Wasserhahn dient dazu. 

Hieran füllen wir ein paar Flaschen. 

Das Wasser besteht den Geschmackstest. Allerdings kommen wir uns schon etwas seltsam vor. 

Damit wir uns nicht wie Nassauer fühlen, kaufen wir uns noch cornettoaritiges Eis für vier Euro das Stück. 



1. August 2022 



Ein Überraschungskonzert zum Hochzeitstag 



Die Winde sind wechselhaft und immer wieder etwas über unserem Limit. Heute geht es mal, und wir haben lange überlegt, in welche Richtung wir fahren. 

Irgendwann wollen wir weiter in die Ålands und wollen uns daher nicht zu sehr entfernen. 
Aber um jetzt noch weiter nach Westen in Richtung des Zwischenziels zu fahren, ist es noch zu früh. 

Ein wenig Zeit wollen wir im Turku-Archipel noch verbringen es gibt noch Einiges zu entdecken. 

Jurmo ist so ein Juwel, das als besonders schön, an vielen Stelle erwähnt wird. 

Bereits gegen 14.00 Uhr kommen wir dort an. 

Das ging mal wieder schneller als gedacht, und wir sind nicht gerade überstürzt losgefahren. 

Gerade mal 11 Meilen und der Wind kam kräftiger als erwartet. 

Mit über sechs Knoten zischen wir teilweise durch die Fairways. 

Das macht Spaß, beunruhigt aber auch, wenn wir sehen, dass wir auch mal mit mehr Wind klarkommen müssen. 

Es sind schon einige Boote an den Stegen und wir finden eine freie Heckboje. 

Beim zweiten Versuch erwischt Elke mit dem Bojenhaken die Runde Öse und übergibt mir die Leine, um auf dem Vorschiff die Bugleinen an den Steg zu bekommen, auf den ich jetzt langsam zufahre. 

Wir bekommen Hilfe, was prima ist, denn es ist schwierig vom hohen Schiffsbug auf den sehr niedrigen Steg zu kommen. 

Jurmo unterscheidet sich komplett von den anderen Inseln, die wir bisher gesehen haben. 

Eine etwas älteres Ehepaar von gegenüber, gibt uns auch gleich Geschichtsunterricht zu ihrer Lieblingsinsel: 

Die Bewohner lebten neben dem Fischfang auch von der Strandräuberei und führten mit falschen Leuchtfeuern Boote auf die steinige Küste um sie auszurauben. 

An den Schiffbrüchigen hatten sie kein Interesse. 

Sie hatten wohl keine großen Überlebensschancen. 

Viele Handelsschiffe vor allem aus Schweden fielen dieser Freibeuterei zum Opfer. 

Als dem schwedischen König das zu dumm wurde, entsandte er Truppen, die alles auf der Insel kurzerhand niederbrannten. 

Ergebnis sind weite Heideflächen, und nackte Felsen. 

Etwas Kiefernwald ist wieder in der Nähe der kleinen Siedlung entstanden. 



Nachdem wir uns mit frisch geräuchertem noch warmem Fisch und Streichkäse bei dem Café-Shop-Hafenkontor versorgt haben, macht ein kleineres Boot neben uns fest. 

Der Nachbar und seine 2 Mitsegler laden uns zum Konzert in die kleine Kirche ein. 

Sie sind zu sechst und ein Chor. 

Tatsächlich kommen noch drei weitere junge Männer aus dem Boot zum Vorschein. Wie machen die das bloß? 

Wir sind fast verlegen in unserem Raumschiff zu zweit leben zu können. 

Etwas deutsch können einige und einer lebt inzwischen bei Augsburg mit Familie. 


Das Konzert wollen wir uns nicht entgehen lassen, und wir drängen uns in die nicht ganz voll besetzte Kirche. 

Etwa dreißig Menschen hören mit uns zusammen eine wunderbare, wenn auch etwas kurze A Capella Vorstellung des Fragrancia Quartetts. 

Wir verstehen zwar den Text nicht, aber die Jungs sind gut und können richtig singen. 

So bekommt unser Hochzeitstag einen unerwarteten Höhepunkt. 

Zusätzlich zu unserer Geldspende, die sie nicht für sich, sondern für die Erhaltung der Insel-Infrastruktur sammeln, stellen wir vor dem Schlafengehen noch sechs Bierdosen in ihr Cockpit. 

Eigentlich wollten wir die zusammen trinken, aber da die Jungs erst spät von Essen und Sauna zurückkommen lösen wir das mal so. 

Sie haben sich trotzdem gefreut und bedanken sich am nächsten Morgen. 



2. August 2022 

Welches Berghamn hätten´s denn gerne?


Der nächste Lieblingsspot heißt Berghamn. Davon haben wir gleich zwei auf der Karte gefunden. 

Wieder eine Empfehlung von Mikko. 

Beim Ablegen verklemmt sich das Dinghi zwischen Boot und Boje und wir rammen fast unser Nachbarboot. Alles geht beim zweiten Mal gut. 

Ich lasse mich verleiten, den Kurs noch einmal auf das andere Berghamn, was weiter westlich im Norden liegt, zu setzen, denn der Wind scheint zu passen. 

Nach einer knappen Stunde müssen wir umdisponieren und unser ursprüngliches Ziel wieder ins Visier nehmen. 

Der Wind hatte sich wie vorhergesagt auf Nordwest gedreht. 

Und so brausen wir teilweise hoch am Wind, teilweise mit halbem Wind auf unser Ziel zu. 

Die Zufahrt ist mit Untiefentonnen gespickt. 

Wir machen die Maschine vorher an und fahren durch ein kurzes Geschlängel. 

Mann, ist das schön hier! 

Wir sehen einen Steg mit Bojen, kein anderes Boot. 

Wie cool, ganz allein im Hafen! Das verspricht echtes Relaxen. 

Als wir das Boot fest haben, fällt uns auf, dass wir in einem Fischschwarm stehen. 

Es wimmelt von Heringen oder Sprotten um unser Boot. Unfassbar. Das ist verrückt. 

Dergleichen haben wir noch nie erlebt. 

In einem kleinen Schuppen ist ein SB-Laden. 

Es gibt eigentlich Alles was man braucht. 

Sogar eine Tiefkühltruhe mit Eis. 

Motoröl, Batteriesäure, Hausschuhe im Chucks Look, leider nur bis Größe 37. 

Drogerieartikel, und alles an Grundlebensmitteln sind vorhanden. 

Bezahlt wird mit Mobile-Pay oder Bar in eine offene Geldkassette. 

Die Hafengebühr steckt man in eine Spardose, die außen am Shop hängt. 

Duschen gibt es keine, das bekannte Plumpsklo steht etwas entfernt neben dem Fähranleger. 

Es kommen nach und nach noch andere Boote. 

Natürlich alles Finnen. 

Wir checken die Insel aus. Auf der gegenüber liegenden Seite gibt es einen kleinen Hafen wo auch eine Fähre anlegen soll. 

Es gibt dort ein Haus und im Garten stehen viele Zelte. Auf dem Wasser sehen wir noch ein paar Motorboote, gefüllt mit Kindern, die sich bald entfernen. 

Ein Ferienlager? 

In zwei Bootsschuppen ist eine interessante Ausstellung zur Geschichte des Fischfangs und zu Fischfangtechniken untergebracht. Die sehen wir uns natürlich an. 

Als wir wieder am Hafen sind, ist es voll geworden. 

Am Ende drängen sich um zehn Boote an dem kleinen Anleger. 

Also nicht so idyllisch, wie gedacht. 

Es gibt noch mehr Segler, die es hier schön finden. 



3. August2022 


Morgens schwimmen. Es ist ganz schön frisch! 
Elke lässt es sich nicht nehmen mit der Yogamatte auf den Felsen oberhalb des Hafens zu gehen und etwas für ihre Gesundheit zu tun.

Wir wollen den starken Wind heute hier abwettern. 
Einen Naturtrail soll es hier geben. Hinter dem Schild ist aber kein Pfad mehr zu finden. 

Irgendwie schlagen wir uns bis zum höchsten Punkt der Insel durch. 

Ein toller Blick und ein Picknick entschädigen für die Mühsal und Mückenstiche. 

Hinab finden wir einfacher. 

Trotzdem latschen wir quer über die Kuhwiese, denn es gibt keinen Weg. 

Elke hat Respekt vor den Wiederkäuern und hält sich tapfer hinter mir. 

Den Nachmittag verbringen wir mit der Planung für Morgen und mit Schreiben. 

Internet bekommen wir nur, indem wir ein Handy, das einen mobilen Wlan-Hotspot zur Verfügung stellt, zusammen mit einer Powerbank in eine Stofftasche stecken und mit dem Spinnakerfall hoch in den Mast ziehen. 

Life-Hack des Tages! 

Spitze auf Berghamn bezwungen

Steil geht es bergan

Schwimmende Sauna auf Bodö

Schöner geht es nicht.

Berghamn

Berghamn

Fragrancia Quartett

 

4. August 2022 

Beghamn nach Birsskär 


Nach zwei Hafentagen steht uns der Wunsch nach Abgeschiedenheit. Na ja, Bergahmn war jetzt auch nicht gerade die Metropole. 

Aber es hat für uns nach wie vor einen besonderen Reiz ganz allein in der Natur zu sein. 

Eine solche Möglichkeit bietet die Insel Birsskär. 

Die Distanz ist überschaubar kurz und wir sind nach etwa zwei Stunden schon dort. Gründlich studieren wir das Ufer und finden Ösen, die im Fels verankert sind. 

Wir testen verschiedene Stellen und entscheiden uns für eine Stelle, die uns geeignet erscheint. 

Eine Vorleine machen wir an der Öse fest, eine andere lange Leine wird zu einem Baum gespannt. 

Der Heckanker liegt gut und hält. 

Es gibt einen Mittagssnack und Kaffee, dann wollen wir gucken, was es hier so gibt. 

Ein Grillplatz wurde in der Nähe des Ufers für Besucher eingerichtet. 

In einem Unterstand stehen sogar Holzscheite für Lagerfeuer und Grillen bereit. Wie cool! Einfach so zum Benutzen. 

Hinweisschilder ermahnen zum sinnvollen und sparsamen Gebrauch. Das scheint hier wirklich zu funktionieren. 

Eine Brücke zur Nachbarinsel ist in der Karte zu sehen gewesen. 

Wir wollen natürlich herausfinden, was es damit auf sich hat. 

Nachdem wir die Insel einmal überquert oder besser uns durch die Heide gearbeitet haben, stehen wir am anderen Ufer. Aber von der Brücke ist nichts zu sehen. 

Am Ufer entlang, ist es über die Felsen einigermaßen gut zu kraxeln. 

Dann finden wir gleich zwei Brücken. 

Die eine ist auf Holzpfählen errichtet und hat sogar ein Geländer, ist aber gesperrt und sieht schon arg windschief aus. 

Die Andere schwimmt auf kleinen Pontons und kann noch nicht alt sein, das Holz auf dem der Weg läuft, leuchtet noch golden. 

Also hinüber! Wir sehen ein Häuschen ziemlich weit oben. 

Was ist das denn? 

Die Tür ist offen. Wir kommen in einen Vorraum. Eine Bilderausstellung zur Natur in der Gegend hängt an der Wand. 

In der Ecke ein kleiner Wandschrank. Neugierig sehe ich rein. 

Petroleumlampen, ein Kanister mit Lampenöl und anderer Kram. 

Kann man ebenso einfach benutzen! 

Die Tür zum Nachbarraum ist auch offen. Kann das sein? Wir sind in einer Art Wohnzimmer. 

Ein gusseiserner Ofen, daneben Brennholz. Ein großer Tisch und Bänke. Ein Schrank mit Besteck und Geschirr steht in der Ecke. Auch Spiele sind da. Gegenüber ist ein Etagendoppelbett. 

Auf dem Tisch liegt ein dicker Ordner. 

In mehreren Sprachen, darunter Englisch wird erklärt, wie man sich zu verhalten hat. 



Diese Hütte ist tatsächlich zur freien Verfügung für jeden Reisenden, vorzugsweise Wanderer auf dem Wasser. 

Bis zu vier Personen sollen dort Unterschlupf finden. Einvernehmlich geht natürlich auch mehr. 



Toll, dass es hier so etwas gibt. 

Das ist ja noch mal eine Steigerung zu den kostenlosen Campingplätzen in Estland. 

Wenn man sieht, wie in Deutschland mit öffentlichem Eigentum umgegangen wird, ist das einfach erstaunlich. 

Wir erwandern noch den Naturpfad, dem aber nur schwer zu folgen ist. 

Wir verlieren ihn öfters aber kehren dann erfolgreich wieder zu unserem schwimmenden Zuhause zurück. 

Ein anderes Boot ist noch eingetroffen. 

Wir helfen beim Anlegen. 

Sie haben etwas Schwierigkeiten mit der Wassertiefe, obwohl sie ein kleineres Boot haben. 



Ich hatte an unserem Platz noch einen Tauchgang vorgenommen. 

Einen Meter rechts vom Bug lag ein fetter Stein unter Wasser. Das war knapp, aber so wie wir uns festgemacht haben, besteht keine Gefahr auf einen unangenehmen Kontakt. 



Eigentlich hatten wir gedacht, den Wind der nächsten Tage hier zu überstehen, aber die Bucht ist nicht gut genug geschützt. 

Wir erwarten 23 Knoten Wind. Böen um 30 Knoten 

Zur Erklärung: Bis 15 Knoten Wind können wir gerade noch ganz gut segeln ohne die Segelfläche zu verkleinern. Dann pustet es schon ziemlich. 

Eine Verdoppelung der Windgeschwindigkeit bedeutet eine Vervierfachung der Kraft des Windes! 



Wir müssen am nächsten Tag einen Ort finden, wo wir unser Schiff vor dem Wind schützen können. 

Viel Zeit verbringen wir mit der Suche. Der Ort soll irgendwie in unseren Reiseplan passen. 

Österskär soll eine tolle Atmosphäre haben und am Hafen eine geniale kleine Holzsauna, die von dem alten Hafenmeister dann angefeuert wird. 



Der Hafen bietet Schutz vor den meisten Winden. 



05. August 2022 

Hallooo, ist hier jemand?


Eigentlich hatten wir gedacht, dass wir gegen den Wind anmotoren müssen. 

Aber erstaunlicherweise können wir fast die gesamte Strecke segeln. Hart am Wind kommen wir sehr gut voran. 

Wir haben Glück und erwischen die einzige Anlegeboje am Steg. Es ist außer uns niemand hier. 

Es ist wirklich niemand hier. Gar niemand! Auch kein Hafenmeister, keine Einwohner! 

Wir sind auf einer Geisterinsel! 

Die vielgelobte Sauna ist gleich neben einem Bootschuppen und nur 30 Meter vom Boot weg. 

Es gibt aber niemanden, der sie uns öffnet. Wir hätten sie auch selbst anheizen können. 

Das ist schon schade. 

Auf der Insel gibt es noch die Marina eines Segelvereins, der dafür bekannt ist, dass er auf gar keinen Fall andere Gäste als die eigenen Mitglieder aufnimmt. 

Dort hat noch ein anderes Boot festgemacht. Die Segler erzählen uns, dass die alten Leutchen, die die Sauna beaufsichtigt hatten, letztes Jahr aus Altersgründen aufgehört haben, und nicht mehr auf der Insel sind. 

Einige Häuser sind verfallen. Es ist interessant trotzdem mal zu gucken, was dort noch so zu finden ist. 

Schätze sind es nicht. Alte Bettgestelle, Küchenofen, Keramik, aber auch ein zerfallener Pferdeschlitten. Na ja, die Neugier muss gestillt werden. 

An jedem Grundstück befinden sich Wasserpumpen, die mit Handschwengel bedient werden müssen. 

Plumpstoiletten sind ebenfalls normal. 

Lediglich Strom und Mobiles Internet sind vorhanden. Mobiles Internet fast überall in 4G Qualität. Unsere SIM-Karte glüht jeden Abend beim Netflix gucken. Leider gibt es dort schon keine guten Filme mehr, die wir noch nicht gesehen haben. 

Nachts nimmt der Wind immer mehr zu und es gibt hässliche Geräusche. Um drei Uhr morgens stehen wir auf, Spannen die Heckleine stärker, denn wir sind mit der Bootsnase ganz dicht am Steg. Zusätzlich spannen wir seitlich eine Leine, da der Wind sehr stark von Steuerbord kommt. 



06. August 2022 

Bange Stunden in Österskär


Was uns beunruhigt, ist der Wind, der immer stärker wird und wütend an unserem Schiff zerrt. Die Leinen vom Boot zum Steg rucken übel. Gewaltige Kräfte sind auf den Klampen, wenn sieben Tonnen Schiff so plötzlich von der Leine gebremst werden. 

Schlimmer fühlt sich noch die hintere Leine an, die die Heckboje auf Spannung hält und so verhindert, dass das Boot vorne mit dem Bug auf den Steg gedrückt wird. 

Da ist so viel Zug drauf, dass die Boje schon einen halben Meter unter Wasser gezogen ist. Normalerweise sollte sie nur ein bisschen schräg stehen, was dann ausreichend ist, damit der Bug nicht an den Steg stößt. 

In dem verlassenen Hafen mache ich mir Sorgen: Ist das Bojengewicht ausreichend, dass es uns hält? In welchem Zustand ist die Kette, mit der die Boje am Gewicht hängt? 

Es gab sicher einen Grund, warum die andere Boje, die laut Hafenhandbuch vorhanden hätte sein müssen, nicht mehr da ist. 

Yggdrasil ist einige Male schon mit der Nase an die hölzerne Pier gestoßen und ich hatte mit der Winch die Heckbojenleine weiter gespannt. 

Kann es sein, dass das Grundgewicht der Boje schon gerutscht ist? 

Um mehr Sicherheit zu bekommen, legen wir den Heckanker ins Dinghi und ich fahre etwa 30 Meter vom Steg weg, wo ich den Anker fallen lasse. 

Die Leine wird dann über die andere Winch gespannt. 

Er hält und es kommt ordentlich Spannung auf das dünne Seil. 

Damit fühlen wir uns beruhigt. 

Der Wind hört sich unter Deck furchtbar bedrohlich an. An Deck ist es nicht besser. 

Ich bekomme keine Ruhe. Was mach´ich bloß, wenn die Boje nicht hält? Der Anker ist nicht stark genug. 

Ich kontrolliere immer wieder. 

Schon wieder ist das Boot dichter am Steg, als es sollte. Es drückt sich mit dem Bugfender gegen das Holz. 

Ich überlege: Ist das schlimm? Dann drückt es eben. Der Bug ist ja stabil. Wenn man seitlich am Steg liegt, drückt die Bordwand auch kräftig an die Fender. 

Nein, das soll so nicht sein. Noch mehr Zug auf die Heckleine geben? Ich stelle fest, dass auf der Leine vom Heckanker kaum noch Spannung ist. Der Anker hält nicht mehr! 

Der Wind dreht immer mehr und bläst schon fast direkt in die Hafenbucht. Das einzige, was zu erwarten ist, ist, dass es gleich noch schlimmer wird. 

Vier Leinen haben wir noch zur seitlichen Stabilisierung an verschiedenen Punkten festgemacht. 

Wir überlegen, was wir machen können. 

Eigentlich wollten wir nicht seitlich an der Pier vom Fähranleger, der sich zehn Meter von unserm Platz entfernt befindet, festmachen. 

LKW-Reifen „schützen“ Boote, die dort festmachen müssen. 

Das ist bei Eisenschiffen auch okay, aber bei glasfaserverstärkten polierten Yachtrümpfen nicht optimal. 

Nach einigem Überlegen haben wir einen Plan, wie wir mit Hilfe des Rückwärtsganges und mit Leinen das Schiff hinüberbugsieren können, ohne dass es uns auf Steine, oder Pier kracht. 

Eine Ewigkeit vergeht und jede Leine wird immer nur ein paar Zentimeter bewegt, bis das Boot dort steht, wo wir es haben wollen. 

Elke bedient die Leinen auf dem Schiff und ich lege die Leinen von einem Poller auf den anderen. 

Alles was polstert, ist jetzt zwischen Rumpf und den Reifen an der Pier. Es dauert noch mal eine Ewigkeit, bis wir alle Leinen so neu vertäut haben, dass die Fender auch dort bleiben, wo sie sollen und nicht wegflutschen. 

Der Puls sinkt endlich. 

Wir geben uns ein Hifive. Menschlichkeit kehrt zurück in meinen Körper. 

Jetzt traue ich mich wieder von Bord und an Essen kann ich auch wieder denken. 

Mit diesem Gefühl der Sicherheit sehen wir uns den Rest der Schäre an. 

Es ist so eine schöne Heidelandschaft, dass Elke meint, es sähe fast aus, als hätte man das angelegt und wir befinden uns in einem besondern Landschaftspark. 

Genau das hatte ich auch empfunden. 

Wir sehen uns noch die Anlage des Segelvereins an. Alles piekfein und bestens in Schuss. Clubhaus, Sauna, Grillplatz – alles Picobello. 

Das kostet sicher eine Kleinigkeit, so etwas in Stand zu halten. 

Da möchte man sicher die Exklusivität wahren und nicht jeden Gastsegler am Steg haben. 





07.August2022 

Weiter nach Kökär 


Einige Tage hatten wir jetzt ohne nennenswerte Versorgung zugebracht. In Sandvig soll es in Hafennähe eine Einkaufsmöglichkeit geben. 

Wasser muss auch nachgefüllt werden, das wir zum Waschen, Duschen, Trinken usw. benötigen. 

Zweihundertdreißig Liter haben wir an Bord und damit können wir auch zwei Wochen auskommen. 

Wir wollen es aber nur ungern darauf ankommen lassen und häufigerer Austausch ist auch besser für die Trinkqualität. 

Die Anfahrt ist nicht ganz leicht, etliche Untiefen müssen beachtet werden. 

Wir finden aber leicht einen Liegeplatz. Heckbojen zum Festmachen sind nichts Besonderes mehr und sogar viel einfacher zu handhaben als das Anlegen mit Dalben, wie wir es in der westlichen Ostsee gewohnt sind. 

Seltsamerweise bekomme ich überhaupt keinen Zug auf die Boje, denn damit stoppe ich das Boot auf, bevor es in den Steg einschlägt. 

Elke gibt mir wiederholt Stopsignale, ich kann gerade noch den Rückwärtsgang reindrücken. 

Die Boje mache ich erst einmal auf der Mittelklampe fest. 

Es war ein ganzer Bojenwust, an dem wir auf der Fahrt zum Steg vorbeikamen. Das hatte uns schon irritiert. 

Unser Nachbarlieger klärt letztlich auf, dass einige Bojen wohl für kleine Boote gedacht sind und längere Ketten zum Boden haben. 

Also steigt der Captain ins Beiboot und rudert mal los um den Missstand zu beheben. 

So kann es nicht bleiben, denn die Rote Kugel mit der Festmachöse würde dauernd gegen die Bootswand dotzen. 

Eine Leine zwischen den Zähnen rudere ich zu einer etwas größeren Boje, die für uns ausreichend sein sollte und verlege die Leine von der Boje zur Heckklampe. 

Spannung wird mit der Winsch aufgebaut. Jetzt sind wir zufrieden. 

Wir gehen zum Hafenbüro und stellen fest, dass die Einkaufsmöglichkeit auch dort untergebracht ist. 

Das hatten wir uns anders und vor allem größer vorgestellt. 

Mit Heißhunger auf Pizza waren wir schon seit Mittags unterwegs gewesen und wir hatten uns ausgemalt, eine TK-Pizza mit ordentlich Käse zu veredeln um sie im Bordofen einfach fertig zu backen. 

Solche profanes Essen gibt es hier aber nicht. Dafür ausgewähltes Gemüse, ganz viele Sorten Senf, Kettensägenöl und Nudeln plus ein paar Drogerieartikel. 

Etwas grummelig starten wir die Erkundung. Immerhin gibt es mal wieder Duschen und richtige Toiletten. 

Google ist sicher, dass die nächste Einkaufsmöglichkeit in 3,5 km Entfernung liegt. 

Entschlossen marschieren wir los. Ich hatte gestern noch einen Schlag in die Rückenmuskulatur bekommen. 

Nicht gut und gerade jetzt nicht zu gebrauchen, wenn ich jetzt auch noch ausfalle. 

Frage: Wir wollen allen Ernstes für eine TK-Pizza und ein paar andere Sachen sieben Kilometer zu Fuß latschen? Echt jetzt? 

Rechtzeitig nach einem Kilometer erkennen wir, dass das jetzt nicht die vernünftigste Idee aller Zeiten ist. 

Wir haben doch Alles an Bord! Mehl, Hefe, Salz, Käse, Wurst, Zwiebel. 

Also kehrt marsch! Wir gehen in die Hafenbutik, so heißt das hier und bezahlen fünfundzwanzig Euro Liegegeld und 4 Tomaten zu je 1,20 Euro, 4 Äpfel zu je 1,10 Euro, eine Gurke für 1,70 Euro, und „Meetwurst“ für um 4 Euro das 150g Päckchen. Uff! 

Das Angebot für 22 Euro ein Stunde in die Sauna zu gehen, lehnen wir ab. Uns ist durch das Bezahlen schon heiß geworden. 

Die Pizza an Bord wird aber mit diesen Zutaten richtig lecker und tausendmal besser als TK-Ware, die wohl auch nicht unter 4 Euro pro Stück gewesen wäre. 

Wir machen dann noch unseren Wassertank voll und laden die Batterien auf. 

Damit sind wir startklar für weitere Tage auf See. 



Allein in Österskär

Birsskär

Schärenyoga

Österskärs Sonnenuntergang

Verfallene Häuser in Österskär

Am Fels in Birsskär

 

8. August 2022 

Källskär eine eigenartige Insel 


Auf der Insel hat der Baron und Lebenskünstler Göran Åkerhielmin seit den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts gelebt und gewirkt. 

Davon zeugen ein schön angelegter Garten um sein Haus, die Hermesstatue, die eines der meistfotografiertesten Objekte der Region ist und hoch auf den Felsen über die See blickt. 

Mystische Steinkreise, und andere Objekte. 

Es gehören auch besondere Steinformationen zu dieser Insel, die man gesehen haben muss. 



Die Anfahrt ist wieder etwas speziell, denn hier gibt es auch keine Tiefenangaben und so tasten wir uns vorsichtig in die Bucht. 

Es soll hier Eisenringe geben, an denen man am Ufer festmachen kann. Wir entdecken lediglich einen in den Fels gebohrten Nagel. 

Die Stelle ist schwierig und steil, und ich bekomme den Heckanker erst nicht an die richtige Stelle und so treiben wir beim ersten Versuch bedrohlich dicht seitlich an die steilen Felsen heran. 

Ich muss schnell reagieren, damit ich noch zurückfahren kann. 

Abbruch! Rufe ich Elke zu, die schon mit der Leine auf dem Felsen steht. 

Ich hole Dich wieder ab! Lege den Rückwärtsgang ein und versuche Abstand zum Fels zu bekommen. 

Ich ziehe mich Richtung Heckanker und dann klatscht es laut. 

Elke im Wasser! 

Sie hatte versucht die Landleine zu lösen und auf das Boot zu werfen. Auf den steilen Felsen verlor sie das Gleichgewicht. 

Während ich am Heckanker beschäftigt bin, taucht Elke neben der Badeplattform auf. 

Sie hat die Landleine noch in der Hand. 

Schnell die Badeleiter aus der Backskiste holen. Es ist ohne Badeleiter selbst mit runter fgelassener Badeplattform und nassen Sachen nicht möglich sich auf das Schiff zu ziehen. 

Erstmal umziehen, dann machen wir einen neuen Versuch. 

Wir diskutieren, wie es zu dem Malheur kommen konnte und müssen lachen. Wir haben uns bei unseren Überlegungen, wie wir das misslungene Anlegen retten können, ziemlich missverstanden. 

Der Heckanker wird erneut an einer Stellen, die tiefer in der Bucht ist, gesetzt und die Stelle am Fels erneut angepeilt. 

Auf 80 Meter einen etwa 20 cm großen Metallstab im Auge zu behalten, ist nicht leicht. 

Wir finden ihn und jetzt bekommen wir das Boot sicher vertäut. 

An Land stelle auch ich fest, dass man den Felsen kaum hochkommt. Bei nassem Fels keine Chance hier hoch oder heile runter zu kommen. 

Was für eine blöde Anlegestelle. 

Nach einem Kaffee und ein paar Keksen gehen wir auf die Insel und sehen uns um. 

Direkt in der Bucht gibt es einen Steg, an dem man nicht festmachen darf. Privat! Auch sonst möchten wir nirgends eindringen, wo privat ist. Das galt auch für das Ufer. Aber jetzt sehen wir, dass die Ösen zum Festmachen direkt rechts neben dem Privatsteg sind. 

Damit hatten wir nicht gerechnet und dort auch nicht gesucht. 

Dort hätten wir uns nicht so schwer getan. 



Unsere Heckankerleine geht fast quer durch die Bucht, dieses Mal wollte ich sie nicht so kurz legen. Denn je länger, desto sicherer. Klingt vielleicht komisch, ist aber so. 



Nebeneffekt: Jetzt haben wir Sorge, dass uns ein anderes Boot in die Leine fährt. 



An Land sehen wir als erstes große Steinkreise bzw. Spiralen auf einer großen und ebenen Felsfläche. 

Man findet sie auf verschiedenen Inseln, wie alt sie sind und welche Bedeutung ihnen zukommt ist nicht bekannt. 

Einige sind ganz sicher nicht prähistorisch. Das sieht man gleich. Herzchen und Buchstaben oder Blumen. 



Dann kommen wir auf einen Trampelpfad, der auf einen Holzsteg führt, der eng an den Fels gebaut ist. Teilweise überquert er Geröllfelder aus buntem Granitkiesel. 

Auf einer Klippe im Westen finden wir die bekannte Hermesfigur. Nicht gerade einfallsreich posieren wir daneben für Fotos und versuchen die erstarrte Haltung des Götterboten zu imitieren. 

Wir folgen einem Pfad hinunter zum Wasser. 

Versteckt zwischen abgerundeten Felsen sehen wir eine Gesteinsformation die zwischen zwei anderen länglichen Felsen steckt und fast wie ein menschliches Körperteil aussieht. 

Die naheliegendste Beschreibung wäre: Zwei gegenüberliegende Halbmonde. 

Fotografieren ist schwierig wegen der Lichtverhältnisse. 

Dennoch versuchen wir es. 



Wir erklimmen die Felsen Richtung Inselmitte und kommen schließlich am sog. Hexenhaus vorbei und zu Göran Åkerhielmin´s Wohnhaus. 

Achtzehn Jahre hat er die Umgebung kultiviert und daraus einen netten Garten gemacht. 

Zurück auf dem Boot genießen wir unseren Platz. 

Wir springen ins Wasser schwimmen an Land und liegen auf den warmen Felsen. 

Wie einfach und schön kann Glück sein! 

Dort wo es die besseren Anlegemöglichkeiten gibt, sind mittlerweile drei andere Segelboote angekommen. 

Wir freuen uns, dass wir abseits liegen. 


Distanz: 7 sm


9. August 2022 

Sälsö und die Suche nach den Nordlichtern 


Der Ålandführer empfiehlt einen Naturhafen, der guten Schutz vor Wind bietet, und wir liegen ja gerne am Anker. 

Immer noch am liebsten frei auf dem Wasser. 

Die Bucht ist groß und flach genug. Irgendwas gefällt uns aber nicht. 

Wir überlegen: Was ist so anders als auf Sommerö? Die Inseln sind eigentlich ganz ähnlich. 

Hier geht aber ein Fahrwasser entlang, und mir schwant schon Ungmach. 

Wir haben uns ordentlich in der Bucht positioniert und wollen erstmal was essen. 

Gerade war die Fähre durchgefahren, einige Segler passieren in Sichweite. 

Und jetzt kommt Bewegung ins Schiff. Es schaukelt derart auf den Wellen, die die Fähre mit ihrer Bugwelle geschoben hat, dass einige Dinge durcheinanderpurzeln. 

Elkes Salat verteilt sich im Cockpit, das Geschirr auf dem Küchenblock folgt der Schwerkraft auf den Salonboden. Großartig. 

Nach dem Aufräumen und Putzen, überlegen wir, ob wir bleiben wollen. 

Mangels Alternativen fällt die Entscheidung auf das Hierbleiben. 



Mit dem Dinghi rudern wir an Land und wandern zum Leuchtturm. 

Das Leuchtturmwärterhaus steht noch, ein Stück weiter das „Örtchen“. 

Ganz stabil sieht nichts mehr aus. Dennoch sind wir neugierig und luschern durch die kaputten Fenster. 

Eine Küche mit großem alten Kohleofen und riesigem Abzug. Schränke, in denen noch Besteck und Packungen mit Tee stehen. An der Spüle noch ein Besteckkorb mit Spülbürsten. 

Bänke und Spinde. Alles ziemlich verwüstet. Die Dachbalken hängen herunter. Auf der anderen Seite des verfallenen Hauses ein Schlafraum und dann ein Raum in dem auch noch ein Bett unter dem ganzen Gemülle auszumachen ist. Ein riesiger runder Ofen, der etwa einen Meter Durchmesser hat und bis zur ehemaligen Decke geht, steht an der Wand. 



Auch das „Örtchen“ will noch gewürdigt werden. Es schien ungewöhnlich geräumig. Als wir davor stehen, sehen wir die Reste der Sitzgelegenheit mit zwei Löchern. 

Doppelsitzige Toiletten waren in vergangenen Zeiten gar nicht so selten. In Museumsdörfern sieht man sie auch häufig. 



Ein Stück klettern wir noch auf der Rückseite der Insel die Felsen herunter. Dort soll es noch einen Steg geben, der nicht mehr sehr stabil ist, aber durchaus noch zum Festmachen geeignet. 

Unser Ålandbuch ist noch die erste Auflage und gut zehn Jahre alt. Bei den Angaben ist das immer zu berücksichtigen. 

Der Steg ist noch zu sehen, aber wir finden keinen Weg hinunter und wieder durch Gebüsch wollen wir nicht. 

Jedes Mal haben wir Zecken und neue Mückenstiche. Nein, Danke. Heute nicht. 

Wenn es keine Pfade gibt, denen man folgen kann, kann man sich auf dem Rückweg verfransen und ist überrascht, wo man rauskommt. 

Wir finden aber die Stelle mit unserem Dinghy und können zurück. 



Vorher laufen wir noch einmal das äußere Ufer ab. Elke nach Süden, ich nach Norden. Sie findet dann auch die Felsen mit den Festmachösen und den aufgemalten Schiffsnamen. 

Schwer zu erreichen, und man hat den Eindruck, hier wird schon lange nicht mehr geankert. 

Die Wellen des Fahrwassers sind gerade vor Heckanker dicht am Fels kein Spaß. 

Mag sein, dass dieser Verkehr hier früher nicht war. 

Als die Sonne untergeht wollen wir Nordlichter gucken. Sie sollen recht stark sein. 

Wir sitzen mit Wein und Campari-Orange im Cockpit das praktischerweise wegen des Südwinds in der richtigen Position liegt. 

Hinter uns steht knapp über dem Horizont der Mond. Großer Bär und Venus sind gut zu erkennen. Aber richtig dunke wird es nicht. Noch lange sieht man den Widerschein der Sonne hinter dem Horizont, denn richtig klar ist es nicht. 

Außerhalb der Bucht sieht man in großer Entfernng die Stockholmfähren. Wie schwimmende Weihnachtsbäume oder treibende Bürohäuser leuchten sie und ziehen vorbei. 

Ein romantischer Abend nur für Nordlicht nicht ganz ideal. 


Distanz: 17 sm


10. August 2022 

Es gibt frischen Räucherfisch 


Es ist mal wieder so viel Wind angesagt, dass wir uns einen Hafen suchen. Seglinge soll sehr nett sein. 

Ist es auch, vor allem, weil wir erst das dritte Boot im Hafen sind. 

Mit Heckboje machen wir fest und als der Wind auffrischt liegen wir ziemlich quer. 

Ein Schwede kommt noch und macht gleich längsseits an der Holzpier fest. 

Das habe ich mich nicht getraut. Immerhin nimmt man so drei Liegeplätze ein. 

Aber es wird immer ungemütlicher und wir folgen seinem Beispiel. Ist ja sonst niemand hier. 

Die Hafenmeisterin kommt vorbei und meint auch, das wäre schon okay. 

Sie bietet noch frisch geräucherten Sik an, das ist ein Fisch, der bei uns Fellchen heißt und mit Maräne verwandt ist. Eigentlich ein Süßwasserfisch. 

Vierzehn Euro tausche ich gegen das goldschimmernde Tier ein. 

Ich habe es ja nicht so mit ganzen Tieren. Der Fisch guckt mich aus seinen toten Augen an. Das mag ich mal gar nicht. 

Trotzdem, wenn man hier ist und es gibt eine Spezialität, dann muss man einfach. 

Wir finden sogar ein Youtube Video, in dem das fachgerechte Entgräten gezeigt wird. 

Das geht ganz gut. 

Gräten gehen ja auch mal gar nicht. 

Sehr fettig und viel ist es. Ich wiege nach: etwa 400 Gramm Fisch bleiben übrig. Kein günstiges Vergnügen. 

Auf dem frisch gebackenen Brot ist er eine Köstlichkeit. 

Nur die Hände stinken noch am nächsten Morgen. 

Leihfahrräder bekommen wir umsonst angeboten. Damit machen wir uns auf den Weg zum Strand im Süden der Insel. 

Zwischenzeitlich haben wir Sorge falsch zu sein, als der Weg regelrecht grasig wird und immer schmaler. 

Angekommen gibt es eine Hütte mit Umkleide und die üblichen Plumpsklos. Ein Badesteg, der schon von der Familie genutzt wird, die vor uns im Hafen gelegen haben. 

Zurück probieren wir einen anderen Weg. Ein anderer Segler joggt uns entgegen und wir halten noch beim Kaufmann. 

Von dort geht ein Weg zu einem See. Den gucken wir uns an. Das Wasser scheint eisenhaltig zu sein. Es sieht aus wie schwarzer Tee. Ein angebrochener Badesteg und eine einfache Umkleide ist da. 

Früher sollen hier die Dorffrauen die Wäsche gewaschen haben und wie zum Beweis liegt am Wegesrand eine kaputte alte eiserne Walzenmangel, mit der die Wäsche ausgepresst wurde. 

Mir ist warm. Ich geh da jetzt rein! 

Elke schaut ungläubig. Wir haben ja keine Badesachen mit. 

Ach was! Klamotten raus und rein. Das Wasser ist nicht kalt. Herrlich. Außer uns ist ja niemand da. Wir baden zehn Minuten, lassen uns von der Sonne trocknen und gehen noch ein paar Sachen einkaufen. Dann fahren zur Marina zurück. 

Distanz: 13 sm

14 Euro Felchen

Unbezahlbar: Fit bleiben

Niedlicher Hafen Seglinge

Frische Hafenkräuter

Im Garten des Barons

Seltene Felsformen

Hermes und die Götterboten

Mystische Steinspiralen

Kniffliger Ankerplatz

 

11. August 2022 

Segelskär und Granskär 



Bevor wir aufbrechen muss Elke joggen gehen. Sie fühlt sich nicht wohl, wenn sie sich nicht mal wieder auspowern kann. 

Durchgeschwitzt kommt sie wieder. 

Duschen gibt es im Hafen nicht. Elke schnappt sich ein Handtuch und fordert mich auf mitzukommen. 

„Ich muß mal wieder richtig Haare waschen“. Wir kommen zu der Wasserpumpe des Hafens und meine Aufgabe ist es jetzt, kräftig zu pumpen, während Elke sich unter den eisigen Wasserstrahl hockt. 

Etwas verstört beobachtet uns ein Segler, der zufällig vorbeikommt. Er schaut dann auffällig unauffällig, während er wieder geht. 

Nach dem kalten Bad frühstücken wir noch und können gegen elf Uhr ablegen. 



Segelskär ist mir schon bei den Vorplanungen aufgefallen und ist auch tatsächlich eine tolle Insel. 

Wir mussten ein bisschen kreuzen, aber der Weg dorthin, wäre sowieso im Zickzack durch die Schären gelaufen. 

Es gibt gar nicht so viele Wege im Schärengarten, die man mit einem Segelboot fahren kann. Diese sind in den Papier-Seekarten und in meinen elektronischen Karten als empfohlene Wege eingetragen. 

Zwischen den beiden Inseln Segelskär und Granskär ist eine schmale Stelle, die einer Bucht gleichkommt, und man kann dort auf etwa 5 Meter Wassertiefe ankern. 

Zunächst pustet es zwischen den Inseln hindurch, genau auf unseren Ankerplatz auf der Nordseite. 

Dann wird es aber windstill. 

Auf Granskär soll es einen Steg gegeben haben. Gucken wir doch mal, ob davon noch was zu sehen ist. 

Wir arbeiten uns also wieder durch das Unterholz. 

Einen markierten Weg finden wir zum Hochpunkt der Insel und hier hat man einen wirklich schönen Blick auf das Archipel rundherum. 

Wir klettern noch zum Ufer der Gegenüberliegenden Seite, wo sich auch eine traumhaft schöne Bucht auftut, die aber heute dem Wind ausgesetzt und daher keine Übernachtungsoption ist. 

Acht Eiserne Ösen zum Festmachen aber kein Steg. Dort vom Boot auf die Insel zu kommen erfordert alpinistische Fähigkeiten, weil die Klippen hoch und steil sind. 

Da haben wir heute die Beste aller Möglichkeiten und sind auch noch komplett allein. 

Die Felsen zu unserer Ankerbucht fallen ganz flach ab und es lädt uns zum Baden ein. 

Wunderbar. 

Ins Wasser geht es auch immer ganz leicht: Sobald man die Füße im Wasser auf die algigen Steine setzt, geht es ganz von alleine. 

Besser in die Hocke gehen! 

Raus aus dem Bad wird dann etwas schwieriger. Man muss mit Schwung irgendwie auf trockenen Stein gelangen, um sich herauszuziehen. 

Das sieht in den seltensten Fällen elegant aus. 

Auf den warmen Steinen anschließend auszuruhen ist wunderbar. Nur die Sonne schaut zu. 

Direkt neben unserer schönen Liegfläche ist wieder eine dieser mystischen Steinspiralen. 

Distanz: 15 sm


12. August 2022 

Ruinen voraus. Bomarsund 



In Bomarsund gab es eine Festung gewaltigen Ausmaßes, die zur Zarenzeit errichtet wurde, als das Gebiet zum russischen Reich gehörte. 

Das wollen wir uns mal ansehen. Zudem ist der kleine Hafen in einem engen Sund, und das Luftbild davon war schon vielversprechend. 

Es geht durch sehr enge Fahrwasser, durch den Lumparn, das ist eine Seefläche innerhalb des Archipels, die so von Land umschlossen ist, dass sie wie ein großer Binnensee wirkt. 

Wir haben mit ständig wechselnden Windrichtungen zu tun, denn die Berge und Buchten lenken die Luft um. 

Eben haben wir noch Nordost und biegen in einen Sund, da haben wir plötzlich Südost. 

Also ist immer was zu tun. 

Mehrere Seilfähren passieren wir. Hier muss man aufpassen, dass man nicht in das gespannte Seil, das dicht unter der Wasseroberfläche verlaufen kann, fährt. 

Hinter der Fähre, oder wenn sie an einem Ufer angekommen ist, hängt das Seil dann durch und man kann passieren. 

Wir warten lieber bis die Fähre ihren Landeplatz erreicht hat, und fahren dann. 

Wie immer verschätzt man sich, wie lange man benötigt, um die Fähre zu passieren. 

Aber die Fährmänner sind nett und warten, bis man vorbei ist, winken freundlich und starten dann das Übersetzen. 

Plötzlich sehe ich im Augenwinkel etwas Seltsames. Da schwimmt was rüber! Ich sehe nur etwas dunkles Dreieckiges. Ein Hai kann es ja wohl nicht sein. 

Mit dem Fernglas bestimmt Elke, dass es ein Reh ist, das ein Stück neben der Fähre das Wasser quert. 

Ich versuche es zu filmen. Leider ist es schon so weit weg, dass man es nicht mehr richtig sehen kann. Dass Rehe so gut und so schnell schwimmen, erstaunt uns. 

Wie aufregend! Das haben wir auch noch nie gesehen. 

Die Anfahrt nach Bomarsund ist am Ende etwas merkwürdig betonnt. 

Obwohl es tief genug ist, sagt die rote Tonne, dass man richtig dicht am Ufer entlang muss. 

Das muss man dann mit Augenmaß handhaben. 

Hoch über der Einfahrt in die Bucht thront schon die Ruine die in rotem Backstein in der Sonne leuchtet. 

Gegenüber leuchtet eine steile Wand aus rotem Granit. 

Wie bei Winnetou meint Elke. Das könnte eine gute Filmkulisse sein. 

Der Steg ist direkt am Fels entlang gebaut. 

Es gibt Strom und Wasser. Duschen und Klo sind auf dem Campingplatz, der gleich nebenan beginnt. 

Bei Windstille ist das Anlegen kein Problem. Es ist so warm, dass wir gleich ins Wasser springen. Es ist herrlich. Aber kaum sind wir wieder trocken, fängt es fürchterlich an zu wehen. 

Unser Windmesser sagt 18 Knoten Wind in einer Bucht, die total geschützt sein soll. 

Aber scheinbar ist die Richtung genau so, dass das Tal in dem wir liegen, wie ein Trichter wirkt. 

Die anderen Segler, die gekommen sind, verdoppeln ihre Leinen und wir machen das auch. 

Es reißt und ruckt fürchterlich. 

Als der Wind etwas nachlässt gehen wir, um die Ruine anzusehen. Wir finden eine Abkürzung durch den Wald, gut mit Steinen markiert. 

Ein toller Ausblick bietet sich uns. Viel ist nicht mehr von dem einst beeindruckenden Geschützturm erhalten. 

Aber man bekommt eine gute Vorstellung, wie es mal ausgesehen hat. Mächtige Kanonen sind dort noch aufgebaut. 

Der an sich schon imposante Turm gehört zu einer noch viel größeren Anlage, aus mehreren Stellungen und einer riesigen Festung an der Engstelle zwischen Bomarsund und der Insel Prästo. Sie hat mehr als fünfhundert Meter im Durchmesser und ist ziemlich kreisrund. 

Eine Verbindungsstraße zur Insel Prästo wurde mitten durch die Ruine gebaut. 

Ziemlich pragmatischer Umgang mit dem Erbe. 

An der Bauweise ist auffällig, das der Backsteinbau mit sechseckigen Granitblöcken, die etwa vierzig Zentimeter dick sind, verkleidet war. 

Was für eine Arbeit steckte da drin! 

Teilweise ist die Verkleidung noch vorhanden. 

Über den Campingplatz treten wir den Rückweg zur Marina an. An der Rezeption des Platzes ist noch die Hafengebühr fällig. Sechzehn Euro sind richtig günstig für Åland. Bevor wir wieder auf unser Boot gehen gibt es ein Schwätzchen mit den schwedischen Nachbarn. Ihr Boot heißt Black Eagle. Ich musste an das erste Auto unseres Sohnes Felix denken. Wir haben es immer Blue Eagle genannt. Ein klappriger fündvierzig PS Corsa in dunkelblau. 



Der Wind lässt über Nacht nach und so können wir eine wirklich ruhige Nacht an diesem wunderschönen Ort verbringen. 

Distanz 17 sm


13.August2022 

Wo geht es denn jetzt nach Mariehamn? 



Navionics, die App mit der wir die Routen immer planen, schlägt nach Mariehamn einen langen Weg ganz südlich durch das Archipel vor. 

Moment Mal, es gibt doch den Lemströmskanal. 

Vermutlich denkt Navionics, da kann man nicht hindurch. 

Von dort sind es nur noch maximal 3 Seemeilen bis Mariehamn. 

Es ist wieder bestes Segelwetter. Auch wenn wir hoch am Wind fahren müssen, weil er wieder fast von vorne kommt. 

Kurz vor dem Lemströmskanal hält der Autopilot den Kurs nicht mehr. 

Mehrmals stelle ich ihn neu ein, es wird nichts. 

Na Klasse, das fehlt uns noch. Nach Windrichtung eingestellt funktioniert es. Aber die Kompassrichtung will einfach nicht funktionieren. 

Also von Hand fahren und überlegen, was kaputt sein kann. 



Die Drehbrücke über den Kanal öffnet für jeweils zehn Minuten zu jeder vollen Stunde. Um kurz vor zwei sind wir dort, und brauchen so nicht lange warten, bis wir passieren können. 



Von hier geben wir erneut den Zielhafen Mariehamn West ein. Verblüfft schaue ich mir die vorgeschlagene Route auf dem Tablet an. 

Was ist denn jetzt falsch? Etwa sechzehn Meilen statt der drei Meilen, die wir gedacht hatten? Tatsächlich gibt es keinen kürzeren Weg. 

Alle Passagen, die zwischen den Inseln hindurch und auf die andere Seite der Halbinsel führen, sind entweder zu flach oder es gibt eine Brücke unter der wir nicht durchpassen. 

In den Osthafen ist es aber tatsächlich nur eine kurze Strecke. Aber da wollen wir ja nicht hin. 

Dort soll der Motorbootfahrer sein lautes Unwesen treiben. 

Der Segler fährt natürlich in den Hafen das ÅSS, des Åländischen Segelvereins. 

So ein Navigationsfehler wurmt mich. 

Aber auf dem Weg, den wir jetzt noch machen müssen, liegt Rödhamn ein kleiner Inselhafen, der uns sehr ans Herz gelegt wurde. 

Also fahren wir da jetzt mal hin und dann ist es morgen nicht mehr so weit und wir sind früh in Mariehamn. 



Gegen sechzehn Uhr sind wir dort. 

Man sieht den Yachthafen schon von weitem, muss sich aber hüten, den direkten Weg zu nehmen. 

Also an der richtigen Markierung abbiegen, um die vorgelagerte Schäre herum und dann auf die Ankerbojen zu. 

Dort gucken wir erst mal, wie weit diese vom Steg entfernt liegen. Wir schätzen gut fünfundzwanzig Meter. 

Da reicht unsere lange Leine nicht mehr aus, die wir üblicherweise an den Bojenhaken knoten. 

Wir drehen noch einen Kreis um die Leine mit einem weiteren Festmacher zu verlängern. 

Dann fischt Elke die Boje mit dem Haken, übergibt ihn mir, damit ich ihn über die Heckklampe führen kann um das Boot rechtzeitig einzubremsen. 

Am Steg warten zwei freundliche Menschen, heißen uns willkommen und nehmen die Leinen an. 

Auf dieser Insel ist alles richtig schön: Es gibt ein richtig schönes Café, wo wir die Hafengebühr von sechsundzwanzig Euro bezahlen, uns selbstgebackene Franzbrötchen für vier Euro das Stück holen und bestellen für Morgen noch Brötchen. Damit sind wir dann bei vierundvierzig Euro insgesamt. 

Die Brötchen sind auch selbstgebacken und wirklich lecker. Sie werden morgens ans Boot gebracht. 

Wir sind in „wir gönnen uns“ Laune. 

Auf die Buchung der Sauna verzichten wir. Es ist einfach auch zu warm dafür. 

Dem Finnen ist das egal. Es kann noch so heiß sein. Es muss ein täglicher Saunabesuch drin sein. 

Wir aber freuen uns, dass für uns kein Saunawetter ist, auch wenn diese hier die beste der Ålands sein soll. 

Die Duschen sind richtig schön. Alles ist hier autark. Abwasser aus der Dusche wird biologisch geklärt. Toiletten sind wie üblich mit Kompost aber hier liebevoll mit Blumenvasen und Bildern dekoriert. Wasser wird in Trinkwasserqualität selbst gefördert. 

Es ist alles picobello in Schuss. 

Am Westufer stehen hunderte von Steintürmchen, die die Besucher hier errichtet haben. Es gibt Steinspiralen und ein Radiomuseum. 

Einen Sender für Seefunk gab es hier, und die alten Einrichtungen sind erhalten geblieben. 

Die Besichtigung ist kostenlos, aber die Beschreibungen unter der Dokumentation können wir nicht lesen. 

Abends bekommen wir noch eine schöne Vorstellung „Hafenkino“, das wir uns genüsslich im Cockpit sitzend ansehen. 

Eine riesige fünfzig Fuß Yacht mit schwedischer Beflaggung versucht rückwärts anzulegen. Es sind sechs bis acht Personen an Bord. 

Wahrscheinlich wegen des sehr hohen Bugs wollen sie rückwärts anlegen. 

Wir kennen das Problem, dass man dann vom Bug schwer auf den Steg kommt. 

Da sie keinen Bojenhaken besitzen, versucht eine Person die Boje mit dem Bootshaken zu halten, währen eine zweite auf dem Bauch liegend, versucht, eine Leine durchzufädeln. 

Das klappt dann im fünften Versuch. 

Die Leine ist aber zu kurz (das kennen wir auch) und so muss wieder abgebrochen und angeknotet werden. Durch das Jaulen des Bugstrahlruders hören wir deutsche Stimmen. 

Allerdings zum Teil mit österreichischem Einschlag. Eine ziemlich gemischte Crew. Das Boot ist sicher gechartert. 

Wir kennen diese Herausforderungen nur zu gut, wenn man nicht die richtigen Voraussetzungen für ein erfolgreiches Anlegen geschaffen hat. 

Daher liegt es uns fern, uns darüber lustig zu machen. Trotzdem genießen wir den Unterhaltungswert. 

Distanz: 25 sm

Steinkreise auf Granskär

Ruinenrest Bomarsund

Durch die Festungsruine führt eine Verbindungsstraße

Yachhafen Bomarsund

Brötchenlieferung 
"frei Boot" 
in Rödhamn

Brötchen inklusive Seewetterbericht

Funkmuseum Rödhamn

Steinpyramiden am Westufer von Rödhamn

Steinkreise in unterschiedlichster Form

 

14.August2022 

Nebel des Grauens 



Wer kennt ihn nicht, diesen Horrorklassiker von Altmeister John Carpenter? Es ist einer der ersten Zombiefilme. 



Es ist etwas trübe, als wir in Rödhamn aufbrechen. Man könnte „nebelig“ sagen, aber die Sichtweite ist so etwa 200 m. 

Wir gehen davon aus, dass die Sicht besser wird, wenn die Sonne höher steigt und die Schwaden wegwärmt. 

Wir müssen wieder um die vorgelagerte Insel herum. Ein Stückchen den Weg von gestern zurück und dann weiter nach Mariehamn. 

Statt sich aufzulösen, wird die Suppe immer dicker. 30 Meter Sicht vielleicht noch. Wir sehen praktisch gar nichts. 

Wir können uns nur auf die Anzeige unserer elektronsichen Seekarten konzentrieren. Gleichen immer wieder ab. 

Gut zwei Stunden fahren wir mit knapp 3 Knoten. Das ist die Geschwindigkeit, wenn der Motor in Leerlaufdrehzahl läuft. Es ist windstill und schwül. Elke steht am Bug und starrt wie ein Zombie in den Nebel. 

Unser AIS System zeigt keine Schiffe an. Hoffentlich funktioniert es einwandfrei. Die Orientierungstonnen tauchen erst knapp vor unserem Boot auf, wenn wir sie erreichen. 

Immerhin sind wir richtig, aber nach Sicht fahren ist so schlicht nicht möglich. 

Wir tuten regelmäßig in unser Nebelhorn. 

Über uns ist blauer Himmel zu sehen, vor uns eine weiße Wand, in die die Sonne hineinscheint. Der Nebel reflektiert nur das Licht. So kann man noch schlechter sehen. 

Es ist auch warm, bestimmt 25 Grad. Kein Neblewetter, wie wir es kennen. 

Ein entgegenkommendes Motorboot schießt knapp an uns vorbei. 

Verflucht nochmal. Ich denke an die Nebelunfälle auf der Autobahn. 

Gerade mit solchen schnellen Fahrzeugen sollte man doch gerade ein anders Gefährdungsbewusstsein haben. 

Die Motorbootausbildung von meinem Sportbootführerschein See haben ich als sehr oberflächlich in Erinnerung. Ganz anders war es beim SKS-Schein für das Segelboot. 

Auf einem Segelboot ist man sich der Gefährdungen wesentlich intensiver bewusst, kommt es mir vor. So verhält man sich dann auch. 

Kurz vor Mariehamn hebt sich der Nebel recht plötzlich, und die Sonne strahlt. 



Wir finden schnell einen Platz am Steg und bekommen auch dieses Mal Hilfe mit den Leinen. 

Neben uns liegt ein größeres Segelboot mit deutscher Flagge, das für Mitsegler professionelle Törns anbietet. 

Der Bedarf, sich näher kennenzulernen und auf ein Schwätzchen ist nicht vorhanden. 

Warum eigentlich? 

Der Skipper des anderen Schiffs hat zu tun und wir verlassen das Boot auch ziemlich schnell um uns die Stadt anzusehen. 

Der Segelverein residiert in einem asiatisch anmutenden Haus mit dem besten Restaurant der Åands, so der Reiseführer. 

Die Marina ist ziemlich leer, weil die Saison hier schon zu Ende ist. Dennoch herrscht lebhaftes Treiben von einer J-Boat Regatta. 

Der Wettbewerb ist zu Ende und die Kieljollen flitzen an unserm Steg vorbei zum Kran, der die Boote auf ihre Trailer hebt. 

Das geht ziemlich fix. 

Auf dem Weg zur Pommern, dem Schwesterschiff der Passat, die in Travemünde Priwall liegt, sehen wir eine Pizzeria, und weil es mal wieder sein muss, beschließen wir nach einigen Abwägungen, uns hier heute Abend eine Pizza backen zu lassen, statt wieder selbst zu kochen. 

Mariehamn ist schachbrettartig angelegt. Das erleichtert die Orientierung. 

Wir durchqueren die Stadt und sehen uns den Osthafen mit den Motorbooten an und kommen an einem Strand vorbei. 

„Ganz zufällig“ haben wir Badesachen und Handtücher dabei. 

So faulenzen wir anderthalb Stunden am Strand neben einer sonderbaren Gruppe aus drei Thailänderinnen und einem männlichen Touristen. Sie lachen die ganze Zeit auffallend laut über die anzüglichen Witzchen des Typen. 

Wir fühlen uns etwas peinlich berührt, Ohrenzeuge von Dingen zu werden, die wir nicht wissen wollen. 

Eine Runde schwimmen muss sein. Es geht sehr flach ins Wasser aber es ist echter Strand. 

Ziemlich selten im Schärgengarten. 

Dann geht es wieder nach Hause. So sagen wir mittlerweile immer und meinen ja auch unser schwimmendes Zuhause. 

Die Geschäfte haben zu und wir suchen noch einen Optiker. 

Elkes Brille ist kaputt gegangen und das Glas ist raus. Wir hatten überlegt, ob man es vielleicht reparieren kann. 

Die Öffnungszeiten des Brillenschleifers sind bemerkenswert: Montags bis Donnerstags von neun bis sechzehn Uhr und Freitags bis vierzehn Uhr. 

Nicht schlecht. Offenbar vermeidet man Arbeitszeiten, an denen Kunden erscheinen könnten. 

Bloß nicht die Mitarbeiter stressen. 

Es wirkt sehr aufgeräumt in der Fußgängerzone. Während der Saison ist der Eindruck sicher ein ganz anderer. 

Auf der Pommern gibt es eine Ausstellung die sicher sehenswert ist, auch das Schiffahrtsmuseum ist sicher ganz spannend. 

Wir können uns aber nicht zu einem Besuch entschließen. Zu viele Highlights warten noch auf uns und wir haben einen gewissen Sättigungsgrad erreicht. 


Distanz: 9 sm


15. August 2022

Von Mariehamn nach Söderbyfjärden 



Dort haben wir eine kleine Bucht auf der Karte gefunden, die uns guten Windschutz von Süd bieten soll. 

Wir sind auch recht bald dort, haben aber ein mulmiges Gefühl, weil einige Sommerhäuser direkt am Ufer stehen und wir ziemlich dicht dran sind. 

Das mögen die Besitzer nicht so. 

Hier ist aber niemand zu Hause und so genießen wir einen Traumankerspot. Sogar ein kleiner Strand ist da. 

Von der Badeplattform springen wir ins Wasser. Weil es aber so aussieht, als gäbe es hier Blaualgen erfrischen wir uns nur kurz und duschen hinterher gründlich. 

Eine Frau spielt am Strand mit ihrem Hund. Als sie fertig ist, haben wir die Bucht für den Rest des Tages vollkommen allein. 

Mit dem Dinghy rudern wir nach dem Abendbrot noch an den Strand. Dort gibt es eine Ferienhaussiedlung. 

Aber wir sehen nur zwei Häuser, in denen Leben zu sein scheint. 

Mit gestillter Neugier rudern wir zurück und entspannen im Cockpit. Morgen soll es auf die westlichste Schäre Ålands, Enskär, gehen. 

Distanz: 17sm



16.August2022 

Die letzte Schäre Ålands



Der Anker geht hoch und holt eine große Ladung Schlamm nach oben. Mehrfach geht die Kette wieder runter bis sie einigermaßen sauber in den Kettenkasten fallen kann. 

So ein Boden ist für unseren Anker hervorragend. Ganz tief gräbt er sich dann ein und die schlammige Kette ist Zeugnis, dass die auch ziemlich tief mit in dem Schlammassel drin war. 

Hält wie die Pest. 

Wir ziehen gleich die Segel hoch. Der Wind passt hervorragend, die Sonne scheint und Yggdrasil stürmt los. 

Eigentlich könnten wir nach Schweden durchsegeln. Wir machen über sieben Knoten und sind schon gegen zwölf in Enskär, dass wir noch unbedingt kennenlernen wollen. 

Ein paar Bögen um tückische Untiefen muss man nehmen. 

Idealerweise wollen wir längsseits innerhalb des L-förmigen Stegs festmachen, denn das Wetter soll auffrischen, die äußeren Bojen nicht ganz vertrauenswüdig sein. Außerdem liegt man dann auch voll in den Wellen. 

Eine durchgeschaukelte Nacht wäre die Folge. 

Im Hafenbuch haben wir gelesen, dass Enskär früher von strategisch wichtiger Bedeutung war. Eine Radarstation ist noch vorhanden, aber automatisiert. Im Prinzip ist die Schäre so gut wie unbewohnt hatte ich im Kopf. 

Es gibt aber eine Sauna, Strom und auch Wasser, was aber nicht trinkbar sein soll. 

Schneller als gedacht sind wir an der kleinen Pier und ehe ich mich versehe, muss ich schon hart backbord gehen und in den Minihafen hineinlenken. 

Unser Wunschplatz ist frei! Wir kommen aber in Lee rein und schaffen es gerade so, dass das Boot nicht gleich wieder vom Liegeplatz wegtreibt. 

Ein großes Empfangskomitee erwartet uns und nimmt uns die Leinen ab. 

Besser kann es nicht laufen. 

Einer spricht deutsch. Seine Eltern hätten eine Hanse 370, ob dies hier das neuere Modell ist? 

Wir sind eine Nummer kleiner: Hanse 345 erklären wir. 

Schönes Boot. 

Ein wenig palavern wir. Er ist von Bosch mit einigen Kunden hier und sie machen sowas wie ein Incentive. 

Wir finden die Sauna auf der gegenüberliegenden Seite der Insel. 

In der Hafengebühr ist die Benutzung enthalten und das wollen wir dann natürlich mitnehmen. 

Auf einem improvisierten Whitebord aus einem Eimerdeckel der an einem Schuppen angenagelt ist, kann man sich für Zeiten eintragen. 

Wir wollen um neunzehn Uhr, Dämmerungszeit. Anheizen müssen wir selber mit bereitliegendem Holz. 

Wie lange vorher man das machen muss, wissen wir nicht. Eine Stunde rechnen wir mal ein. 

Die Sauna ist alt. Von 1940 genaugenommen, als hier die Soldaten stationiert waren und zwei gewaltige 150 mm Geschütze bedienen sollten. Die Geschütze sind schon in den Anfangsjahren des Krieges gesprengt worden. Die Trümmer sind noch sichtbar. 

In einem Schuppen kann man über die Geschichte nachlesen. Tunnel soll es gegeben haben, Unterkünfte, eine Kantine, einen Eiskeller und natürlich die Sauna. 

Sie wird noch immer genutzt. Der Ofen ist neu und ein elektrischer Warmwasserbereiter wurde eingebaut. 

Der Rest sieht noch original aus. Wir finden es klasse, richtig authentisch. Hier und da bröckelt es. Der Fußboden ist aus Beton. Man läuft auf Holzrosten. Alles erfüllt seinen Zweck für den es erdacht wurde. 

Wellnessambiente sucht man vergebens. Hier wurde geschwitzt und geredet und gelacht. Daran hat sich nichts verändert. 

Grillanzünder packe ich in den Ofen, ordentlich viel Holz stopfe ich durch die kleine Luke in den Feuerraum und nach kurzer Zeit lodert ein wahres Höllenfeuer. 

Es wummert regelrecht. Trotzdem dauert es lange, bis die Steine, auf dem Ofen richtig heiß sind. 

Die Stunde zum Anheizen muss man rechnen. Es wird nicht so heiß wie bei einer elektrischen Sauna. 

Die Hitze für das angenehme Schwitzen bekommt man erst, wenn Wasser aufgegossen wird. 

So langsam kommen wir darauf, warum die Finnen eigentlich permanent mit einer Suppenkelle Wasser auf die Steine werfen. Die Technik ist gar nicht so einfach. Aus zwei Metern Entfernung schaffen sie es, das Wasser zielgenau auf die Steine zu schleudern. 

Durch das Verbrennen des Holzes im Ofen wird permanent Frischluft zugeführt. Erhitzt ergibt sich eine sehr geringe Luftfeuchtigkeit. Daher wirft man alle paar Minuten Wasser auf den Ofen. 

Tut man das nicht, kommt man nicht richtig ins Schwitzen. 

Wir haben die Sauna nach gut zwei Stunden am Ende unserer Sitzung auf knapp 70 Grad bekommen. 

Zusammen mit den Aufgüssen ist es aber ein ganz anders Saunieren als wir es bisher kannten. Wo man manchmal fast vor Hitze stirbt, wenn bei fünfundneunzig Grad ein halber Eimer Wasser auf den Steinen landet und der Saunameister mit dem Handtuch wirbelt. 

Zwischen den Saunagängen kühlen wir uns in der Ostsee ab. Dazu gibt es hinter der Sauna einen kleinen Badesteg. 

Ein paar Schwimmzüge, dann geht es wieder ins Warme. 

Als wir zurück zum Boot kommen, liegt eine Plastiktüte daneben. 

„Was ist das denn?“ fragt Elke. 

Wir schauen nach: Ein frisch geräucherter Fisch! Sorgfältig eingewickelt. Wir hatten gesehen, das einer der Leute, die hier auf der Insel sind, etwas in den Räucherofen gehängt hatte. 

Was für eine tolle Überraschung. 

Da haben wir einfach so einen frischen Fisch geschenkt bekommen! 


Distanz: 14 sm

17.August2022 

Nicht nach Schweden 


Die Windprognose hat sich verschlechtert. Nun erwarten uns 19 Knoten Wind und bisher hatten wir beim Segeln immer noch höher Werte erreicht, als vorhergesagt. 

Wir hatten uns extra den Wecker gestellt um früh loszukommen, dem Schlimmsten zu entgehen. 

Wir kennen aber auch die Gegebenheiten nicht genau an unserem Zielort. Dort müssen wir einen Platz finden, der auch bei den Starkwinden funktioniert. 

Das bedeutet, ein sicherer Ankerplatz oder ein Hafen. 

Hafen haben wir gerade, und dann können wir auch genauso gut hier bleiben und einen Tag später unser Ziel erreichen. 

Mir ist das sicherer. 

Wir können ja noch ein bisschen die Insel ansehen und noch einmal die Sauna benutzen. 

Haben wir dann auch so gemacht. 



Auf Enskär sind auch heute noch Zweisitzer angesagt

Plumpsklo mit Stil auf Enskär

Der Hafen am Ende des Archipels Enskär

Authentische Holzofensauna

Das Buchungssystem für die Sauna

Das Saunahäuschen "Bastu" heißt.

Pizza Vor-Pommern in Mariehamn

Fußgängerzone in Mariehamn

Westhafen von Mariehamn

Deutsches Konsulat in Åland

Söderbysfjärden Frühstück mit frischem Weißbrot vor Anker

Strand von Söderbysfjärden

18.August2022

Seehund zum Frühstück!


Vorbereitend hatten wir uns einige schöne Ankerbuchten auf der schwedischen Seite im Netz angesehen, und haben uns dann für eine Bucht auf der kleinen Insel Lidö entschieden.

Frühstück gibt es seit langem Mal wieder unterwegs im Cockpit. Das Wetter ist warm und sonnig.

Der Wind frischt auf und wir kommen gut voran. 

Ganz kurz können wir mal wieder einen Seehund oder Kegelrobbe sehen. Wir sind begeistert!

Hinter uns stellen wir eine Wolkenformation fest, die anscheinend bis hinunter zum Horizont von oben nach unten immer dunkler wird. Es sieht aus, als würde über dem Meer eine schwarzblaue Schicht liegen.

Das stört uns nicht, denn es ist warm und die Sonne lacht. Mit der Zeit, die vergeht, wird die schwarze Schicht immer höher bis uns klar wird, dass eine massive Nebelfront uns von hinten einholt.

Wie eine Welle überdeckt uns von einer Minute auf die andere Nebel mit Sichtweiten von etwa 100 Metern.

Das ist deutlich sichtiger, als bei unserer letzten Nebelfahrt, aber hier sind wir im Fahrwasser der Grossschifffahrt unterwegs.

Zum wiederholten Male preise ich die Entscheidung, dass wir einen AIS Sender an Bord haben.

Wir werden also gesehen. 

Ob wir eine sichtbares Radarecho mit unserem kleinen Schiff geben, dass die Frachterkapitäne rechtzeitig ausmachen, darauf möchten wir mal nicht wetten.

Radar läuft mit, wir sehen, was um uns herum unterwegs ist. Das ist beruhigend. Angst kommt dank der elektrischen Helferlein nicht auf.

Das wäre ohne sie bestimmt anders.

Kurz vor Erreichen der Schwedischen Küste reißt es dann wieder auf. 

Wir gucken, wie lange wir unterwegs sind. Das ging aber verdammt schnell.

Aber klar, wir sind wieder in der GMT+1 Zeitzone. Zwischen 10 und 11 Uhr haben wir die Stunde doppelt bekommen.

Wir fühlen uns wie Zeitreisende. 

Gespannt schauen wir auf den nächsten Stundenwechsel.

Wenn das nächste Mal die Uhr um 11 wieder zurückspringen sollte, sind wir in einer Zeitschleife gefangen!

Aber beim zweiten Mal tickt die Uhr brav weiter. 

Es wird also kein Murmeltiertag.



Die Zufahrt zur Insel stellt uns vor keine großen Herausforderungen. Es ist sogar ein kleiner Betonsteg für Besucher vorhanden.

Ein Boot legt gerade ab und wir wollen uns den freien Platz gleich schnappen.

Ein Blick auf die Festmachmöglichkeiten zeigt aber, dass wir mit Heckanker heran müssten.

Das ist uns zu umständlich heute und weil die Bucht groß genug ist, entscheiden wir uns frei vor Buganker zu liegen.

Nach wie vor, für uns die schönste Art zu liegen, weil Du einfach Ruhe hast.

Wir springen ins Wasser. Es ist immer noch sehr angenehm. Der Sommer war für hiesige Verhältnisse sehr warm, regenarm aber windig.

Mit dem Schlauchboot rudern wir zu dem Betonsteg, wo inzwischen eine kleine Familie festgemacht hat, die sicher ganz froh war, dass wir ihnen den Platz überlassen haben.

Das Boot ist um einiges kleiner und da ist ein problemloser Landgang mit den quengelnden Passagieren bestimmt ein Segen.



Ein zwanzigminütiger Spaziergang führt uns auf die gegenüberliegende Seite der Insel. 

Den Sandstrand finden wir nicht, aber dafür einen Besuchersteg, an dem es kein Wasser, keinen Strom aber einen Bezahlautomaten gibt.

Man kann dort für 20 Euro festmachen. Das haben wir uns ja mal wieder gespart.

Ein kleines Café ist dort noch, aber es hat geschlossen.

Ein Stück weiter kommen wir zu einem fürstlich aussehenden Restaurant-Hotel. Sieht wirklich sehr skandinavisch schick aus. Gelbe Holzverkleidung mit weißen Fenstern und rotem Dach. Nicht weit ist ein Fähranleger. Hier kommen wohl ausreichend Gäste an, die sich diese schöne Besonderheit hier gönnen wollen.

Hier und da, leicht versteckt, finden wir hübsche Nurdach-Häuschen, die zum Übernachten einladen.

Alles ganz stilvoll.

Auf einem Holzpodest ist ein größeres Expeditionszelt aufgebaut. Davor sind Gartenstühle aufgebaut, auch dort scheint man eine Nacht buchen zu können. 

Viel mehr gibt es nicht zu sehen und so spazieren wir zurück, nicht ohne die eine oder andere Blutspende an die endemischen Insektenarten abzugeben.

An Bord backen wir noch ein Weißbrot. Das estnische Mehl, das wir dafür benutzen, funktioniert super. So gut sind uns die Brote noch nie gelungen. 

Schade, dass wir nur zwei Pakete bevorratet hatten.

Den weiteren Abend verbringen wir mit der Törnplanung für Morgen.

Es ist nicht so einfach wie man sich das vorstellt.

Wir verbringen manchmal Stunden damit, die passende Stelle für die nächste Nacht zu finden.

Die Stelle sollte möglichst keinen großen Umweg bedeuten. 

Je nach Wetter und Windrichtung zur windabgewandten Seite offen sein, keine gefährlichen Unterwasserfelsen haben, nicht zu tief und nicht zu flach sein, zudem in einer angemessenen Entfernung von 15 bis 25 Seemeilen, die je nach Wind in fünf bis acht Stunden erreicht werden können plus Reserve. Zusätzlich ist eine Ausweichmöglichkeit zu berücksichtigen, falls sich die Stelle als ungeeignet herausstellt oder belegt ist.



Distanz: 28 sm



19.August2022



Ein Traummorgen!

Still liegt unsere Bucht wie ein Ententeich, die Sonne hat schon Kraft und wir schwimmen ausgiebig. 

Ich lasse die Drohne fliegen. Einen goldenen Moment kann man trotzdem nicht einfangen.

Im Cockpit frühstücken wir und machen uns über das frisch gebackene Weißbrot her.

Orangenmarmelade, Honig, Nutella mit Erdnussbutter und Erdbeermarmelade ist meine übliche Reihenfolge. 

Elke hält es mit Frischkäse Kirschmarmelade, Nutella mit Erdnusbutter.

Zwei Becher Kaffee dazu, machen das morgentliche Glück perfekt.

Nach dem Heben des Ankers, gleiten wir los.

Väsbystrand heißt unsere gewählte Bucht für die nächste Nacht.

Der Wind ist angenehm richtiges Traumsegelwetter.

Auf fünf Metern Wassertiefe lassen wir fünfundzwanzig Meter Kette raus.

Es sind einige Häuser herum zu sehen. 

Etwas scheu sind wir, weil wir ja nicht stören wollen. 

Auf einer Seite kommen plötzlich junge Leute auf einen Steg gestürmt und springen johlend ins Wasser. 

Vorher waren nirgends Menschen zu sehen. Die haben offenbar eine Saunaparty gehabt.

Wie überall stehen auf jedem Grundstück mindestens drei bis vier Häuschen. 

Eines davon auf jeden Fall eine Sauna.

Überhaupt ist es für uns unfassbar, wie viele tolle Häuser an den Ufern stehen. Mit Bootshaus, Boot, usw. 

Das Tal in dem sich unsere Bucht befindet, ist relativ schmal. Wir hoffen, dass wir bei einem Windrichtungswechsel nicht am Ufer auf Grund treiben, wenn das Boot um den Anker schwojt.

Später kommt noch ein weiteres Segelboot, dass sich hinter uns etwas weiter in die Bucht hinein vor Anker legt.

Es gibt ziemlich viel Wind und deshalb bleiben wir zwei Nächte in der gut geschützten Ecke. Ebenso, wie unser Ankernachbar, der ganz offensichtlich die gleiche Idee hat.

Den zweiten Tag nutzen wir um ein Video für Youtube zu schneiden und hochzuladen. Außerdem gucken wir die Leichtathletik EM und feiern die deutsche 400m Staffel, die überraschend Gold gewinnt.

Als der Wind dreht, kommen wir dem anderen Boot dann bedrohlich nahe, offenbar haben wir zu viel Kette draußen, oder der Anker hat nach der Drehung keinen ordentlichen Halt mehr gehabt.

Die vorbeirasenden Motorboote machen das Ganze nicht besser. Am Ende der Bucht ist nämlich ein Anleger von dem ständig Leute abgeholt oder hingebracht werden.

Bevor wir reagieren müssen, um etwas an der Situation zu ändern, lässt der Wind aber nach und dann brechen wir auch schon auf.



Distanz: 28 sm





21. August 2022



Stockholm voraus, Schleusen für Anfänger



Je näher wir Stockholm kommen, desto häufiger sehen wir prächtige Anwesen. Es ist aber auch fast das ganze Ufer besiedelt. 

Teilweise führen aberwitzige Treppenkonstruktionen den steilen Fels zum Wasser herunter, wo ein Bootssteg oft mit Bootshebeanlage wartet. 

Das sind zwei Arme, die einseitig an stabilen Pfählen befestigt, unter Wasser gefahren werden können.

Wenn sich das Boot darüber befindet, werden diese angehoben und das Boot schwebt einen Meter über dem Wasser.

Haben wir so auch noch nicht gesehen.

In Stockholm haben wir uns den günstigeren Vereinshafen des SSS an der Västerbro ausgesucht.

30 Euro ohne Strom/Nacht wird er uns kosten.

Die Anfahrt ist mega spannend.

Schon auf der Karte sah es knifflig aus, denn wir müssen uns durch einige Abzweigungen, Kanäle und Klappbrücken wursteln. 

Dass wir durch eine Schleuse müssen, sehen wir erst, als der Weg vor uns durch ein Tor versperrt ist. Überraschung!

Praktischerweise sind wir seit der ersten Klappbrücke in einem Tross von 5 Booten unterwegs. 

Also können wir sehen, wie die Besatzung vor uns in der Schleuse anlegt und die Leinen handhabt.

Der Höhenunterschied, der mit der Hammarsby-Schleuse zu überwinden ist, beträgt ca. 50 cm. 

An der Schleusenwand befinden sich abgegrabbelte blaue Tampen mit Knoten am Ende. 

Es reicht, das Boot an der Seite mit den Fendern abzupolstern und sich einfach an den blauen Tampen festzuhalten, während das Boot im Schleusenbassin nach oben schwebt.

Dann sind wir auch schon mitten in der Stadt. 

Mit dem Boot durch eine Stadt zu fahren ist immer richtig cool. Die Fußgänger gucken, am Ufer fährt man direkt an schicken Lokalen vorbei. 

Einige haben Pontons auf dem Wasser, man kann den Leuten auf den Teller sehen.

Sollen wir da vorne an dem Thai-Boat einfach festmachen und uns dort an einen Tisch setzen? 

Warum haben die eigentlich keine Essen ToGo Ausgabe zum Wasser?

Wir nehmen uns das für später vor.

Noch eine Klappbrücke an der wir wegen Verkehrsstau warten müssen. Es dauert, bis das letzte Auto endlich runter ist. 

Dann sind es nur zwei Meilen bis zum Ziel. 

Wie immer zittere ich unter der Västerbron Brücke, ob wir wirklich durchkommen. Acht Meter sollten wir Platz haben. Aber von unten ist das einfach nicht zu sehen.

Direkt dahinter liegt der Vereinshafen. Wir fragen eine Kanutin, die vorbeifährt, wo Gastliegeplätze sind.

Auf deutsch ruft sie ihren Mann, der etwas vorne liegt, welcher uns die Stelle zeigt. Ex-Pats wie es scheint.

Und am Steg werden wir von Stephan, einem Vereinsmitglied herzlich empfangen, der rührend darum bemüht ist, dass wir sicher anlegen und vertäuen können, während er sein Mittagessen unterbrochen hat.

Nachdem wir gut liegen, geht er schnell zu seinem Essen zurück um gleich wieder zu kommen und uns alles hier zu erklären.

So fühlt man sich spontan wohl.

Seine Sorge um unser Boot ist nicht ganz unbegründet. Es fahren laufend diese Fähren vorbei, die als übermotorisierte Verdränger eine unfassbare Welle vorbeischicken und damit den ganzen Hafen durchquirlen. 

Die Boote tanzen jedesmal, dass die Masten der benachbarten Schiffe zusammenzustoßen drohen.

Man braucht gute Fender rund ums Boot das in einer Schlengelbox eingezwängt steht.

Man hat rechts und links Metallausleger. Zwischen die und die Bootswand stopfen wir unsere Gummipuffer. Das passt gerade so.

Breiter als dreieinhalb Meter sollte ein Boot hier nicht sein.



Neben der Hafeneinweisung erfahren wir von Stefan, wo in der Umgebung die wichtigsten Ziele sind. Wir müssen einkaufen. 

Das machen wir noch zu Fuß.

Das Preisniveau erstaunt uns schon nicht mehr. Aber über die winzigen Apfel sind wir schon überrascht. Etwa so groß wie Hollandtomaten. Trotzdem erwerben wir einen Beutel. 

Bestimmt schmecken sie so lecker wie große Äpfel.



Abends fahren wir noch in die Altstadt. Es hat dort schon mediterranes Flair mit den vielen kleinen Geschäften und Restaurants und Cafés. So hatten wir uns das gar nicht vorgestellt. 

Es ist richtig gemütlich hier. Sehr enge Gassen und wegen des schönen Spätsommerwetters viele Menschen unterwegs.

Ein bisschen lassen wir uns treiben und landen auf einem Großen Platz neben dem Schloss. 

Hier sind eine riesige Bühne und zwei überdimensionale Videowände aufgebaut. 

Eine Frau schreit ausdauernd. Allerdings zur Musik. Leider sind wir zu sehr Kunstbanausen, als dass wir erkennen können, zu welcher Oper die gute Dame sich so verausgabt.

Der Platz ist voller Menschen, so dass man nicht viel von der sicher beeindruckenden Live-Vorführung sehen kann. 

Wir hören aber gerne noch ein bisschen zu.

Es sind Filmfesttage in Stockholm und dieser Akt scheint dazu zu gehören.

In dem Park neben dem Yachthafen durch den wir auf dem Weg in die Stadt gefahren sind, war ebenfalls Open-Air Kino. 

Viele junge Menschen waren in Scharen dorthin unterwegs gewesen.

Als wir genug gesehen und gehört haben machen wir uns auf den Heimweg.

Er stellt uns von einige Schwierigkeiten. Zwar gibt es überall mehrspurige Fahrradrouten die uns auch prima in den Stadtkern geführt haben, aber wegen der vielen Inseln und Brücken ist es sehr verwirrend, wieder zurück zu finden. 

Mein Orientierungssinn versagt komplett und mein Smartphone gibt nur widerwillig Hinweise, wo wir entlang müssen.

Am Ende fahren wir komplett so zurück, wie wir gekommen sind.



Distanz: 27 sm

Das Dunkle ist die Nebelfront etwa 30 Minuten wird sie zu uns brauchen

Als die Nebelfront auf 100 Meter herangekommen ist.

Da lacht die Sonne wieder: Lidö Bucht

Schöner geht es kaum
Lidö-Bucht

Die letzte Klappbrücke auf dem Weg zur Marina

Vesterbron: Wir schlafen unter der Brücke

Kulturfest in Stockholm

Fast mediteran: Altstadt

Die Festungsanlage vor Stockholm

Eines der Anwesen die das Ufer säumen

Platz ist auf der kleinsten Insel

Morgens eine Runde schwimmen ist wunderbar

22. August 2022

Wir schlafen unter der Brücke, Wasa Museum



Dass es soweit kommen musste! Aber die Västerbon (Westbrücke) liegt fast über unserem Liegeplatz.

Auch nachts bemerken wir das. Immerhin sind keine Fähren mehr unterwegs, die uns aus der Koje schleudern können.

Zudem liegt die Einflugschneise des Flughafens über uns.

Dafür sind wir dann früh wach.

Es ist tolles Wetter. Auf der anderen Seite der Brücke stürzen sich Jugendliche von den Brückentraversen an einem langen Seil schwingend ins Wasser. 

Elke geht eine Runde laufen.

Drei Runden Waschmaschine gönnen wir uns. Hier ist die Benutzung kostenlos und das nutzen wir schamlos aus.

Nach dem Frühstück radeln wir am sehenswerten Stadthus vorbei, wo wir noch Fotos machen und dann geht es weiter zum Wasa-Museum.

Wer es noch nicht wusste: Hier gibt es kein Knäckebrot, sondern das am vollkommensten erhaltene Schiffswrack des Mittelalters zu sehen.



Auf unserer noch anzufertigenden Top 10 Liste bekommt die Wasa auf jeden Fall einen Platz ganz oben.



333 Jahre im sauerstoffarmen Schlick des Stockholmer Vorhafens haben das Schiff fast vollständig konserviert. 

98 Prozent sind original! Über fünfzig Jahre hat es von der Hebung des Wracks gedauert, bis es soweit restauriert und konserviert, und ein eigenes Museum gebaut war, um es in seiner ganzen Pracht auszustellen.

Wer diesem Schiff persönlich begegnet, wird genau wie wir, kaum beschreiben können, wie es wirkt.

Es ist einfach riesig und als Kronschiff die prächtigste Bark, die je gebaut wurde.

Wenn man nach Stockholm kommt, ein absolutes MUSS! Da gibt es keine zwei Meinungen.



Im Museum kann man sich noch einen etwa halbstündigen Film über die Geschichte und die Bergung der Wasa ansehen. 

Begehbare Modelle einzelner Abteilungen im Schiff, machen es zu einem Erlebnis, und man versucht in die harte Zeit der Menschen von damals einzutauchen.



Ich könnte hier noch seitenweise schreiben und würde nicht annähernd alle Eindrücke beschreiben können.

Banal noch: Wer im Sommer kommt, sollte mindestens einen Pullover mitnehmen. Trotz glühender Begeisterung musste ich echt frieren. Sonst wären wir bestimmt noch eine Stunde länger geblieben.

Elke war da schlauer als ich.



Draußen in der Sonne gibt es erst mal was zu futtern. Müsliriegel und Äpfel. Dann schwingen wir uns wieder auf unsere Räder. 

Vorbei geht es am Nationalmuseum, am Technischen Museum, Wrackmuseum, Spritmuseum (für Alkohol) zum ABBA Museum. 

Fast dreißig Euro Eintritt p.P. sind uns dann, als nicht eingefleischte Fans, doch zu teuer, und wir machen nur ein paar lustige Bilder mit mir als Benny und Elke als Agneta. 

Lebensgroß ist die Gruppe auf einer Holzwand abgelichtet und man kann die Gesichter der Stars wegklappen und dann durchgucken, so dass man sich einmal als Mitglied der erfolgreichsten Schwedenband fühlen kann.

Am Tivoli, der jetzt geschlossen ist, fahren wir noch durch einen der vielen herrschaftlichen Parks mit moderner Kunst, zurück zum Königsschloss.

Mit der Wache im Hintergrund macht man natürlich noch ein Foto.

Dann geht es plötzlich um Leben und Tod. So kommt es uns vor. Wir landen mitten in der Rush-Hour von Stockholm. 

Von allen Seiten kommen Radfahrer herangerast. Es geht kreuz und quer, wer wann wo Vorfahrt hat, ist total unklar, und während wir eigentlich immer zu den flotten Radlern gehörten, sind wir jetzt als orientierungslose Verkehrshindernisse unterwegs.

Irgendwie überwinden wir Plätze und Straßen und versuchen uns irgendwie auf den Radwegen zurechtzufinden. Noch nie hatten wir wirklich solche Angst, dass wir einfach von irgendeinem Lastenrad oder Fahrradkurier umgemäht werden und die nächsten Wochen im Krankenhaus verbringen.

Glücklich kommen wir am Boot an und haben vom Fahrradfahren in der fahrradfreundlichsten Stadt, die wir je besucht haben, die Nase gestrichen voll.

Stockholm, du bist wunderbar, aber wir haben jetzt schon totale Reizüberflutung und freuen uns auf ruhigere Zeiten weit weit draußen!

Einen Besuch wert:
Markthalle

Riesig: Das Wrack der Wasa

Wir sind begeistert

Rekonstruktion anhand er Überreste. Ziemlich echt.

Das Museum hat fünf Ebenen

Stockholm bei Nacht

Liebe Deinen Fußgänger!

Einmal Abba sein

Plätzlich sind wir mitten in einer Parade

Wachoffizier am Königsschloss

Westerbron Marina

23.August2022

Södertalje Kanal


Um von Stockholm weiter nach Süden zu kommen, nehmen wir die Passage durch den Södertalje-Kanal.

Auf der Karte sieht es alles ziemlich schmal aus, tatsächlich ließe sich der Weg gut segeln, wenn wir nicht kompletten Gegenwind hätten. Dieser ist auch eher eine frische Flaute, wenn man das so beschreiben kann. 

Wir tuckern mit etwa vier Knoten voran und bewundern die Berge rechts und links, die mal dichter und mal weiter weg rücken.

Landschaftlich echt richtig schön! Hübsche Ortschaften und einzelne Häuser, im Schweden-Postkarten-Stil. Wir leben im totalen Klischee!

Die einzige Klappbrücke ist die Mälarbron. Hier ist die Fahrrinne so schmal, dass segeln verboten ist. Gerade hatten wir mal passenden Wind aber wegen des Verbots müssen die Tücher wieder runter.

Rechts und links ist eine lange Kolonne von dicken Betonsäulen, die wartenden Schiffen zum Festmachen dienen sollen. 

Allerdings eher Fahrzeuge der Berufsschiffahrt können hier warten. Wir „Kleinen“ müssten hinter der Wasserschutzpolizeistation an die Pier gehen. 

Da wir aber alleine auf die Brückenöffnung um 15.00 Uhr warten, drehen wir ein paar Kreise, bzw. lassen uns treiben.

Nach einer gefühlten Ewigkeit leuchtet das Lichtzeichen grün und wir können endlich weiter. 

Nach etwa tausenfünfhundert Metern stehen wir am nächsten Hindernis: 

Der Södertalje-Schleuse. 

Diese soll immer um viertel nach der vollen Stunde aufmachen. Als wir kommen ist das Schleusentor zu. 

Wir legen uns an den Wartesteg und ich checke den Bezahlautomaten für die Schleuse, als sich das Tor öffnet.

Oh Schreck! Schnell wieder ablegen. 

Als wir aber in die Schleuse rein wollen, sehe ich die Ampel, die uns noch rot zeigt. Im Zeitlupentempo bewegen sich die Schleusentore in ihre „offen“-Position. Bis das rote Licht endlich aus geht, müssen wir sogar wieder rückwärts fahren. Nicht dass wir noch ein Ticket bekommen!

In der Schleuse mit den bekannten blauen Haltetampen gehen wir entspannt an die Seite. 

Au Backe, der Schleusenwärter kommt. Wir lächeln freundlich. Er auch und fragt ob wir schon ein Ticket holen konnten. Wir verneinen, es ging alles so schnell!

Na ja, konnten wir ja nicht wissen. 

Er hat ein Kartenlesegerät dabei und ich stecke wie fast überall meine EC-Karte ein und bezahle die fünfundzwanzig Kronen. Etwa zwei Euro vierzig.



Dann dauert es nochmal eine gefühlte Ewigkeit, bis das Tor vor uns freie Fahrt gewährt.

Es müssen schließlich noch vier Fußgänger und zwei Radfahrer durchgelassen werden.



Södertalje ist ein Industrieort. Krasser Gegensatz zu dem bisher Erlebten. Eine riesige Fabrik von Astra Zeneca war in der Nähe der Klappbrücke und jetzt kommen wir an Hafenanlagen mit dicken Frachtern vorbei.



Dann sind wir aber schon wieder zwischen wunderbar bewaldeten Hügeln unterwegs.

Wir schauen schon nach einigen Ausbuchtungen, wo man die Nacht verbringen könnte. Denn obwohl das hier ein Fahrwasser für große Schiffe ist, wirkt es ziemlich ruhig und idyllisch hier.

In der Norrviken, sehen wir ein anderes Boot vor Anker liegen. Da passen wir vielleicht auch noch mit rein.

Wir überlegen hin und her, eigentlich wollten wir noch ein Stück weiter. Aber wir sind müde und die Unterbrechung käme uns gelegen.



Wir versuchen ein paar Stellen und schaffen es eine gute Position zu finden, wo wir unserem Nachbarn nicht zu dicht auf die Pelle rücken.



Einige Frachter fahren vorbei, aber die Wellen sind lange nicht so schlimm, wie im Hafen von Stockholm.

Gute Nacht!



24.August2022

Schäre längsseits


Sturm mit über 40 Knoten Wind ist ab Sonntag den 28. August vorhergesagt und der wird voraussichtlich bis Donnestag anhalten.

Vier Tage, die wir nicht auf dem Wasser sein wollen. Welcher Hafen könnte uns ausreichend Schutz bieten und liegt trotzdem auf dem Weg, so dass wir wenigstens weiter vorankommen. 

So langsam haben wir Sorge, dass wir bei häufigeren Schlechtwetterlagen unseren Zeitplan nicht halten können.

Wir wollen gerne noch nach Gotland rüber. Also machen wir nichts verkehrt, wenn wir noch einige Meilen an der Küste nach Süden vordringen.

Richtig schön ist die Fahrt durch den Arkösund. Tolle Landschaft.

Kalvholmen habe ich mir im Navionics angepinnt. Eine wunderbare Schäre wo wir einen Felsen finden, an dem wir zum ersten Mal längsseits anlegen können. 

Der Fels ist glatt, schaut etwa eineinhalb Meter aus dem Wasser und fällt steil ab. Perfekt!

Zwei dicke Eisennägel zum Festmachen gibt es auch.

Was für ein Glück.

Vorsichtig, vielleicht lauert ja doch ein dicker Stein unter Wasser legen wir an.

Das war mal einfach!

Bis auf ein Motorboot, dass gegenüber an einer flachen Stelle an einer Eisenöse festgemacht hat, sind wir allein.

Das Geratter eines Stromaggregats dringt zu uns rüber. 

Typisch Motorboot. Krawallmacher! Wozu braucht man hier einen Stromerzeuger? Haben die einen Elektrogrill oder was?

Keine Ahnung. Aber nach ein paar Stunden schweigt der Moppel.

Jedenfalls hat man allerlei Ausrüstung auf den Fels gebracht. Klapptisch, Liegestühle, auf denen sie sich ziemlich nackt hingefläzt haben. Ein Hund hüpft auch noch herum. 

Wir sind weit genug auseinander um uns nicht gegenseitig zu nerven.



Wir baden natürlich. Ich tauche unter dem Schiff durch. Das Kielholen mache ich beim Ankern einfach zur Sicherheit gerne, um nicht doch irgendwas zu übersehen, was unser Schiff demolieren könnte.



Hier würden wir gerne länger bleiben. Aber wegen der Wetterprognose wollen wir Sonntag in Västervig sein.

Von hier käme man schon gut nach Gotland rüber. Aber der Wind kommt genau aus der Richtung von vorne. 

Bis Lickershamm sind es von hier etwa 70 Meilen.

Also weiter nach Süden.



Distanz: 29 sm





25.August2022


Ein Traummorgen begrüßt uns. Frühstück im Cockpit. Gerne wären wir noch einen Tag hier geblieben und hätten „dolce far niente“ genossen.

Das Segeln in den Schären ist toll, aber auf längere Zeit anstrengend. Volle Konzentration, damit man nicht an einer Untiefentonne auf der falschen Seite vorbeifährt oder falsch abbiegt. Das könnte fatal enden.

Dadurch, dass der Wind sich zwischen den Inselchen dauernd verändert zieht man auch ständig an den Segeln herum. 

Wir nehmen einen Kurs außen herum zu unserem nächsten Stopp. Mal wieder segeln und das Boot einfach laufen lassen, während wir in der Sonne liegen und lesen.

Eine Satire fesselt mich gerade. „Bitte nicht füttern“ heißt der Titel, den ich gegen „Flug nach Arras“ eingetauscht habe. Ein Buch über die Primitivität, die im männlichen Urprogramm steckt.

Rödhallsviken ist unser Ziel. Eine schöne große Bucht, keine Möglichkeit an Land zu kommen und deshalb auch nirgends als spezielle Ankerbucht gekennzeichnet.

Wir wollen hier ja nur übernachten.

Außer einem Angelboot bekommen wir niemanden zu sehen. 

Gleich um die Ecke liegt Norrköping. Keine so attraktive Stadt, deshalb ist hier auch nicht viel los.



Distanz: 26 sm



26.August2022


Den ganzen gestrigen Abend hatte ich überlegt, wo wir als Nächstes stoppen wollen, und es wäre eine sportliche Etappe von über 40 Meilen geworden, wenn, ja, wenn meine Crew nicht gegen sechzehn Uhr Ermüdungserscheinungen zeigte und nach dem heutigen Ziel fragen würde. Tjaaaa, so noch drei bis vier Stunden wären es wohl noch. 

Der Wind war gut und wir kamen ganz ordentlich voran. Da wollte ich gerne „Strecke“ machen.

Die Zustimmung zu diesem Plan blieb mir aber verwehrt. 

Ein paar Stellen gab es unterwegs, die für eine Nacht in Frage kämen. Eine kleine Bucht, die bei Besichtigung als zu eng ausgeschlossen werden musste. 

Bokö war noch ein Vorschlag. Widerstand kam wegen der Einfahrt in das kleine Archipel. Die Zufahrt war gerade 30 m breit und die Plotter-Karte sagte wieder was von 1 Meter Wassertiefe. Navionics auf dem Handy sah aber eine Passage.



Mein Vorschlag: Wir suchen jetzt ein paar Stunden eine neue Möglichkeit oder wir schleichen so langsam es geht durch die Passage.

So krochen wir dann durch die Engstelle: Elke am Bug ins Wasser peilend, ich immer wieder auskuppelnd mit einem Knoten Fahrt und die Tiefen auf dem Echolot durchsagend.

Zwei Meter unter dem Kiel waren es glücklicherweise immer.

Wir brauchten dann nicht einmal zu Ankern sondern konnten an einem sog. Besuchersteg festmachen. 

Allerdings mit Heckanker. Dazu waren zwei Anläufe nötig. Beim ersten reichte die Ankerleine nicht und wir mussten neu setzen.

Beim zweiten Versuch hat es dann doch geklappt, auch wenn der Anker hier reichlich früh fiel. 

Eine schöne Natur umgibt uns und die Insel erinnert uns an den Wilseder Berg in der Lüneburger Heide. 

Ein Infohäuschen zu dem Naturreservat und eine Tauschbibliothek gibt es. Viele deutsche Bücher.

Exupéry wird gegen Profanliteratur getauscht. Ich brauche mal was „Leichtes“. Elke besorgt sich auch neuen Lesestoff.

Eine Personenfähre legt neben uns noch an und spuckt etwa zehn Besucher aus. Sie nimmt auch ein paar von der Insel mit.

Wir sprechen kurz mit einem deutsch-schwedischen Paar, das die Sommer auf der Insel und den Winter in Hamburg verbringt.

Wir wollten ja immer wissen, wie so ein Leben auf der Insel zu organisieren ist und erhalten wertvolle Einblicke.

Planen und im Voraus organisieren. Ansonsten verzichten. Das ist die Kurzformel.

Einkauf mit Motorboot im eine Stunde entfernten Geschäft.



Distanz: 36 sm



27. August 2022



Västervik soll eine ganz attraktive Stadt sein. Wir sind gespannt. Immerhin werden wir hier ein paar Tage bleiben müssen. 

Der reviererfahrene Schwede würde das sicher für übertrieben halten, sich in der Abdeckung der Inseln halten und weitersegeln. 

Wir haben ein angeschlagenes Boot und kennen uns nicht so gut aus. Also lieber ein paar Tage opfern und dann segeln, wenn es uns wieder taugt.

Man fährt einen Fjord hinein, der sich kurz vor Västervik noch einmal sehr verengt. Das ist dann auch die Stelle, wo wir unsere Segel bergen und die letzten eineinhalb Meilen mit Motor zurücklegen.

Vier Yachhäfen gibt es: Die Stadtmarina, die Marina des WSSW-Clubs nebenan, die Pampas-Marina gegenüber und ein Stück vorher noch eine Marina, die zu einem Hotel/Wellnessresort gehört.

Für jeden Geschmack das Richtige.

Die Stadtmarina ist ziemlich edel aufgezogen und prahlt mit dem schicken Restaurant, das Björn Ulvaes gehört (richtig: Der damals dunkellockige von ABBA).

Klar, dass wir die Vereinsmarina bevorzugen, sie ist mit 200 kr (20 Euro) am Tag inkl. Strom die günstigste.

Bis zur Stadt müssen wir die Fahrräder nehmen, aber das macht nichts.

Wir verbringen die Tage damit den Blog zu aktualisieren, Einzukaufen, Routenplanung, Wäsche waschen usw. 

Elke hat mal wieder Gelegenheit zu laufen und zu shoppen. Sie bekommt zwar nichts, aber ich erwerbe den dicken Hafenführer für Südostschweden für rund neunzig Euro. 

Ähnlich wie das Great Harbour Book aus Finnland, findet man Marinas und Naturhäfen. 

Die Sache hat nur einen Haken: Es gibt nur die schwedische Ausgabe. Mit Hilfe einer Übersetzungs-App hoffe ich den Text zu entschlüsseln und mit ein bisschen Phantasie kann ich die wichtigsten Informationen auch so bekommen.

Wir beobachten jeden Tag, wie sich das Wetter entwickelt. 

Froh sind wir hier zu sein, als ein wirklich heftiges Gewitter über uns wegzieht.

Als Elke beim Anschalten unserer elektrischen Herdplatte die Stegsicherung raushaut darf ich raus und versuchen unseren Strom wieder in Gang zu bekommen. 

Leider finde ich die Sicherungen nicht gleich, rolle Verlängerungskabel zu einer anderen Stromsäule aus. 

Dann fliegt die nächste Sicherung. Ich bin „begeistert“. 

Zufällig finde ich den Knopf, mit dem die Säule zu öffnen ist und siehe da: 4 Sicherungen, von denen eine ausgelöst hat.

Ich drücke sie wieder rein und stecke unser Kabel wieder in unsere ursprüngliche Säule, wo ich ebenfalls die Sicherung wieder aktiviert bekomme. 

Aber: Immer noch kein Saft im Boot.

Diesmal ist die Sicherung im Boot raus. 

Wieder rein damit und es geht wieder. Die Herdplatte müssen wir einpacken. Dafür schließe ich die Gasflasche an.

Mit einer halben Stunde Verspätung wird dann unser Essen fertig. 

Ich hole mir trockene Klamotten und stelle unseren Luftentfeuchter an. 

So lange man Landstrom hat ist das eine tolle Sache. So bekommen wir das Boot wieder schön trocken und die Klamotten auch.

U-Boot? 

Wie cool. Besser geht es nicht.

So stellt man sich das vor...

Sonnenaufgang Norviken

Mal wieder unterwegs was lesen.

Fähre nach Bokö

Besuchersteg Bokö

28. 08 .2022

Gewitter


Auf unserer Wetterapp war zu sehen gewesen, dass der „echte Sturm“ erst am Sonntag Mittag losgeht und hatten uns gefragt, ob eine Übernachtung vor Anker und das Einlaufen am Sonntag Vormittag nicht die bessere Idee gewesen wäre.

Als ein Gewitter mit heftigen Regenböen schon zum Frühstück über uns niedergeht, hat sich die Frage erledigt. 

Das wäre kein Spaß gewesen.

Nachdem die Front durch ist, können wir uns auf die Räder setzen und die Stadt erkunden.



29. 08. 2022

Das Wetter ist grauslig. Wir schlafen bis neun. Frühstück unter Deck. Selbst in der Kuchenbude unserem Cockpitzelt, das wir gestern noch aufgebaut haben, ist es zu ungemütlich.

Elke braucht Bewegung und zieht mit Yogamatte bewaffnet in den Clubraum des Segelvereins. Während Elke anschließend noch im dortigen Wlan Youtube guckt, schreibe ich am Blog weiter.

Eigentlich wollte ich noch ein Video fertig machen, aber alleine das Sammeln der Daten von 3 Handys, Filmkamera und Fotoapparat dauert Stunden.

Ich hatte eine Buchhandlung ausfindig gemacht. Dorthin wollen wir, und sehen, ob man noch einen Hafenführer für Schweden bekommt. Lebensmittel brauchen wir auch noch.

Die Buchhandlung hat tatsächlich Seekarten und Hafenführer. 

Ähnlich wie mein Great Habour Book aus Finnland werden im Hamnguiden Gast- und Naturhäfen beschrieben. 

Prima, genau was wir brauchen. Die Sache hat aber einen Haken: Es gibt ihn nur auf schwedisch. 

Mit den Bildern kann man aber was anfangen und wenn man jedes dritte Wort sinngemäß einordnen kann, versteht man schon das Wichtigste.

Ich lade mir eine Handy-App herunter, mit der man den Text fotografieren und übersetzen kann. 

Die Ergebnisse sind oft sehr lustig.

So sind die Einfahrten rot und grün „gesprenkelt“. „Markiert“ wäre korrekt, aber woher soll die App das wissen?
Wir machen noch eine  kleine Radtour. An einem Privathafen machen wirein Pcknick und können einen Otter bei der Nahrungssuche beobachten. Wir filmen das Tier aber es ist nicht größer als eine Ratte. Schwer zu verfolgen.



30. 08. 2022


Ich fühle mich den ganzen Tag müde und lege mich mittags hin. Wir packen die Räder ein und bauen die Kuchenbude ab. Abends backen wir Pizza. 

Morgen soll das Wetter wieder segelbar sein. 

Wir wollen nach Gotland rüber.



31. 08. 2022

Ohne Frühstück legen wir um 5:50 Uhr ab. Es liegen etwa 60 Seemeilen vor uns.

Der Wind kommt immer noch kräftig und als wir den Schutz der Küste und Inseln verlassen, müssen wir ins 2. Reff gehen. 

Auch das Vorsegel verkleinern wir nach und nach. 

Die Windrichtung ist zwar gut und wir fahren eine gute Geschwindigkeit, aber die Wellen sind durch den Sturm der letzten Tag wirklich ziemlich hoch und steil. 

Das Boot stampft und fällt die Wellen regelrecht herunter, was jedes Mal einen Schlag auf den Rumpf ergibt.

Als noch neun Stunden Fahrt vor uns liegen und wir bereits zwei Stunden gesegelt sind, brechen wir ab. 

Wir wollen und können uns und unserem Boot das nicht länger antun.

Dann muss Gotland eben auf einen späteren Besuch warten.

Schade, aber es wäre einfach unvernünftig an dem Plan festzuhalten. 

Wir drehen also bei und müssen uns ein neues Ziel suchen. 



Gar nicht so einfach am Tablet bei dem Seegang etwas Passendes zu finden.

Eine sehr gut geschütze Bucht hatte ich mir schon im Winter markiert. Sie stammt aus einem Buch von Wilfried Erdmann, der dort von Freunden einmal hingeführt worden war:

Solberganäset.

So schwierig wie der Name, ist auch die Navigation dorthin. Es geht durch enge Schären. Flache Passagen, ein Wirrwarr aus Fahrwassertonnen. Tonne ist eigentlich zu viel gesagt, denn es sind grüne und rote Stäbe im Wasser.

Oft ist die Farbe gegen das Licht nicht gut zu erkennen. Sie ist aber elementar wichtig, damit man auf der richtigen Seite passiert und nicht auf Fels landet.

Nach einer guten Stunde haben wir das ruhigere Wasser erreicht und Elke versucht mit Karte und Fernglas die Tonnen und Richtungen vorzugeben, wo ich hinfahren soll.

Häufige Richtungswechsel bedeuten: Ständig hin- und her halsen. Wir haben den Wind von hinten und da muss das Großsegel kontrolliert von einer auf die andere Seite geschwenkt werden. Ohne den Großbaum zu bremsen, würde er einfach so auf die andere Seite knallen, wenn der Wind plötzlich die falsche Seite des Segels anströmt.

Wir machen das mit Hilfe des Bullenstanders, damit wir nicht jedes Mal die Großschot kurbeln müssen.

Die Einfahrt in die Bucht ist äußerst spannend. Es soll dort Unterwassersteine geben, die man besser nicht treffen sollte.

Die Tiefe ist „ausreichend“ wir haben bis zur Ankerstelle aber oft nur 0,5m auf dem Echolot unter dem Kiel.

Am Ankerplatz selbst geht es in den Minusbereich! Verdammt nochmal, bis Zweifünfzig soll es tief sein. Aber hier sind überall Wasserpflanzen. Die verwirren das Lot.

Also scheint doch Alles zu passen.


Wir liegen wie in Abrahams Schoß und erholen uns erst mal. Das war heute wirklich anstrengend.


Distanz: 52 sm



01. 09. 2022

Die Sonne lacht, als wäre nichts gewesen. Im Cockpit lassen wir uns das Frühstück schmecken. 

Es wird Herbst. Heute Morgen waren nur noch vierzehn Grad im Boot und die Heizung läuft zum ersten Mal seit langem.

Das Gerät aus dem Reich der Mitte springt auch tatsächlich sofort ohne „Mullen und Knullen“ an und wärmt auf gemütliche zwanzig Grad.

Unsere heutige Route führt durch engste Passagen und einen wahren Stangenwald. 

Im Slalom, ein Auge auf dem Plotter, das andere Auge auf die nächste Markierungsstange gerichtet, arbeiten wir uns vor. 

Ich bin mega angespannt. Puls 130. Wenn es eine Alternative außen herum gegeben hätte, uns wären die Reize dieser Strecke entgangen.

Hinterher kann man immer sagen: Oh es war doch superschön!. Aber während wir zwischen den Steinen hindurchnavigieren bin ich nicht so überzeugt. 

Wenn direkt voraus die Felsen aus dem Wasser ragen, und man nicht einschätzen kann, „muss ich da noch herum oder schon vorher abbiegen?“ und kurz bevor man denkt, „jetzt geht es nicht mehr weiter“ taucht eine Fahrwassermarkierung auf, die einem den Weg weist, dann ist volle Konzentration gefragt.

Natürlich gewöhnen wir uns daran. Am Anfang unserer Schärensegelei hätten wir nicht im Traum daran gedacht, dass wir so eine Strecke heile überstehen. Höchster Respekt ist nach wie vor dabei.

Der wird uns aber auch von anderen entgegenkommenden Seglern gezollt, weil wir die Strecke tatsächlich auch unter Segel machen.

Nur nicht leichtsinnig werden!

Elke bedient die Segel und achtet auf die Karte und Tonnen. Sie macht das wirklich gut. 

Um sechzehn Uhr sind wir in Pataholm. Ein ziemlich verlassener Holzsteg eines Seglervereins, der früher zu einem Sägewerk gehörte.

Wasser und Toiletten gibt es nicht. Aber Strom können wir aus einer Steckdosensäule abzapfen.

Abends kommt noch ein Vereinsmitglied um nach dem Rechten zu sehen. Wir reden ein wenig. Geld will er keines und so übernachten wir hier gratis.

Ein paar Würstchen haben wir noch im Kühlschrank, das Wetter ist gut, also wird der Grill entzündet und direkt neben dem Schiff aufgebaut.



Distanz: 27 sm



Yogastunde im Vereinsheim

Regenschutz

Unterwegs im Verregneten Västervik

Innerer Hafen von Västervik

Aufdringliche Model-Katze

Schau her, bin ich nicht süß?Posiert die Model-Katze

02. 09. 2022

Nachdem Elke im Internet herausgefunden hat, dass Pataholm ein ausgesprochen niedlicher alter Seefahrerort ist, müssen wir natürlich noch einmal gucken gehen.

Wir laufen etwa tausendfünfhundert Meter und sehen das, was wir Touristen in Schweden sehen wollen: Holzverkleidete Häuser mit Verzierungen, hübsch gestaltete Gärten. Die Zeit ist hier stehen geblieben.

Am „Hafen“ lauter kleine Stege mit kleinen Fischerbötchen. 

Es gab hier um 1900 sogar einen Kurbetrieb. Ein Gasthaus mit Garten und kleiner Bühne, wo einst die Edeldamen herumflanieren konnten. Heilwasser wurde durch eine Leitung von einer Quelle heran transportiert.

Eine Katze mit orangefarbenem Fell verfolgt uns in dem Garten. Sie springt auf eine Infotafel als wir davor stehen, auf ein Deko-Boot, das wir uns ansehen und scheint für uns für Fotos zu posieren. Das macht sie noch einige Male so mit den kleinen Sehenswürdigkeiten, die wir hier finden. Offensichtlich die Model-Katze von Pataholm. Wir hoffen sie ist nicht enttäuscht, dass wir sie nur auf ein Foto mitnehmen.

Gegen halb elf legen wir ab und setzen Kurs auf eine Ankerbucht, die wir im schwedischen Hafenführer gefunden haben.

Sie liegt etwa 23 Meilen voraus. Eine gute Entfernung für einen Tagestörn. Ich fühle mich aber nicht wohl mit den Ankermöglichkeiten. 

Die Bucht scheint gespickt mit untiefen Steinen. 

Fünf Meilen bevor wir dort sind, gewinnt mein Bauchgefühl. Es gibt etwa fünfzehn Meilen weiter eine Bucht, die zwar ziemlich offen, aber wie von einem Riff, gegen Wellen vom Meer geschützt ist. Sie ist größer, so dass man mit mehr Kette liegen kann. Damit kann man dann auch mehr Wind vertragen.

Kurze Rücksprache mit meiner müden Mannschaft, dann segeln wir weiter. Gegen halb acht sind wir dort. 

Natürlich auch hier erst einmal durch ein Labyrinth von Steinen und Untiefen, um eine kleine Insel herum und dann den Anker auf fünf Meter Wassertiefe mit reichlich Kette fallen lassen.

Hier fühlen wir uns ziemlich sicher. Der flache Steinwall zum Meer ist kaum auszumachen. Die Wellen brechen darüber hinweg. So sieht es fast aus, als liegen wir ziemlich weit draußen.

Am Ufer sind ein paar Häuser zu sehen. Aber nicht lange, denn es wird bald dunkel.

Verrückt, dass es jetzt schon so früh dunkel wird, vor vier Wochen, lagen wir draußen und es war noch um Mitternacht dämmerig hell.

Unterwegs, als wir gerade unsere erste Ankermöglichkeit verworfen hatten, hören wir über Funk unseren Schiffsnamen!

Wir zucken kurz zusammen.

„Yggdrasil, Yggdrasil für True Love“. 

Das Handteil der Funke liegt immer in Reichweite und melde mich sofort. True Love ist ein Boot, was wir in Kloster auf Hiddensee am Anfang der Reise getroffen haben. 

Rainer hatte uns mit Flickzeug ausgeholfen, was auf der Insel nicht im Handel aufzutreiben war und uns so aus der Patsche geholfen. Wir waren damals ins Gespräch gekommen.

Ein paar Mal hatten wir dann unterwegs noch Kontakt gehabt.

Ich dachte aber sie wären schon viel weiter vor uns. Nun sehen wir, dass sie gerade von Öland aufgebrochen sind und sich gerade vier Seemeilen vor uns befinden.

Ihr Ziel ist Kristianopel. Dorthin haben wir es heute nicht geschafft. Aber wir haben uns verabredet, dass wir uns dort Morgen treffen wollen.


Distanz: 42 sm


03.09.2022

Bis Kristianopel sind es gerade mal acht Seemeilen. Gegen elf sind wir im Hafen.

Rainer und Irena erwarten uns schon und weisen uns auf dem Nachbarplatz ein. 

Es gibt viel zu erzählen.

Wir wollen uns natürlich den hübschen Ort ansehen. Er war mit bedeutenden Befestigungsanlagen einst ein wichtiger Militärposten. Um die ganze Stadt herum führt eine begehbare Festungsmauer.

Eine schöne Kirche, die aus Steinen der Befestigungsanlage erbaut wurde und die schnuckeligen Schwedenhäuschen. Zum Verlieben.

Rainer hatte mit Irena von einem Apfelkuchen gesprochen, den er mit Öländischen Äpfeln in den Ofen schieben wollte.

Kurzerhand laden wir sie und den Apfelkuchen zum Kaffee bei uns an Deck ein.

Wir stiften noch Sahne und machen uns über den Kuchen her. 

Mit Walnüssen verfeinert und Zimt bestreut, ist er ein Gedicht.

Bis Abends reden wir und es wird sich ergeben, dass wir die nächsten Tage gemeinsam unterwegs sein werden.


Distanz: 8 sm


04.09.2022

Jod We De, oder janz weit draußen. 

Das ist Utklippan. Eine oder genauer zwei Schären, die südlich in der Hanöbucht liegen.

Eigentlich ist da nichts außer einem kleinen Hafenbecken, einem Leuchtturm, einer Sauna (leider kein Holz da), einem Café, das aber zu hat, Häusern für die Vogelkundler, die hier wohl immer mal wieder tätig sind. Und es gibt einen ziemlich neuen Aufenthaltsraum für Segler mit Tauschbibliothek.

Trotzdem ist der Hafen ein beliebter Treffpunkt und bietet an die 70 Seglern Platz. Das übersteigt allerdings meine Vorstellungskraft. 

Voll belegt, gibt es zwischen den Booten dann keine sichtbares Wasser mehr.

Jetzt ist aber außer True Love nur ein Schweizer Boot mit einem netten Pärchen, Franziska und Matthias, sowie ein Schwede dort. 

Das Boot der Schweizer liegt allerdings normalerweise in Kiel. Mal sehen, ob wir uns in Norddeutschland noch Mal sehen. Kontaktdaten sind jedenfalls ausgetauscht.



Später kommt noch eine polnische Mannschaft, die aber nach einem vermurksten Anlegmanöver und kurzem Landgang wieder ablegt und ein weiterer Schwede und ein Charterschiff mit sieben Leuten, die wir nicht einordnen können.



Wir blasen das Dinghy auf, denn das ist die einzige Möglichkeit auf den Teil der Schäre zu kommen, auf dem Sauna und Leuchtturm stehen.

Die erste Erkundungstour mache ich mit Rainer. 

Danach fahren Elke und ich sowie die Schweizer noch einmal rüber um die verwaiste Insel zu erkunden.

Es wäre schon toll gewesen, die Sauna zu nutzen, aber das Holz reicht nur noch für Zimmertemperatur.

Wir treffen uns aber noch zum Grillen, jeder bringt was mit, und als es zu kalt wird sabbeln wir im Schein von Kerzen im gemütlichen Aufenthaltsraum.



05. 09. 2022


Von Franziska und Matthias verabschieden wir uns. Sie steuern die Erbseninseln an. Mit Irena und Rainer fahren wir nach Karlskrona.



Die Beiden sind immer etwas schneller unterwegs als wir. Daher brechen wir früher auf. Sie kommen dann auch kurz nach uns dort an.

Hier gibt es ein tolles Marinemuseum, das wir uns ansehen wollen. 

Als wir dort sind, stellen wir fest: Montags geschlossen. 

Das ist Pech. Also machen wir einen Rundgang durch Karlskrona. Wir finden nach einer Weile auch die Shopping Meile, wo viel Betrieb ist. Der Rest der Stadt wirkte etwas trist und ich vermutete schon, dass es hier keine höheren Lebenformen gibt.

Elke lässt dann auch erst mal Ihre Brille kleben. Die Reparatur in Stockholm hatte zwei Wochen gehalten. Mal sehen wie lange es jetzt hält.

Distanz: 23 sm

Oh wie niedlich

Für Alle, die auf Vintage und Floral stehen: Schöne Dinge in Kristianopel

An Kalmar fahren wir vorbei

06. 09. 2022


Nach den Hafentagen ist mal wieder ankern dran. Unabhängig von einander haben wir die Insel Tärnö ausgemacht, die ideale Voraussetzungen bei Südwind bietet.

Also fahren wir los. Der Wind ist eher mäßig und direkt von hinten. Wir setzen den Gennaker. Das haben wir seit wir in Skanidanvien unterwegs sind, nicht mehr gemacht. 

Leider löst sich beim Setzen gleich der Schotschäkel und wir müssen das flatternde Tuch einfangen um die Schotleine wieder zu befestigen und die Kontrolle über das Tuch zurückzubekommen.

Es ist noch einige Welle und so ist es etwas knifflig das Segel so zu fahren, dass es nicht dauernd wieder zusammenfällt.

In Schmetterlingsstellung, also Großsegel Steuerbord und Gennaker Backbord bekommen wir eine recht stabile Segelstellung, allerdings bekommen wir sofort Probleme, wenn das Boot etwas aus dem Wind dreht.

Mit dann bis zu siebeneinhalb Knoten, die aber auch immer mal wieder auf drei Knoten abfallen sind wir recht zügig am Ziel.

Die True Love kommt vor uns an und wartet an einem Steg auf uns.

Wir streichen Ankern durch Anlegen und machen erstmal fest. Die benutzung des Gasthafen kostet zu dieser Zeit nichts mehr. Man kann aber spenden.

Leider macht der Rücken wieder Schwierigkeiten.

Von einem Rundgang über die Insel verabschiede ich mich daher vorzeitig. Die höchste Spitze mit den ehemaligen Kanonenstellungen haben wir uns aber noch zusammen angesehen.

Auch hier lässt der kalte Krieg noch grüßen.

Früher war hier Sperrgebiet. Heute gibt es einen Seglerimbiss mit Anlegesteg, der trotz mäßiger kulinarischer Qualität ein beliebter Wassersporttreffpunkt ist. Der Laxboden. Er hat jetzt auch schon geschlossen, was jetzt nicht wirklich eine Einschränkung für uns bedeutet.

Bevor wir uns zum Grillen treffen, gehen wir noch eine kurze Runde schwimmen. Achzehn Grad Wassertemperatur ist für die Ostsee als warm einzustufen. Die Badeeinsätze werden aber kürzer.

Eine heiße Dusche und dann bereiten wir uns auf´s Grillen vor.

Bänke sind vorhanden ebenso eine Grill und Lagerfeuerstelle.

Nach dem Grillen entzünden wir ein Feuer und schwatzen bis nach zehn Uhr bis es wirklich zu kalt wird.



07. 09. 2022

Es wird wieder stürmisch


Eine meteorologische Störung ist auf dem Weg zu uns und wird das Gebiet am Mittwoch Abend erreicht haben.

Die sinnvollste Option ist ein Hafen, der etwas landeinwärts liegt. Deshalb haben wir uns Sölvesborg ausgesucht. 

Der eigentliche Gasthafen ist wegen Abrutschgefahr gesperrt. Daneben gibt es eine Holzpier. Wir machen dort fest.

Die Hafeneinrichtunge für Gastlieger sind auch geschlossen. Wir werden uns also mit Bordmitteln über behelfen müssen.

Rainer hat an einer Steckdose noch Restguthaben gefunden, das er anzapft. Wir hoffen dass wir mit den Reserven und unserer Erzeugungskapazität aus Solar und Wind über die Runden kommen.

Wasser gibt es in der Nähe.

Damit sollte es möglich sein, die Tage bis die Sturm durch ist, zu überstehen.



08. 09. 2022


Obwohl es windig in der Nacht war, hat unser Windgenerator, der hörbar gearbeitet hat, es nicht geschafft, den Nachtverbrauch zu decken. Außer dem Kühlschrank läuft eigentlich nichts.

Elke macht sich prompt Sorgen, ob wir uns Kaffee aus der Maschine leisten können und wie wir unsere Energiekrise meistern.

Wir haben noch 80% Batteriekapazität. Das sollte eigentlich für ein paar Tage reichen.

Nach dem Frühstück, das Kastenweißbrot, das gestern Abend die Backmaschine verlassen hat, ist nach einige Misserfolgen, die wir uns nicht recht erklären können wieder optimal geworden, gehen wir mit Irena und Rainer auf eine Wanderung. 

Es gibt hier einen „Berg“ mit 124 Metern, den wir erklimmen. Die Pfade finden wir mit Locus-Maps und Outdooractive. Sie führen durch schönen Buchenmischwald.

Es ist halb zwei, als ich mich auf unser Restaurant freue, denn mein Rücken der wieder weh tut und mein großer Zeh, der vermutlich wegen Arthrose schmerzhaft geschwollen ist, wollen nicht mehr unterwegs sein.

Das Restaurant Blaregn liegt zentral in der Stadt daneben ein Antikladen und eine Galerie hat einen schönen Garten zum Sitzen. Drinnen ist es auch gemütlich.

Für Schweden ist es unfassbar billig: Es gibt drei Menüs und jedes kostet nur hundertfünfundzwanzig Kronen.

Salatbuffet, Suppe und Hauptspeise zum Nachtisch Kuchen und Kaffee. Wir genießen es.

Die Frauen nehmen etwas mit Zucchini, ich nehme Rindersteak und Rainer kommt mit gebratenem Hering klar.





Nils Holgersson flüchtet

Lagerfeuerromatik in Tärnö

Da geht der Hut hoh: Rosenbom-Figur Opferstock für Bedürftige

Reataurang Blaregen

Lecker und günstig Zucchinimenü

Bis neun Leute sollen da mitfahren können?

Verspielte Kunst in Karlskrona

Leider geschlossen: Marinemuseum

09. 09 .2022



In der Nacht hat der Wind gezeigt, was er drauf hat. An den Leinen hat es mächtig gerissen und das Boot hat mit Schräglage am Pier gehangen. 

Der Windgenerator hat unsere Akkus um fast 10% geladen. Er funktioniert tatsächlich, aber die Windgeschwindigkeiten waren in den Böen auch fast 100 km/h. Das ist dann schon kurz vor der strukturellen Desintegration des Gerätes.

Auch tagsüber ballert es gewaltig.

Mit Irena und Rainer haben wir uns für eine Zugfahrt nach Kristianstad verabredet.

Der Bahnhof ist fünf Gehminuten vom Hafen entfernt. Am Automaten geht der Kartenkauf ziemlich einfach.

Hin- und zurück sind es etwa zehn Euro. Gruppenrabatt ab zwei Personen - das geht.

Der Zug ist pünktlich und bringt uns in etwa fünfundzwanzig Minuten nach Kristianstad.

Es gibt einen schönen Naturrundweg, der am Naturum, einem Lernort mit toller Ausstellung und Autioguide beginnt. Hier lernt man viel über das Vattenriket, das Wasserreich.

Die ganze Gegend wird immer wieder überschwemmt und hier gibt es eine große Vielfalt an Pflanzen und Tieren. 

Cool ist die „Fahrt“ in einem Simulator durch die Wasserwelt. Man sitzt wie in einem U-Boot, das aber auch fliegen kann und über und unter Wasser herumbraust. 

Kleine „Erschrecker“ sind eingebaut und gleich am Anfang kollidiert man laut knallend und rumpelnd mit einer Möwe. 



Auf der Wanderung macht mir natürlich der blöde Zeh zu schaffen. Aber mit der richtigen Einteilung schaffen wir es noch die alte Ruine der Burg anzusehen und durch Kristianstad zu laufen. 

Wir gehen ins Café, wo es leckeren Kuchen gibt und Kaffee-Flatrate.

Elke sucht die Geschäfte nach maritimer Oberbekleidung ab. 



Ein 70% reduziertes Kleid wird aber aufgrund fehlender Passform wieder abgewählt.

Kristianstadt ist schon einen Besuch wert. 

Es gibt hier alles, was es in einer richtigen Stadt eben so gibt.

Um halb sechs nehmen wir den Zug zurück nach Sölvesborg. Nun ist er mit Pendlern gut gefüllt. Wir bekommen aber Sitzplätze.

Am Boot ist noch alles in Ordnung.

Bei uns gibt es mal wieder Pizza, die Stromvorräte schrumpfen aber in Richtung fünfzig Prozent und Elke fürchtet, dass es nicht reicht.



10. 09. 2022



Der Sturm hat etwas früher nachgelassen als gedacht. Wir können daher um viertel vor neun in Richtung Simrishamn aufbrechen.

Durch den Wind der letzten Tage gibt es eine hohe nervtötende Welle. Dadurch, dass das Boot so stark schaukelt und der Wind nicht stark genug weht, knallen die Segel hin und her.

Es wird besser, als wir das Vorsegel reinholen und den Gennaker setzen. 

Er killt zwar auch immer wieder, aber das Geschaukel ist bedeutend besser. 

Nebeneffekt: Wir sind auch schneller unterwegs.

Kurz nach der True Love laufen wir in den recht leeren Hafen von Simrishamn.

Die Hafengebühr ist schon ziemlich hoch und wir verzichten auf die Buchung von Elektrizität. Das spart immerhin etwa vier Euro.



Wir machen noch einen kurzen Gang durch die nette Stadt, aber sie wirkt nach der Saison ziemlich ausgestorben. 

Viele Geschäfte haben schon früh zugemacht und wir glauben, es wäre schon Sonntag. 

Elke bemerkt unseren Fehler bei einem Gespräch mit Sohn Felix, dem sie einen schönen Sonntag am Telefon wünscht, was er mit „Heute ist Samstag!“ gleich richtigstellt.



Distanz: 32 sm





11. 09. 2022



Um halb neun startet True Love nach Bornholm. Wir stehen gerade auf und machen Frühstück. Wir haben nicht so gut geschlafen, und mir ist um halb vier morgens eingefallen, dass wir kein Brot zum Frühstück mehr haben. Also stellen wir noch den Brotautomaten an, der das Brot pünktlich zum Aufstehen fertig hat.

Kurz nach neun machen wir uns dann auch klar und segeln los.

Nachdem der Wind nach einer Stunde etwas nachlässt, ziehen wir wieder den Gennaker hoch. Gegen Mittag soll der Wind einschlafen, und dann wird das letzte Stück zäh. Es ist immer noch ziemlich Welle und trotz Halbwind schlagen die Segel. 

Mit dem Gennaker ist es dann wirklich viel besser und die Logge steigt hin und wieder auf über 8 Knoten. 

Wir freuen uns, wie Yggdrasil durch die Wellen pflügt. Macht richtig Laune. Allerdings ist der Autopilot überfordert und so steuere ich von Hand. 

Da Bornholm in Sicht ist, kann ich die Nordspitze der Insel anpeilen womit sich der Kurs leichter halten lässt, als wenn man nur den Kompass zur Unterstützung hat.

Um halb eins holen wir die Segel runter. 

Eine felsige Steilküste erwartet uns, allerdings auch eine schwarze Regenwolke, die uns mit dicken Tropfen beschenkt.

Hoch oben über dem Hafen liegt die bereits um 1550 aufgegebene Festung Hammerhus. 

Eine der größten Burgen im Norden. 

Rainer und Irena erwarten uns schon im Hafen und nehmen unser Leinen entgegen. Das ist immer eine große Hilfe. Außerdem haben sich die beiden schon Gedanken über das Besucherprogramm gemacht. Prima Fremdenführer!

Nach dem Anlegerkaffee wandern wir zur Burgruine hinauf. Ein großes Besucherzentrum informiert über die Geschichte.

Danach wandern wir nach Allinge um dort auf Rainers Empfehlung das Fischbuffet zu plündern, das es für 165 Kronen (etwa 20 Euro) bis 16.00 Uhr in der alten Räucherei gibt.

Mega lecker und wir essen mehr, als unser Magen sich gewünscht hat. 

Das Bier dazu ist schmeckt und mit 7,50 Euro leider teuer.

Wir hatten leider auch Not, rechtzeitig am Buffet zu erscheinen, weil uns auf dem Wanderweg nach Allinge einige Kühe aufgehalten haben, die dort in den Wiesen und Wäldern frei herumlaufen.

Um so schneller verschwanden Lachs und Hering von unseren Tellern im Bauch, was sich noch in einer schlaflosen Nacht rächen sollte.



Wir wandern zurück an der großen Wasserfläche des Hammer Sø und kommen zum ehemaligen Steinbruch. Groß und rechteckig mit senkrechen Wänden liegt ein See mit klarem Wasser vor uns. Die Wände fallen zehn bis zwanzig Meter bis senkrecht zum Wasser ab. Wie ein riesiger Swimmingpool sieht es aus, und wir können uns an ein Bad an der einzigen flachen Stelle im Osten des Sees nicht verkneifen.

Natürlich haben wir keine Badesachen dabei. Wir pfeifen auf die Kleiderordnung. Das Wasser ist frisch, vielleicht achtzehn Grad. 

Wenn man lange genug im kalten Wasser bleibt, prickelt die Haut hinterher so wunderbar und es man friert überhaupt nicht.

Wunderbar erfrischt wandern wir zum Hafen zurück. 



Distanz: 23 sm



12. 09. 2022


Elke geht Laufen. Steile Straße rauf und wieder runter. 

Frühstück ist vorbereitet und wir duschen in den recht neuen, aber trotzdem schon arg benutzten Dusch/Toilettenkabinen.

Es stehen viele Wohnmobile herum und so haben wir schon Zweifel, ob die die Kapazität mit insgesamt drei Duschen und drei Toiletten für die Hafenlieger und die anderen Touristen ausreicht.


Gegen zehn tuckern wir um die Nordspitze der Insel nach Alinge. Trotz Flaute segeln wir seeehr langsam, drei der sechseinhalb Meilen.


Die Hafeneinfahrt ist nicht „Ohne“. Bei viel Welle und auflandigem Wind wohl problematisch. 

Direkt hinter der Öffnung der Mole muss man scharf nach rechts in das Vorbecken des Hafens. Bei auflandigem Wind gibt es hier richtig Welle und es wird nicht einfach sein, das Boot unter Kontrolle zu halten.

Dann muss man links herum durch ein schmales Tor in den inneren Hafen, in dem man dann ziemlich geschützt hinter einer hohen Steinmauer liegt. 

Bei zu viel Wind wird das Tor zum Hafen geschlossen. Keiner kann rein, keiner raus. 

Franziska und Matthias, die wir auf Utklippan getroffen haben, hatten hier im geschlossenen Hafen abgewettert und uns krasse Bilder von branden Wellen geschickt, die über die Mauern hinweg gingen.

Nach dem Sturm konnten sie erst nicht auslaufen, weil das Tor repariert werden musste.

Viele Häfen auf Bornholm sind mit diesen Toren versehen.

Das sollte man wissen, wenn man hier bei Sturm Schutz sucht.

Als wir im Hafenbecken ankommen machen wir bei True Love erst mal im Päckchen fest. Das heißt, wir binden unser Boot an ihrem Boot fest.

Als eine Hanse 385, die an der Kaimauer liegt, den Hafen verlässt, übernehmen wir den Platz.

Wir ziehen uns mit den ausgebrachten Leinen hinüber. 

Irena führt das Boot an den Vorleinen und ich gucke, dass wir hinten an der Mauer festmachen können. Elke sitzt auf der Bordwand und hält mit den Füßen den Abstand zur Mauer. Anschließend verholen wir noch True Love auf den Platz, der hinter uns ist.



Nach dem Kaffee, laufen wir etwas durch die ausgestorben wirkende Stadt. 

Sehr hyggelig (gemütlich). Blumen vor den Haustüren. Meist Rosenstöcke oder Rittersporn. 

Es gibt aufgrund des milden Klimas sogar einige Feigenbäume.

Wir backen noch Brote und Elke wäscht zwei Ladungen Wäsche.

Als Abendessen gibt es Spaghetti, wir haben noch Hacksoße, die weg muss, und Spaghetti schmecken ja immer.

Es gibt in Schweden etwa 10 Naturum an besonderen Orten

Fahrt im Simulator

Leihkajaks für das Wasserreich im Kajakomat

Bei Überflutung nötig:
Holzsstege im Wasserreich

Mit 8 Knoten zieht uns der Gennaker nach Bornholm

Der Autopilot heißt Elke

Malerischer Weg nach Hammerhus

Keinen Schritt weiter!

Wei ein riesiger Pool

Nach dem Bad

Kirche in Allinge

13.09.2022



Das Wetter ist grauslig. Nachmittags soll es etwas besser werden. Um dreizendreißig starten wir nach Gudhjem. 

Das ist keine weite Reise, aber von dort können wir mehr unternehmen.

Der Wind ist heftig. Nur mit unserem kleinen Focksegel machen wir über sieben Knoten. Eine gute Stunde später kommt die Hafeneinfahrt des Schreckens. 

Richtig schmal vielleicht acht Meter. Rechts und links schroffe scharfkantige Felsen. 

Der Wind bläst uns direkt an der Hafeneinfahrt vorbei und ich muss schon ordentlich Drehzahl anlegen, damit wir wieder in gerader Linie hineinfahren können. 

Obwohl die Segel unten sind liegen wir schräg. Die Wellen lassen uns heftig pendeln.

Glücklich schaffen wir das Nadelöhr.

Dann müssen wir noch durch das Tor in den eigentlichen Hafen.

An der Hafenmauer machen wir hinter True Love fest.

Der kleine Trip hat erstmal gereicht.

Am Bezahlautomaten erledigen wir unsere Einklarierung.

Die Heiligdomklippen sollen zu Fuß etwa 5 km entfernt liegen. 

Trotz der Probleme mit meines schmerzenden Zeh will ich mir die sehenswerten Felsen nicht entgehen lassen. Dort soll es auch eine begehbare Grotte geben.

Ein schöner Weg mit vielen Steigungen, Treppen und Brombeerbüschen zieht sich endlos. 

Wir kommen einfach nicht an. Ich bekomme schon Rückenprobleme und der Zeh ist auch schon dick.

Rainer hat auch keine Lust mehr. Wir drehen um, als uns die Navi App immer noch einen weiteren Kilometer angibt. Da sind wir schon über fünf Kilometer gelaufen.

Weil ein Baum auf dem Weg liegt müssen wir an den Kiesstrand herunter klettern. Dort gibt es massenhaft Brombeeren, die dick und reif sofort von uns abgeweidet werden.

Lecker. Noch leckerer: Das Eis, was wir an unserem Hafen essen, als wir gegen halb acht wieder zurück sind.



14.09.2022



Die Duschen des Hafens sind schwer zu finden. Aus einem Plan beim Hafenmeister werden wir erst beim zweiten Mal fündig. Die Ausschilderung weist lediglich den Weg zu einer Waschmaschine. 

Scheinbar war dann auf dem Schild kein Platz mehr für ein Duschsymbol.

Im Keller der örtlichen Bibliothek, versteckt gibt es zwei Bäder, die wir mit einem Zahlencode öffnen können.

Um zehn geht die Fähre zu den Erbseninseln. 

Mir widerstrebt es eigentlich, aber bei dem Sturm ist uns die Fahrt mit dem eigenen Schiff zu riskant.

Die Hafeneinfahrt ist auch dort tückisch und bei hohen Wellen und Strömung nicht ganz einfach. 

Wir werden das einmal nachholen.

Die Inseln Christiansö und Frederiksö sind mit einer Brücke verbunden und wirklich sehr interessant. Sie waren immer von strategischer Bedeutung. 

Starke Befestigungen zeugen von dieser Vergangenheit.

Heute sind sie ein Naturparadies, und wir sehen richtig viele Seehunde die an der Ostseite der Insel hin-und herschwimmen.

Die Filmkamera mit dem großen Zoom habe ich natürlich nicht mitgenommen. 

Iphone und Fotoapparat strengen sich an, erkennbare Bilder von den Tieren zu bekommen.

Man sieht kleine schwarze Punkte. 



Um vierzehn Uhr geht die Fähre zurück. Die Wellen sind heftiger in dieser Richtung. Einige Fahrgäste haben ein dezentes Grün im Gesicht. Viele halten sich trotz des Wetters lieber im Freien auf. 

Wir finden es im warmen Innenraum ganz gemütlich.

Zu Hause in unserem Schiff trinken wir Kaffee, kaufen dann ein und suchen die Bushaltestelle, von der wir Morgen Richtung Rönne fahren wollen.

Das Busticket kaufen wir mit etwas Mühe (dauerte eine Stunde) online. 



15.09.2022



Dreihundert Kronen kostet das Tagesticket für uns beide. Etwa vierzig Euro. Dänemark ist deutlich teurer als Schweden. Das haben wir auch im Supermarkt bemerkt. 

Eine Stunde fahren wir nach Rönne. 

Wir sind hier auf der Wind zugewandten Seite und der Sturm hat noch immer Kraft. 

Die Wellen peitschen gischtschäumend über die Quadropoden und Felsen, die als Schutz den Hafen einrahmen.

In der Stadt gibt es gute Einkaufsmöglichkeiten. 

Elke sucht nach maritimer Bekleidung.

In der Hafengegend gibt es noch einen Yachtausstatter, da wollen wir auch noch gucken. 

Vielleicht hat er gute Segelstiefel.

Elke hat nämlich immer kalte Füße. Mit drei Schäkeln als Teile für die Ersatzteilkiste verlassen wir am Ende den Laden.

In Ystad, wo wir noch vorbeikommen wollen, soll es aber einen guten Schiffsausrüster geben, der „Alles“ hat. 



Wir verlassen Rönne gegen Mittag und steigen in Swaneke wieder aus. Hier ist touristisch noch einiges los. 

Glasbläserei, Lakritzmanufaktur, Räucherei, ein Kaufmannsladen, wie vor hundert Jahren mit vielen interessanten Spezialitäten. 

Natürlich auch alles sehr herausgeputzt. 

In einer Schokoladenmanufaktur trinken wir Kaffee und Schokolade. Es gibt Schokoküsse mit Marzipanboden oder Nussfüllung. 

Fantastisch, sollte man mal probieren! 



Mit dem nächsten Bus geht es zum Bornholmer Kunstmuseum. 

Das steht irgendwie ziemlich verlassen in der Gegend und hat einige bizarre Skulpturen im Außenbereich zu bestaunen. 

Zufällig ist die Heiligdomsklippe von dort nicht weit und wir können die abgebrochene Expedition vom Vortag fortsetzen.

Einige Treppen hinab und über eine Brücke, die Schulklasse abwarten, die dann auch endlich Platz für uns macht, damit wir uns in die enge Höhle, eigentlich eine Felsspalte zwängen können.

Es gibt hier Spinnnen und Fledermäuse. Beide Spezies konnte man aber wegen der Dunkelheit nicht sehen.

Immer schmaler wird der Spalt. Patzangst ist hier kein guter Begleiter. An einer Stelle ist noch ein kurzer Abstieg und so schieben wir uns immer weiter hinein, bis zum Ende. 

Etwa fünfzig Meter würde ich schätzen, kann man in die stockfinstere Höhle eindringen. 

Je nach Leibesfülle.

Hinaus geht es nur im Rückwärtsgang, Drehen unmöglich.

Es ist dann auch schön, wieder am Tageslicht anzukommen und durchzuatmen.

Mit dem Bus geht es wieder nach Hause.

Elke wäscht noch mal, wir gucken Wetterprognose. Keine Besserung. Frühestens Dienstag den zwanzigsten September gibt es eine Chance nach Ystad zu segeln.



16.09.2022



Elke geht erst mal laufen. Es stürmt noch immer, Regenschauer bringen unsere Motivation auf Schnarch-Level. Wir beschäftigen uns mit dem Schneiden eines neuen Videos. 

Wettercheck: Morgen wollen wir es wagen nach auf die Westseite zu verlegen. Der Wind flaut ab, die Richtung kann immer von der Prognose abweichen, sieht aber nicht so gut aus.

Wir wollen endlich weiter.




17.09.2022



Rainer und Irena wollen ja nach Rügen. Ihr Zielhafen ist später Ueckermünde. Sie wollen erst mal nach Hasle, auf die Westseite der Insel. Für uns ist das kein Umweg, wenn wir weiter nach Ystad wollen.

Hasle ist ein recht großer Yachhafen. Der Ort selbst gibt nicht so viel her. 

Aber es gibt eine historische Räucherei, die einen Besuch lohnt.

Bis um die Nordspitze der Insel herum haben wir ziemlich zu kämpfen. 

Danach schiebt uns der Wind wieder mit gut sieben Knoten Richtung Südwesten nach Hasle.

Es heißt, dass man hier bei fast jedem Wetter einlaufen kann, was für uns heute auch zutrifft.

Wir machen hinter einem anderen deutschen Boot fest. 

Der Einhandsegler hilft uns mit den Leinen. 

Seit einigen Tag sitzt er hier fest, weil es zu stürmisch war. 

Vor ein paar Tagen hatte sich das Boot losgerissen während er es verlassen hatte. 

Die vorderen Leinen hatten den Kräften nicht standgehalten. 

Bei seiner Wiederkehr lag das Boot verkehrt herum am Kai, die Heckleinen waren noch fest. 

So stand es jetzt rückwärts. Die Seite, die dann zur Pier lag, hat Einiges abbekommen gehabt.

Was für eine böse Überraschung!

Der Sturm hat auf dieser Seite der Inseln ein ganz anderes Gesicht gezeigt. Glücklicherweise waren wir auf der Leeseite geblieben.

Die Räucherei ist etwa 1000 Meter am Wasser entlang zu erreichen. 

Der große Parkplatz und Tische für mindestens hundert Gäste auf der Wiese sagen uns, dass hier Busladungen von Touristen in der Saison ihr fischiges Erlebnis haben.

Antizyklisch, also neben der Hauptsaison unterwegs zu sein, zahlt sich aus, denn es ist ziemlich leer hier. Für den Fall, dass wir noch am Fischbuffet teilnehmen wollten, das dem, was wir in Allinge noch bekommen haben, nicht nachsteht, hätten wir um diese Zeit schlechte Karten.

Es ist um 16.00 Uhr schon abgeerntet und wird auch nicht wieder neu beschickt.



Beim Spar kaufen wir noch kurz einige Kleinigkeiten. Die Suche nach haltbarer Milch oder gar H-Sahne bleibt wieder erfolglos.

Im normalen Leben spielen diese Produkte keine große Rolle für uns. Aber unterwegs sind ungekühlt haltbare Artikel selbst in der Ostsee ein Ding weniger, über das man sich Gedanken machen muss.

Frisches Fleisch kaufen wir so gut wie gar nicht. Erstens essen wir es nur noch sehr selten und zweitens ist man mit dem Kochen, Braten oder Grillen auf maximal 3 Tage beschränkt.

Wir könnten es sogar einfrieren, aber ich finde, dass es danach einfach nicht mehr schmeckt. Dazu ist es uns zu schade.

Auf dem Grill landen daher meistens Würstchen, die eingeschweißt ohne Qualitätsverlust einige Wochen durchhalten.

Heute Abend müssen wir uns von Irena und Rainer verabschieden. 

Wir wollen unbedingt weiter und nach Ystad, damit wir auf unserer Runde ein Stückchen weiter kommen. 

Ein letztes gemeinsames Grillen wird angesetzt. 

Dazu muss Elke noch einmal losflitzen und heute kommt doch einmal ein Stückchen Rindersteak und ein paar Würste auf den Grill.

Rainer als leidenschaftlicher Perfektions-Griller hat mal wieder besondere Kaliber an Fleisch. 

Mir gelingen solche großen Stücke nicht, und ich lerne das wohl auch nicht mehr. 

Seine Küchenkünste sind über jeden Zweifel erhaben.

Es wird schon richtig früh dunkel und kalt. 

Als wir selbst in Decken und Ponchos gehüllt zittern, beenden wir den schönen Abend.

Hoffentlich sehen wir uns wieder. 

Dank Marine-Traffic und der MMSI (Maritime Mobile Service Identity) kann man jedes Schiff auf der Welt finden und sieht genau, wo es steht oder fährt.

So können wir uns im Auge behalten.



Parkplatz in Swaneke

Wie in alten Zeiten

Christiansö

Der eingelegte Hering ist berühmt

Frederiksö

Allinge Hafen

Mit kleiner Fock und 7 Knoten

Gasthaus auf Christiansö

Grotte der Heiligdomsfelsen

Heiligdomsklippen

 

18.09.2022 


Nette Y-Stadt



So früh sind wir schon lange nicht mehr losgefahren. 

Beim Aufstehen ist es noch Dunkel. Um sieben haben wir den Hafen bereits verlassen. 

Es sind zwar nur etwa dreißig Meilen aber wir versuchen die erste Strecke mit Kreuzen zu bewältigen. 

An Backbord ziehen schwarze Wolken auf. Nach jeder Kreuz haben wir also anders Wetter vor uns. 

Nach zwei Stunden und einem Weg von 10 Meilen haben wir erst 5 Meilen Strecke geschafft. 

Entnervt werfen wir die Maschine an. Mit der Diesel-Fock brummen wir weiter voran; versuchen uns von der schwarzen Wolke auf Abstand zu halten. 

Das Verkehrstrennungsgebiet zwischen Bornholm und Ystad dürfen wir nur im rechten Winkel bzw. auf dem schnellsten Weg queren. 

Zwischen den dicken Pötten haben glücklicherweise genug Platz. 

Nach einer halben Stunde, bei einem Blick zu unserem Verklicker, dem Windrichtungsanzeiger, bemerkt Elke, dass wir segelbaren Wind bekommen haben. 

Also nichts wie Segel setzen. Im Verkehrstrennungsgebiet fühle ich mich dabei etwas unwohl, weil wir vom direkten Kurs kurz runter müssen. Sonst bekommen wir die Segel nicht hoch. 

Das ganze Manöver dauert nur eine Minute und wir sind wieder auf dem richtige Kurs nur deutlich schneller. 

Mit über sieben Knoten pflügen wir voran. Damit war nach Wetterprognose gar nicht zu rechnen gewesen. 

Lerne: Einfach mal was versuchen, was eigentlich gar nicht funktionieren kann. 

Das passiert uns auch immer mal wieder andersherum. Also auch dem Glück mal eine Chance geben. 

Dank Aeolus Gunst (oder war es Njörd?) sind wir bereits um vier Uhr in Ystad und können uns schon mal umsehen. 

Überall wird man mit Mankell´s Wallander konfrontiert. Wir sind keine Fans des schwedischen Kommissars. Die normalen Reize der Stadt müssen reichen. 



Die Stadt ist schön. Nett nehmen wir sie wahr. Herausragendes haben wir nicht gesehen, was uns besonders in Erinnerung bleibt, wenn da nicht der Skepshandel wäre. 



19.09.2022 



Unter dem Namen Tackel och Tåg ist der Skepshandel, also der Schiffsausrüster bekannt, der direkt beim Hafen in einer alten Ziegelsteinhalle zu finden ist. 

Bis zehn müssen wir uns gedulden. Dann geht die Tür auf. Gespannt treten wir ein. 

Rainer hatte geradezu geschwärmt und er hat Recht behalten. 

Ein Paradies für den, der auf der Suche nach dem Besonderen ist. 

Es gibt Ausrüstungsgegenstände von alten Schiffen, von Kompassen bis Steuerrädern oder messingpolierten Instrumenten oder Lampen. 

Ein wohlgeordnetes Chaos. Hier kann man Stunden verbringen. 

Im zeitgenössischen Sortiment kaufen wir uns ein Klapppolster. Es ist ein Sitz ohne Beine, mit dem wir bequem im Cockpit sitzen können. 

Danach suchten wir schon lange. Denn entspannt mit Füße hoch kann, man nur rückwärts sitzen. 

Dieses Polster kann man an die Steuersäule lehnen und bequem dabei nach vorne sehen. 

Eine Norweger Strickjacke für mich und ein Norweger-Pullover für Elke sowie die ultimativen Schafwollsocken kommen für viel Geld ebenfalls in die Tüte. 

Mein „Piratentuch“ fällt nicht mehr ins Gewicht. 

Wegen ausfälliger Haarpracht droht meiner Kopfhaut irgendwann der Hautkrebs. Und auf den habe ich keinerlei Appetit. 

Eigentlich ein Halstuch, aber es hat genau die richtige Größe um es auf den Kopf zu binden. 

Mit unserer Beute geht es an Bord. Um zwölf haben wir uns mit dem Hafenmeister zum Tanken verabredet. 

Die Tankuhr sagt siebzig Prozent, also mehr als halbleer. Mach Sinn oder? 

Wir tanken neunzig Liter „weißen“ Diesel. Dieser soll keine biologischen Anteile enthalten und ist für die gefürchtete Dieselpest unanfällig. 

Trotzdem kommt ein Schlückchen Grotamar als zusätzlicher Pestschutz in den Tank. Einen Motorausfall wegen verstopfter Leitungen will ich unbedingt vermeiden. 

Unser Freund Jens, hatte uns von unterwegs berichtet, dass es ihn mit der schwarzen Seuche auch erwischt hatte. Glücklicherweise bevor die Spritleitungen verstopft waren. 

Wo wir gerade schon den Liegeplatz verlassen haben, können wir eigentlich auch noch ein Stück segeln. 

Das Wetter ist herrlich, der Wind weht mit angenehmer Brise. Der nächste Hafen ist nur acht Meilen weg. 

Viel schneller als gedacht sind wir kurz vor Abbekås. Aber warum aufhören, wenn es am Schönsten ist? 

Gislövs läge, der kleine Hafen vor Trelleborg, ist noch gut zu erreichen. Es ist kaum Welle und Yggdrasil zischt nur so durch das Wasser. 

Eine anderes Boot, genauso groß wie unseres, läuft etwas weiter vom Land entfernt auf dem selben Kurs. 

Eine Yacht ist ein Schiff, zwei Yachten sind eine Regatta. Für uns passt der Wind optimal und wir können die Segel länger stehen lassen. 

Bei wenig Wind sind wir da immer im Nachteil aber jetzt können wir das Boot fliegen lassen. 

Eine gute halbe Stunde können wir dem Kontrahenten abnehmen, der später ebenfalls in Gislovs läge einläuft. Das hat Spaß gemacht. 



Viel zu sehen gibt es nicht. Man muss schon nach Trelleborg gehen. 

Das haben wir aber nicht vor. Ein kleiner Spaziergang durch den Ort, der genauso aussieht, wie ein Wohnviertel in Deutschland, genügt uns. 

Wir haben den Eindruck, dass die Gäste, die hierher kommen, hier nur einen Absprungpunkt zum nächsten Ziel suchen. 

Genau wie wir. 

Wir wollen Morgen nach Skanör. 



20.09.2022 

Bis Skanör sind es fünfundzwanzig Seemeilen. Wir müssen nicht früh raus und nach einem Frühstück mit frischem selbstgebackenem Weißbrot stechen wir in See. 

Segelwetter vom Feinsten. 

Nur unsere Bordelektronik bereitet mir schlechte Laune. 

Dieses Mal spinnt der Autopilot. Die Abweichung des Autopilotkompasses zur GPS-Richtung und dem magnetischen Kompass liegt bei etwa 200°. Das Gerät meint, wir fahren quasi rückwärts. Sobald ich den Autopiloten aktiviere, reißt er das Ruder herum. 

Bei dem Wetter macht es nichts aus, ein paar Stunden von Hand zu steuern. 

Als Unterstützung für Segelmanöver fällt aber unser elektrisches Crewmitglied aus. 

Einige Segler haben ihren Autopiloten „Sindbad“ getauft. Bei uns wäre „Odysseus“ wohl angebrachter. 

Nach fünf Stunden liegen wir direkt hinter dem kleinen Leuchtfeuer wunderbar ruhig. 

Wir trinken erst mal einen Kaffee und probieren die Duschen aus, die in der Liegegebühr enthalten sind. 

Strom kostet extra, aber wir haben Glück. Auf einer freien Steckdose ist noch ein Guthaben von fast fünf Kilowattstunden vorhanden. Zusammen mit der Solarpaneelen können wir damit die zwei eingeplanten Tage plus Akku vollladen überstehen. 



Skanör ist ein Ferienort. Ein Großteil der Lokale hat schon geschlossen. Aber es ist wunderschön hier. Hier können wir die Seele baumeln lassen. 



Distanz: 25 sm 



21.09.2022 



Elke startet ihren Tag mit einer Joggingrunde. 

Dann bauen wir die Fahrräder zusammen. Die Übersichtskarte war vielversprechend. 

Skanör liegt auf einer sandigen Halbinsel. Die Strände sind herrlich weiß und fein. Noch dazu sind sie menschenleer. 

Mit den Velos geht es kurz zum Supermarkt, dann fahren wir an den Resten einer kleinen Burg - kein Foto - denn es ist wirklich fast nichts zu sehen, weiter. 



In den Dünen stehen überall bunte Holzhäuschen von der Größe eines kleinen Gartenhauses. 

Wir kleine bunte Legosteine reihen sie sich am Strand aneinander. Es müssen Tausend sein denn der Strand ist kilometerlang. 



An einer geschützten Stelle legen wir uns in den Sand. Es ist überhaupt nicht kalt und wir gehen sogar ins Wasser, das vielleicht fünfzehn Grad hat. Man muss sehr weit ins Wasser bis es tief genug wird. 

Prima für Kinder im Sommer. 

Zwei Stunden verbringen wir an dieser schönen Stelle. 

Zum Leuchtturm müssen wir über einen Golfplatz fahren. 

Skanör hat einen der weltschönsten Golfplätze. Ich habe diesen Sport nie verstanden. Aber es gibt ja auch Leute, die im Segeln keinen Sinn erkennen. 

Alles Ansichtssache. 

Überall stehen Warnschilder, die einen auf den Einschlag eines verdroschenen Hartgummiprojektils vorbereiten. 

Das Risiko ist auf der Seite des Besuchers. 

Man hat es ja in Skandinavien mit den Superlativen: Der Leuchtturm beansprucht, an der ältesten bekannten Leuchtfeuerstelle der Ostsee zu stehen. Vielleicht sollten wir nocheinmal die superlativsten Leuchttürme der Ostssee irgendwo zusammenfassen.... 

Es geht noch eine ganze Weile über Sandwege an kleinen „Badhytten“ zurück. 

Wir schieben die Räder mit den Füßen im Sand wühlend und schwitzend voran. 

Den Abend lassen wir an Bord ausklingen, indem wir im Cockpit zusehen, wie die Sonne in der Ostsee ein langes Bad nimmt. 



Langsam wird es kälter. Die Wasserheizung muss mal wieder in Betrieb gehen. Aber zu unserer großen Enttäuschung gibt es nur eine Fehlermeldung: „No connectors!“ 

Die Fehlersuche bedeutet: Backskiste ausräumen! Immerhin sind die Fahrräder noch draußen. Den Rest holen wir auch noch raus und das ist nicht wenig. Gasflaschen, Reservekanister, Ersatzeil- und Werkzeugkisten usw. türmen sich bald im Cockpit. 

Unter den Bodenplatten des Stauraums ist ein Großteil der Installation und ich finde als erstes das Wasser, was eigentlich im Ausgleichsbehälter und in den Schläuchen sein sollte. 

Das Ding ist also immer noch nicht dicht. 

Das ist aber nicht der Grund für die Fehlermeldung. 

Ich fülle erst einmal Wasser nach. 

Die Überprüfung von Diesel- und Wasserpumpe ergibt kein Ergebnis. Die Sicherungen sind alle intakt und die Kontakt in Ordnung. 

Resetversuch nach Handbuch ergibt auch keine Erfolg. Vermutlich hat das Steuergerät keine Verbindung zum Heizgerät. 

Für das Verfolgen der Kabel ist aber jetzt keine Zeit mehr. Vielleicht fällt mir noch eine Lösung ein. 

Die Backskiste wird wieder eingeräumt. Immerhin ist es jetzt wieder ordentlich. Denn irgendwann hat nicht mehr Alles seinen angestammten Platz gefunden. 

Skanör

Skepshandel Ystad: Paradies zum Stöbern

Badhytten

Kilometerlanger Strand

Geschenk der Sonne:
Letzter Strand- und Badetag in Skanör

Die Heizung streikt

Der Autopilot spinnt.

Liegeplatz am Leuchtfeuer

 

22.09.2022 



Nach Kopenhagen ist es von Skanör nur fünfundzwanzig Meilen. Anfangs ist der Wind sehr schwach, und wir setzen das „Blaue Wunder“. Elke hat nur den Bikini an und sonnt sich im Windschatten, während ich am Steuer den kühlen Wind spüre. Ölzeughose und Pullover sind meine Kleidungsstücke. 

Rechts liegt Malmö. Man sieht den „Twisted Tower“. Seit 2005 neben der gewaltigen Öresundbrücke ein Wahrzeichen der Stadt. 


Die Anfahrt nach Kopenhagen ist eigentlich nicht kompliziert. Kopfzerbrechen machen mir die vielen mit gelben Tonnen abgesperrten Gebiete. 

So fahren wir versehentlich durch eine Wasserbaustelle, wo gerade gebaggert wird. 

Dann gibt es zugewiesene Fahrrinnen, die von Freizeitbooten benutzt werden müssen und kurz vor unserem Hafen eine Auftrennung der Wasserfläche mit Sperrbojen. 

Da müssen wir trotzdem durch. 

Was dort abgesperrt ist, konnten wir noch nicht klären. 


Der Hafen, und damit wir selbst, als Gäste mit Yacht, sind eine Sehenswürdigkeit in Kopenhagen. 

Bilder von unserem Boot werden zukünftig die Wohnzimmer zahlreicher fernöstlicher Besucher zieren. 

Der Hafen ist in einem künstlichen See unweit der „Kleinen Meerjungfrau“ und somit nur eine Kehrtwende auf dem Absatz entfernt. 

Bis wir um sechzehn Uhr beim Hafenmeister einklarieren können, haben wir der jungen Dame natürlich schon unsere Aufwartung gemacht. 

Sie ist eines der kleinsten Wahrzeichen, die weltberühmt sind. 

Nicht ihrer bronzenen Schönheit, sondern der liebevollen und unsagbar traurigen Geschichte wegen, die Hans-Christian Andersen über sie geschrieben hat. 

Wer die Märchen diese großen Poeten nicht kennt, dem sollte vor der Lektüre gesagt sein, dass keines seiner Märchen gut endet. Zumindest was meinen Kenntnisstand anbelangt. 

Man muss schon das Bedürfnis nach Gänsehaut, Kloß im Hals und Tränen haben, um die Geschichten zu mögen. 


Wir fahren noch zum Nyhamn, dem gastronomischen und touristischen Hotspot. Laufen ist wegen der entzündeten Zehe mal wieder schlecht. 

Hier ist an einem Kanal alles voller bunter Häuser, historischer Schiffe und Cafés. 

Sehr schön. 

Wir laufen noch über den Wall des benachbarten Kastells es ist zwar historisch, aber ein militärischer Bereich, der von Soldaten in Uniform bewacht wird. 



Distanz: 25 sm 



23.09.2022 



Das Wetter ist so „mittel“. Dafür erwartet uns aber eine tolle Stadt. Elke geht laufen und wundert sich über die vielen Jogger, die es ihr gleich oder besser tun. 

Als erstes sehen wir uns die Amalienborg an. Dort residieren Königin Margareth und Gefolge für gewöhnlich. 

In oder vor kleinen Unterständen stehen die Wachsoldaten mit Ihren riesigen Fellmützen. Es ist bestimmt eine große Ehre hier zu dienen, aber eine spannende Aufgabe ist es sicher nicht. 

Manchmal bewegen sie sich um zum Beispiel Touristen aufzufordern mindestens zwei Meter Abstand vom Gebäude zu halten. 

Ansonsten weisen Schilder darauf hin, was man darf und was nicht. 

Etwas aufregend wird es, als eine schwarze Diplomatenlimousine über den Platz rollt und einige Wachsoldaten über den Platz rennen. 

Kurz darauf passiert: Nichts! 

Enttäuscht gehen wir nach einer Weile, Margarethe hat es sich wohl anders überlegt und kommt nicht extra wegen uns, um ihren Hund in den Hof zu führen. 

Als nächstes besuchen wir die Marmorkirche. Hunderte Menschen drängen sich um Fotos zu machen. 

Dann weiter über Nyhavn zur Schlossinsel, wo das Parlament im Christansborg Palast sitzt. Fridays for Future ist als Demonstration aufmarschiert. 

Wir leisten unseren Beitrag zum Klimaschutz, indem wir mit den Fahrrädern um die Gruppe herum zum jüdischen Museum radeln. 

Hier ist ein ruhiger parkähnlicher Innenhof, wo wir unser Vesper halten. 

Unser persönliches Highlight ist der „Black Diamond“. So wird der Neubau der Nationalbibliothek genannt. 

Ein tolles Gebäude. Überall sehen wir wie moderne Architektur mit historischem Baustil zusammengebracht wird. 

Der Kontrast ist heftig. 

Im Inneren der Bibliothek ist ein riesiger sehr hoher Innenhof mit Galerien aus Glas. Wir gehen bis auf die oberste Ebene, von der uns der Blick nach unten schwindeln lässt. Studenten sitzen in den Lesesälen über Büchern und Laptops. 

Der historische Teil, der über eine Brücke auf der zweiten Ebene erreicht werden kann, ist dagegen wie aus einem Harry Potter Film. 

Dunkle Holzregale mit alten Folianten, Leseplätze mit den typischen grün geschirmten Leselampen. 

Die Erfurcht in diesem Ort macht die Aufforderung zur Stille, überflüssig. 

Im Café im Erdgeschoss gönnen wir uns Cappuccino und teilen einen kleinen Schokoladenkuchen, der so lecker ist, als hätte jeder von uns einen Ganzen bekommen. 

Jetzt sehen wir uns noch den Tivoli an. Von außen sieht man davon nicht allzu viel. 

Aber das ist mal ein gediegener Freizeitpark. 

Prachtvolle Eingänge machen klar, daß dies der traditionsreichste und älteste Freizeitpark Europas ist, der über die vielen Jahre seit 1843 nichts von seinem Reiz verloren hat. 


Überlebensgroß ist die Statue von Hans-Christian Andersen nicht weit von hier. Sie muss mit uns aufs Foto und von hier geht es in die lange Fußgänger- und Shopping-Meile. 

Anschließend tut es uns gut, in den Konges Have, einem barockartig angelegten Garten am Rosenborg Schloss zu entspannen. 

Im Schlossteich gibt es zutrauliche Karpfen von brachialer Größe, die ein ganzes Brötchen auf einmal verschlingen könnten. In der Hoffnung auf Futter robben sie fast aus dem Wasser heraus. Ein echtes Schauspiel. 

Das gefällt uns in Kopenhagen: Die nächste Ruheoase ist vom Trubel nicht weit entfernt. 



24.09.2022 


Mit Sonnenaufgang gegen sieben Uhr verlassen wir Kopenhagen wieder. Wir müssen weiter. Der Wind ist schwach vorhergesagt und wir haben mehr als 30 Meilen zu segeln. Kaum sind wir aus der Stadt, ziehen wir das blaue Leichtwindsegel hoch und machen zunächst nur drei bis vier Knoten. 

Wir frühstücken segelnd im Cockpit und der Wind kommt immer besser. 

Als wir Helsingör und Helsingborg passieren, läuft es richtig gut. 

Wir wären schon um zwei in Gilleleje, unserem Zielort an der Nordseite von Seeland, der größten Insel Dänemarks. 

Am Liebsten würden wir weitersegeln, und noch weitere zwanzig Meilen machen. Aber die Windprognose sagt, dass der Wind jetzt einschläft und hinter Gilleleje nur noch von vorne kommt. 

Das macht also keinen Sinn. 

Wir wissen nicht viel über den Ort den wir jetzt besuchen. 

Seit langem machen wir wieder an Dalben fest. Das klappt sogar anstandslos. 

Der Ort hat eine lebendige Fischereigeschichte. Zahlreiche Fischkutter liegen im Fischerhafen auch der Segelverein hat noch viele Boote im Wasser. 

Fischauktionen gibt es in einer großen Halle und Fischlokale in einer Dichte, wie wir sie selten gesehen haben. 

Der Ort ist hübsch mit vielen Reetgedeckten Häusern aber nicht herausragend. Trotzdem einen Besuch wert. Es gibt einen schönen Strand, der im Sommer offensichtlich gut besucht ist. 



Distanz: 31 sm 



25.09.2022 


Wir bleiben und warten auf passendes Wetter. Wir machen sauber und sonstige Bootsarbeiten. Das Deck hatten wir bei dem schönen Wetter schon unterwegs zwischen Kopenhagen und Helsingör geschrubbt. 

Wo kommt immer nur dieser ganze Schmutz her? 



Meerjungfrau I

Meerjungfrau II

Nyhavn

Bei guter Laune neige ich zum Übertreiben

Ostbahnhof

Rummel mit Tradition:
Tivoli

Schwarzer Diamant:
Staatsbibliothek Neubau

In der Cafetria: Lecker Kuchen

Neuer Lesesaal

Beeindruckend:
Blick von der 5. Ebene

Ein bisschen Hogwards:
Alter Lesesaal

Man schweigt von alleine.

Dichter der Tränen :
Hans Christian Andersen

Ruheoase: Kongens Have

 

27. 09. 2022 


Der passende Wind ist da! Er weht vom Land aufs Meer. Das ist immer reines Seglerglück, denn es gibt dann kaum Wellen. 

Man kann, soweit es die Wassertiefe zulässt die Entfernung zur Küste so wählen, dass man sich die Windstärke fast aussuchen kann. 

Dichter am Land gleich weniger Wind. Kann aber an einer hohen Küste auch schnell zu wenig werden. Weiter draußen ist mehr Wind da können wir richtig Attacke reiten. 

Anfangs ist es auch so, dass wir mit drei bis vier Knoten eher etwas lahm sind. 

Wir steuern mehr von der Küste weg. Nach einer Stunde segeln haben wir den Wind, den wir brauchen. 

Jetzt lassen wir es richtig fliegen auch von einem achtzehn Meter Segelboot lassen wir und nicht einholen, was kurz nach uns in Gilleleje abgelegt hat. 

Eine ziemlich ungleiche Regatta, eigentlich haben wir da mit unserem „nur“ zehn Meter langen Reisebus keine Chance. 

Bei genügend Wind können wir aber die Segel länger stehen lassen und dann läufts. 

Macht wieder richtig Spaß, aber die Tage des entspannten Segelns sind wohl vorbei. 

Unser heutiges Ziel ist Sjellands Odde. 

Das haben wir aber schon am frühen Nachmittag erreicht. 

Warum aufhören, wenn es so gut läuft? Wir haben ja noch einen weiten Weg und wie es sich mit den Sturmlagen entwickelt, können wir nicht wissen. 

Wir könnten noch nach Ballen auf Samsö. Langör wäre bei diesem Wind wegen der schlängeligen Fahrrinne durch die Flachs im Nordwesten nicht so gut. 

Ballen kennen wir und der Hafen ist bei Westwind nicht sehr ruhig. 

Wir schauen in unser Buch, was ich von meinen Kollegen aus der Firma geschenkt bekommen habe: Sejerö liegt auf dem Weg. Schön und sehr ruhig. - Nehmen wir! 

Wir müssen allerdings um die Insel herum um in den Hafen zu kommen. Südlich oder nördlich? 

Wir entscheiden um die Nordspitze herumzufahren. 

Hinter der Spitze müssen wir dann zwei Schläge kreuzen um den Hafen zu treffen. 

Dabei merken wir erst, wie heftig der Wind weht, weil wir schräg gegen an müssen, statt uns schön schieben zu lassen. 

Eine Stunde nachdem wir die Inselspitze hinter uns gelassen haben, sind wir im fast verwaisten Hafenbecken angekommen, nur ein Däne mit seiner „Havnehekse“, liegt an der Pier. 

Um fünf Uhr nachmittags, nach zweiundfünfzig Seemeilen, für die wir gut acht Stunden gebraucht haben, machen wir ein paar Meter vor dem anderen Gast fest und freuen uns, dass der anstrengende Teil des Kreuzens nicht so lange war. 

Der Hafen ist sehr gut in Schuss. Die Holzverkleidungen an der Pier sind noch nicht alt. Es gibt ordentliche Duschen, die allerdings mit achtundzwanzig Grad Wassertemperatur etwas unterkühlt wirken, einen Clubraum, Waschmaschine und Trockner (Gebühr in einem Briefumschlag beim Hafenmeister einwerfen). 

Ein (geschlossenes) Restaurant direkt auf dem Weg zum kleinen Strand wirkt schick. 

Die Hafengebühr wird, wie üblich, am Automaten entrichtet. 



Gemüse aus dem Backofen mit einer Wurst, die vom Grillen übrig geblieben ist, macht unseren Magen glücklich. 

Mit Youtube Videos kuscheln wir uns in die Koje und schlafen bald. 



28. 09. 2022 


Morgens checken wir das Wetter und stellen fest, das sich die Windstärke und Richtung zum Nachteil verändert hat. 

Einen Tag später soll es besser sein. Sowas haben wir ja einkalkuliert und beschließen erst mal gemütlich mit frisch gebackenem Weißbrot zu Frühstücken. 

Elke meint, sie könnte etwas Farbe vertragen aber dieses Mal nicht durch Sonnenbaden sondern durch Haare färben. 

Wir okkupieren also den Damenwaschraum und widerwillig rühre ich die 3-K-Farbe an. 

Bootslack riecht irgendwie leckerer wenn es wohl auch ungesünder ist. 

Mein Job besteht darin, die stinkende Paste an die Haaransätze zu bekommen. 

Ich weiß, warum ich Ingenieur und nicht Friseur geworden bin. 

Kann aber auch wegen der Bezahlung gewesen sein. 



Nachdem Operation Blondie erfolgreich beendet ist und der Nachmittag naht, gehen wir im kleinen Örtchen spazieren. 



Die kleine Kirche ist wirklich lohnenswert, auch wenn ich nicht so der Kirchenfan bin. 

Ein tolles Votivschiff und restaurierte Kalkmalereien sowie ein extrem gut gepflegter Kirchof begeistern uns. 



Im Dagli Brugsen decken wir uns noch mit ein paar Lebensmitteln ein. 



Für die kleine Insel mit gerade mal dreihunderfünfzig Einwohnern es ein gut sortiertes Geschäft. 

Ansonsten gibt es hier noch einen Campingplatz, Golfplatz, Bibliothek und Seniorenheim. 

Eine ältere Frau fällt uns auf, die uns mehrfach mit dem Fahrrad begegnet. 

Als sie auf einem Grundstück mit leerstehendem Haus verschwindet stellen wir fest, dass sie sich offenbar um herrenlose Katzen kümmert. 

Mir war gleich aufgefallen, dass es hier mehr davon gibt, als üblich. 



29. 09. 2022 


Als wir gegen neun Uhr Richtung Fünen aufbrechen, haben wir noch Wind um zwanzig Knoten. Gegen späten Vormittag soll es weniger werden und dann südlicher drehen. 



Wenn es abends so ruhig wird, hatten wir überlegt, mal wieder zu ankern. 

Bei Korshavn an der Nordostspitze Fünens ist eine geeignete Bucht, die wir gerne mal ausprobieren wollen. 

Viel zu früh passieren wir Fyns Hoved, die Nordostspitze der Insel Fünen. 

Der Wind brettert auch noch wie blöde. Was ist mit der Flaute oder dem Schwachwind, der vorhergesagt wurde? 

Die Logge klettert immer weiter und fällt nicht mehr unter acht Knoten und pendelt bis zehn hoch. Kurzzeitig stehen elf Knoten auf der Uhr. Geschwindigkeitsrekord. 

So wie Yggdrasil durch die Wellen pflügt, spürt man die Power, die die Segel aus dem Wind holen. Es fühlt sich brachial an. 

Inzwischen haben wir auch schon das zweite Reff drin. 

Der Alternativankerplatz bei Aebelö erscheint jetzt auch nicht mehr für eine gemütliche Nacht zu taugen. 

So nehmen wir die „Ausfahrt“ Bogense. 

Wir haben ja schöne Erinnerungen an den Ort aus unserer ersten Fünenumrundung mit Dewi Danu unserer Neptun 25. 

Vor drei Jahren war das schon – oder erst – je nachdem wie man es nimmt. 



Wirklich einer der besten Yachthäfen, die wir kennengelernt haben. 



Der Ort mit seiner Männeken Pis Kopie hat Charme. Heute hat das Männeken, wie es hier nur genannt wird, einen dunklen Anzug und Doktorhut auf. 

Das Verkleiden der Bronzefigur hat Tradition. Das Männeken war schon Bäcker, Müllmann, Schornsteinfeger, Offizier usw. 

Als die Königin zu Besuch war, trug es Frack. 



30. 09. 2022 


Heute soll es nun abends wirklich ruhiger werden, wir fahren in den Kleinen Belt und haben bei Middelfahrt ziemlich Gegenströmung. Mit genug Wind kommen wir aber mit mindestens drei Knoten voran. 

Wir sehen eine Herde Schweinswale bestimmt sechs bis acht Tiere. 

Wir wollen bis Føns Vig. Eine kleine Bucht mit einem „Geheimtipp“ aus unserem Ostsseebuch. Kann so geheim dann wohl nicht mehr sein. Aber dennoch: ein kleiner Steg soll Boote bis zwei Meter Tiefgang aufnehmen können. 

Es soll Gastplätze und sogar eine Steckdose geben. 

Hinter der Eisenbahnbrücke, die über den Belt führt, kommen uns sechs bis sieben wunderschöne Traditionsboote entgegen, die mit Gästen hin und her kreuzen. 

Die Anzahl an kompetenter Crew ist offensichtlich nicht ausreichend. Sie tun sich schwer, vom Fleck zu kommen. 

So ein Boot zu bedienen erfordert viele erfahrene Hände. 

Wir schlängeln uns zwischen ihnen hindurch und machen Videos und Fotos. 

Als wir in die Føns Vig einfahren fällt uns zuerst ein aufgelaufener Kutter im Wasser auf. 

Solche Wracks sieht man öfters. Meist sind sie schon ziemlich zerfallen und alles Brauchbare ist entfernt. 

Dieses hier scheint noch nicht lange zu liegen. Vielleicht ein Maschinenschaden und dann im Sturm in die Bucht getrieben? 

Der Steg ist wirklich mini-klein. Ein Steinwall, dahinter der eigentliche Steg. 

Steuerbord soll die Zufahrt einfacher sein. Also probieren wir es von rechts. Freie Plätze können wir noch nicht sehen. 

Die Wassertiefe sinkt aber dramatisch, je näher wir dem Steg kommen. 

Der Rückwärtsgang stoppt uns, als nur noch Null auf dem Teifenmesser steht. 

Wir versuchen es noch auf der anderen Seite. 

Selbst mit unseren mäßigen einmeterfünfundfünfzig Tiefgang müssen wir aufgeben. 

Weil sowieso keine freien Plätze zu sehen sind, setzen wir zurück und suchen uns eine Stelle zum Ankern. 

Zwischen Kutterwrack und Hafen fällt der Anker. 

Es sind etwa fünf Meter Wassertiefe. Dreißig Meter Kette gehen raus. Mit zweitausend Umdrehungen im Rückwärtsgang fahren wir den Anker ein. 

Abends hält sich das Wetter noch und es gibt kaum Wind. Das ändert sich aber als wir in der Koje liegen. 

Nachts randaliert der Wind in den Wanten und Fallen, der Windgenerator jault. 
Es wird keine ruhige Nacht obwohl wir sicher sein können, dass das Grundeisen hält. 




Männeken Pis ist jetzt Promoviert

Typisch Bogense: Die vielen Rosen

Votivschiff in der Kirche von Sejerö

Traditionssegler kreuzen den Weg bei Middelfart

Das Tablet läuft als Backup für die Navigation immer mit, weil der Plotter unzuverlässig ist

Hungrige Katzen suchen Freunde

Verwaister Hafen auf Sejerö

Schrecksekunde: AIS Alarm auf dem Plotter . Aber offensichtlich eine Fehlaktivierung an Land

Das entspannte Segeln ist vorbei

Fischerhafen in Gilleleje

 

01. 10. 2022 


Eigentlich können wir ausschlafen. Vor Mittag wollen wir nicht los. Bis dahin faucht der Wind ums Schiff und es regnet furchtbar. Schlecht geschlafen haben wir beide, und 

selten waren wir so unmotiviert loszufahren. 

Unser neues Ölzeug kommt zum Einsatz wir ziehen uns warm an und legen im Laufe des Tages noch einige Schichten nach. 

Beim Ausziehen abends kann ich mich zu Mr. Onion wählen lassen. Acht Schichten habe ich gebraucht um nicht auszukühlen. 

T-Schirt, drei dünne Merino Langarmschirts, ein dünner Fleece-Pulli und ein dicker, eine Gore-Tex Unterziehjacke und die Ölzeugjacke. Zwei lange Unterhosen sind auch schon am Start. 

Was macht man eigentlich wenn es richtig kalt ist? 

Beim Skifahren habe ich nicht halb so viel an. 

Auch wenn der Wind weniger sein soll, angeblich um zwölf Knoten laut Vorhersage, bläst es ordentlich. 

Unser Windmesser ist gehandicapped, weil ihm die Loggendaten für die Berechnung des wahren Windes fehlen. Ich überschlage die verschiedenen Vektoren und komme immer noch auf achtzehn Knoten echten Wind. 

Kurz vor Aarøsund reißt dann der Himmel auf und es wird freundlicher. Besser spät als gar nicht und ein paar Zwiebelschichten wandern wieder in den Schrank. 

Aarøsund liegt am Eingang des Haderslevfjords, daneben die Insel Aarø. 

Eine Fähre pendelt regelmäßig zwischen Insel und Festland. Auch dort gibt es einen Yachthafen. 

Aarø haben wir noch nicht kennengelernt, wir kommen hier aber bestimmt noch einmal vorbei und holen das nach. 

Im Moment wollen wir uns ausruhen und der Vorschlag in den Fjord nach Haderslev zu fahren, findet trotz Verlesung der Vorzüge dieser Stadt nicht die nötige Mehrheit. 

Die Sehenswürdigkeiten von Aarøsund sind: Ein Badehotel, ein Strand, ein Bunker aus dem ersten Weltkrieg. 

Schafft man also locker in einer Stunde. 

Wlan funktioniert ganz leidlich und wir schaffen es abends mit nur wenigen Unterbrechungen einen Film auf Netflix zu sehen. Dazu Campari-O (Alkohol und Vitamine) 

Wenn schon trinken, dann gesund. 



02. 10. 2022 


Der Bewegungsmangel beim Segeln ist gar nichts für Elke. Morgens eine Runde Joggen, wenn die Gelegenheit da ist, hilft aber. 

Nach ihrer Runde, Duschen und Frühstück fahren wir ganz entspannt los. Die Sonne scheint. Es sind um zwölf Knoten Wind von West, und wir wollen nun doch den Fjord erkunden. 

Bis es in den Fjord geht, lassen wir noch kurz die Fock ziehen. Dann muss der Diesel für den Rest der Strecke ran weil der Wind von vorn kommt. 

Zwischen Schilf und Wiesen mit Schafen und Kühen und attraktiver Bebauung brummen wir gemütlich durch die flussartige Landschaft. 

Ein aufgeregter Schrei bringt mich aus der Fassung: Elke hat einen Seehund gesehen, der uns entgegen schwimmt. Ich versuche schnell zu filmen und bekomme noch drauf, wie der Kopf im Wasser untertaucht. 

Verrückt, damit haben wir hier nun gar nicht gerechnet! Es war ein ziemlich kleines Exemplar aber so dicht waren wir noch nie dran. Wir sind total aufgeregt. Ob es noch mehr gibt? 

Auf den Tonnenweg muss man peinlich achten, sonst sitzt man schnell fest. 

Die Rinne soll angeblich 5 Meter tief gebaggert sein. 

Trotzdem haben wir an einer Biegung nur noch gut einen Meter unter dem Kiel. 

Entweder steht hier die rote Tonne falsch oder die Rinne ist verschlammt. 

Es ist kein großes Problem für uns, aber man muss sich doch auf irgendwas verlassen können. 

Kurz vor Haderslev kommt uns Helene entgegen. Ein ziemlich historisches Ausflugsschiff. 

Ein bisschen wie ein Raddampfer und der Kapitän winkt uns gut gelaunt zu. Die Fahrgäste tun das auch und wir winken zurück. 



Es gibt in Haderslev einen großen Yachthafen und lange Kais. Wir überlegen, ob wir nicht am Kai vertäuen sollen. 

Das wäre mal was anderes und wir sparen uns die leidigen Dalben. 

Nachdem wir aber schon fast bis zum Ende des Hafens getuckert sind, entscheiden wir uns für die Liegeplätze, auf denen groß „Guest“ angeschlagen steht. 

Die Breite der Box steht dabei und ich entscheide mich für eine mit dreimeterfünfundneunzig. 

Im zweiten Anlauf haben wir es geschafft. Die Dalben sind so hoch, dass ich Schwierigkeiten hatte, die Leine drüber zu werfen und wir waren nicht nah genug. 

Später sehe ich, dass ich die schmalere Box verpeilt hatte und wir nun viermetervierzig Platz haben. Da waren meine Arme dann einfach mal einen halben Meter zu kurz. 

Die Marina wird von einem Verein betrieben. Die Preise sind für Dänemark moderat. Duschen kostet extra aber Fahrräder kann man umsonst leihen. 

Mit den Leihrädern fahren wir gleich zum höchsten Punkt der Stadt, einem markanten Wasserturm. Hier haben wir einen schönen Blick auf Stadt und Umland. 

In die Altstadt geht es dann flott bergab. Leider regnet es immer wieder. Shopping fällt flach weil Sonntag ist. 

Warum sind wir eigentlich fast immer Sonntags in größeren Orten? 

Hoffentlich merkt Elke nichts. 

Lebensmittelgeschäfte sind in Dänemark aber immer offen. Wir können also noch Trockenhefe kaufen, denn die wird knapp. 

Der Haderslev Fjord setzt sich landeinwärts mit einem Noor fort. Das ist ein flaches Gewässer. Von denen gibt es auch in Schleswig Holstein einige z.B. entlang der Schlei. Sie sind meistens mit den größeren Gewässern verbunden und oft fischreich. 

Außerdem ist dies hier ein fließendes Gewässer, was die Staustufe an der alten Wassermühle eindrucksvoll zeigt. 

Der Park, der an der Wasserfläche angelegt ist, ist herrlich zum Radfahren und Spazierengehen. 

Wir gönnen uns ein Magnum Mandel und ein Magnum Gold. Ich spotte etwas darüber, wie klein mittlerweile ein Magnum geworden ist. 

Erstaunlich, dass der Hersteller sich noch traut, den Namen „Magnum“, der irgendwas mit „riesig“ bedeutet, zu verwenden. Piccolo würde bald besser passen. 

Auf dem Rückweg zu unserem schwimmenden Zuhause stöbern wir noch in einem Løppemarket einem Trödelmarkt. 

Mehr zum Zeitvertreib gucken wir, aber vielleicht findet man ja doch das seltene Ding, das man schon immer gesucht hat? 



03. 10. 2022 


Von Haderslev fahren wir weiter nach Süden. In der Genner Bucht wollen wir übernachten vor Anker oder an einer Boje. 

Die Tage des entspannten Segelns sind wirklich vorei. Anfangs mit achterlichem Wind und raumschots machen wir mächtig Tempo aber nach und nach müssen wir höher und es wird unangenehmer. 

Leider muss man attestieren, dass unser Vorsegel seine besten Zeiten hinter sich hat und am Wind total am Flattern ist. 

Bei viel Wind ist das nicht gut und das Schlagen geht auf die Beschläge. 

Scheinbar ist nicht nur das Skipperpaar bauchiger geworden. 

Wir müssen weit in die Genner Bucht einfahren bis etwas geschützter ist. 

An einer freien Ankerboje knoten wir uns fest. 

Spaghetti mit Lachs-Sahnesoße steht bald auf dem Tisch. 

Der Blog wird aktualisiert und dann geht es in die Koje. 







Die Planungen für die Beendigung unserer Reise stressen uns etwas.

Wir wollen uns noch gerne mit unseren Segelfreunden aus Wackerballig treffen und einen gemeinsamen Abschluss der Reise feiern.

Wir müssen aber auch noch ein Auto organisieren, mit dem wir wieder mit zumindest einem Teil unserer Habseligkeiten nach Hause kommen. 

Die nächste Mietwagenstation ist in Flensburg oder Schleswig. 

Leider kommt man von Wackerballig schlecht dorthin. Wir brauchen ja ein One-Way Fahrzeug das haben nicht viele Verleiher.

Dann muss ein Termin für die Werft wegen der Reparatur und Gutachter und das Auskranen organisiert werden. 

Sobald das Schiff auf dem Trocken ist könne wir ja auch nicht mehr darauf wohnen.

Das muss also irgendwie zusammenpassen.

Aktuell überlegen wir ob wir mit Yggdrasil nach Flensburg fahren und Elke den Mietwagen holt, während ich alleine das Boot nach Wackerballig bringe. 

Solo bin ich noch bisher noch nie gesegelt ist dann auch was Neues.

Aber vielleicht findet sich noch eine bessere Lösung. Etwas Zeit ist ja noch. 

Sattler mit interessantem Lädchen

Der Eierwerfer von Haderslev

Kann man hier guten Gewissens ankern?

Im Haderslev Fjord

Badehotel in Arøsund

04.10.2022



Die Genner Bucht kommt auf jeden Fall in die Favoritenliste. Wegen der hohen Bäume am Ufer liegt man richtig ruhig. 

Anscheinend lässt der Wind so stark nach, dass wir gegen die Boje getrieben werden, die laut hörbar an der Bordwand anklopft. Ich verlängere die Verbindungsleine, das nützt aber auch nichts.

Im Boot hört sich das schlimmer an, als es ist. Wir denken aber ernsthaft darüber nach, die Boje zu verlassen und den Anker zu werfen. 

Es ist aber schon spät und die Lust hält sich in Grenzen.

Wir haben uns also entschieden, das Klopfen auszuhalten.



Von der Genner Bucht bis Dyvig sind es nur 15 Meilen. So haben wir keine Eile. 
Kaum ist die Boje los, setzen wir die Segel und gleiten auf Barsø zu. Da gibt es einen Mini-Hafen, der von der Wassertiefe gerade noch so für uns passt. 
Aber wegen des Westwinds wäre es hier ungeschützt. Sonst hätten wir der kleinen Insel gerne einen Besuch abgestattet.

Man trifft sich sich ja immer zweimal im Leben. So kommt es, dass das Boot, das uns von Gilleleje bis kurz vor Sejerø begleitet hat, auf dem AIS auftaucht. Es hatte ebenfalls in der Gennerbucht, aber zweihundert Meter weiter übernachtet.

Es folgt uns eine Weile bis hinter Barsø. Während wir richtung Alssund südlich steuern, werden sie wohl die Westseite von der Insel Als anpeilen. Allerdings unter Motor, was uns echt wundert, denn während wir Höhe am Wind kneifen müssen hätten sie eigentlich beste Segelbedingungen. Vielleicht gibt es ein Problem an Bord.



Probleme schwerwiegender Art bekommen wir am Funk mit. Leider ist der Empfang nicht klar und nur schwer zu verstehen. 
Lyngby Radio sendet ein Mayday Relay. Das heißt, sie haben einen Notruf empfangen, den sie an eine oder mehrere Funkstellen weiterleiten. Die Position und den genauen Wortlaut der Meldung können wir auch nicht verstehen. 

In der Nähe von Ärø gibt es wohl ein MOB (Man over board). 

Es ist ein Flugzeug beteiligt und andere Funktstellen.

Auf dem AIS sehen wir ein Fahrzeug, dass an der Südwesküste mit unterschiedlichem Abstand rauf und runter fährt. 

Die Geschwindigkeit von siebzig Knoten lässt uns vermuten, dass es sich um einen Helikopter handelt. 

Mehr erfahren wir nicht. Wir sind nicht im Bereich, wo wir helfen könnten. 

Jeder Notruf, den wir auf Kanal 16 mitbekommen macht uns betroffen.

Wenn an Tagen, an denen nicht viele Wassersportler unterwegs sind, jemand einen Notfall hat, ist das nicht weit weg von einem selbst.

Man fragt sich, was ist passiert? Wie ist es passiert? Wie können wir dafür sorgen dass uns selbst nichts passiert? 
Jeden Tag trifft man die Entscheidung ein gewisses Risiko einzugehen. 

Eine Fehleinschätzung kann fatal enden.

Unser Boot ist für erheblich härtere Einsätze konzipiert. Immerhin hat es die Auslegungskategorie „A“ gleich Ocean. Somit prinzipiell für Ozeanüberquerungen geeignet.

Trotzdem gibt es immer irgendeine Schwachstelle, durch Beschädigung oder Verschleiß, die unbemerkt bleibt, bis eine Überlastung auftritt.

Wir erinnern uns an den Großschotschäkel der uns auf dem Weg nach Klaipeda aufgegangen ist, weil der kleine Schraubbolzen sich gelockert hatte.

Nach kurzer Fahrt erreichen wir die Dyvig Bucht. 

Der Anker fällt zwischen einem großen Stahlsegelboot (Typ: Aussteiger lebt jahrelang autark auf dem Schiff) und dem Steg des Hotelhafens.

Wohl zu nah, am Hotel, denn der Hafenmeister bittet uns um mehr Abstand. 
So verholen wir uns zweihundert Meter weiter hinter den Blauwal, so heißt der Aussteiger-Kahn, auf dem wir während unseres gesamten Aufenthalts niemanden sehen.

Ausgerechnet hier brauchen wir zwei Versuche, bis der Anker hält. Es wird nachts noch heftigen Wind geben, da muss das Teil fest im Schlick vergraben sein. 

Ankeralarm muss ein paar mal neu kalibriert werden und das Tablet zeichnet auch noch unsere Bewegungen auf.

Bis zum Morgen bleibt es gottseidank unauffällig.



05. 10. 2022


Beim Anker lichten haben wir schon sechzehn Knoten Wind in der geschützten Bucht, aus der nur ein Nadelöhr an Passage hinausführt. 

Die Maschine muss kräftig arbeiten, damit wir wenigstens vier Knoten gegen den Wind schaffen. Sieben Stundenkilometer sind das gerade.

So kommen wir von Böen geschüttelt und ziemlich im Drift, leicht schräg durch die Engstelle.

Das Vorsegel soll heute genügen. Zügig nähert sich die Untiefe vor der Einfahrt in den Alssund. An der Untiefentonne müssen wir außen herum. Sonst kürze ich oft etwas ab, weil es noch fünf bis sieben Meter Wassertiefe bis zur eigentlichen Flachstelle hat. 

Heute fahren wir mal um die Gefahrenstelle großräumig herum.

Wechselnde Windrichungen sind im Alssund normal, trotzdem versuchen wir es segelnd zu schaffen. Etliche Haken müssen schlagen bis wir bei der hohen Autobrücke den Diesel anwerfen. 

Fünf andere Segler sind da bereits an uns vorbeimotort und warten nun schon vor der Brücke. 

Auch wir sind am Ende zu früh, lassen uns treiben bis die Brücke öffnet. 

Wenn man so oft wie wir dort durch ist, hat man selten erlebt, dass man pünktlich hindurch kann. 

Aber wir kennen das ja auch. Lieber ein paar Minuten zu früh, als eine Stunde rumlungern, bis man wieder darf.



Im Stadthafen liegt bereits ein riesiger Katamaran und ein kleineres Segelboot am Kai.

Keine zehn Minuten später sind wir fest. 

Heute kommen dieWellen aber ungünstig in den Hafen gelaufen. Die Freude über unseren Liegeplatz im Herzen der Stadt ist nur kurz.

Nach einem Kaffee und ein paar Haferkeksen, die wir noch in Kopenhagen gebunkert haben, nehmen wir die nächste Brückenöffnung und gehen in den sogenannten Nordhafen.

Es ist auch nur ein Kai, aber gut mit Holzstegen verkleidet, neue Stromsäulen und Wasser gibt es auch. 

Vor allem gibt es aber weniger Welle. 

Direkt vor dem Alsik Steigenberger Hotel liegen wir jetzt. 

Sehr Praktisch, denn wir kommen sogar in das Wlan vom Hotel.


Seit vier Jahren sind wir regelmäßig in Wackerballig und sind oft durch Sønderburg gefahren. Eine verpasste Brückenöffnung haben wir für einen kurzen Anleger und ein Eis genutzt, um gleich wieder weiterzufahren.

Bisher war es nie ein Ziel, weil die Stadt einfach zu nahe ist. Klingt komisch, aber wenn wir erst einmal losgesegelt sind, will wir nicht schon nach zwei Stunden wieder aufhören.

Endlich macht ein längerer Aufenthalt Sinn. 

Dass Sønderburg sehenswert ist, können wir absolut bestätigen.

Ich erinnere mich, dass meine Gastmutter, aus meinem Schüleraustausch mit Cleveland in der 10. Klasse erzählte, sie wäre als Au Pair genau in Sønderburg gewesen und schwer begeistert. Das muss sechzig Jahre her sein. 

Wie es zu dieser Zeit wohl ausgesehen hat?

Absolut überraschend ist die Größe der Fußgängerzone und Altstadt. Es gibt viele tolle Lädchen und eine unüberschaubare Anzahl an Restaurants, Cafés und Kneipen.

Ganz viel Kunst finden wir auch. Typisch Skandinavien, wo ich Dänemark mal dazu zähle. 

Viele Plastiken und Wandmalereien. Sehr cool finden wir die Große Treppe mit Bäumen und Hirschen. Man sieht das Bild nur beim Hinaufgehen.

Wir versuchen uns dort so positionieren, dass es aussieht als sitze man auf einem Baum oder dem Rücken des Hirschen.

Am Ende der Funßgängerzone liegt ein Lebensmittelgeschäft. Dort holen wir noch ein paar Dinge. H-Milch gibt es wieder nicht. Wir kaufen normale Vollmilch mit der Sorge, dass ein Teil verdirbt.

Abends gibt es einen Netflix Film. Eine Mafia-Geschichte, die so langatmig ist, dass wir eine Stunde vor Schluss, müde ausmachen und schlafen.



06.10.2022

Wir schlendern die Uferpromenade entlang. Elke war heute Morgen hier schon Laufen. Vorbei an den bunten Häusern am Hafen und hinter dem Schloss entlang, kommt man an einen gepflegten Weg zum Strand. 

Auf Stelzen thront die Badeanstalt über dem Wasser.

Die Wellen branden für die Ostsee untypisch mit Getöse heran. Am Strand zu liegen ist heute keine gute Idee.

Mit hochgeschlagenem Kragen folgen wir dem Weg zum Yachthafen, der ein wenig abseits der Stadt liegt.

Recht voll mir Booten ist es dort noch. Viele haben aber schon den Mast entfernt und warten auf das Winterlager.

Es gibt noch einen großen Campingplatz. Wir vermuten: Viele deutsche Urlauber kommen gerne hierher, wenn es Sommer ist.


Ein umgewehter Baum liegt neben einem Wohnmobil auf dem Parkplatz neben uns als wir den Rückweg antreten.

Na wenn das mal kein Indiz dafür ist, dass es richtig war, heute nicht zu fahren. 

Auf dem Rückweg sehen wir uns noch den Rest der Stadt an und entdecken eine Einkaufsgalerie, sehr ansprechend und heimelig warm. 

Etwas durchgefroren sind wir schon. Elke friert vor allem, weil sie so langsam gehen muss, denn humpelnd mit dem entzündeten Zeh ist Spazierengehen nicht gerade meine Paradedisziplin.

Wir werden das Teil heute Abend mal wieder mit Pfefferminzöl einreiben. 

Was Anderes haben wir nicht, und irgendwie habe ich das Gefühl, es hilft etwas.

Heute Abend ist noch Sportprogramm.

Nach einigem Suchen hatte ich auf Facebook den original Livestream vom Ironman (Women) Hawaii gefunden. 

Den gucken wir auf dem PC. Dazu gibt es Nüsschen und Wein bzw. Campari Orange.

Kurz vor dem Ende der Radetappe müssen wir leider ins Bett.

Bis dahin war es schon recht dramatisch und aufregend weil unsere Laura Philipp eine fünf Minuten Zeitstrafe wegen Windschatten fahren bekommen hat.



Die erste Brückenöffnung Morgen wollen wir nicht verpassen: 6:38 Uhr. Ausschlafen ausgeschlossen.

Der Wind soll da noch „ruhiger“ wehen und wir haben uns in Flensburg mit Susanne und Werner verabredet, die wir in Kolberg kennengelernt haben.

Wir freuen uns unheimlich auf ein Wiedersehen es scheint ewig, dass sich unsere Wege in Ruhnu getrennt haben.



07.10.2022

Um halb zwölf und knapp sechsundzwanzig gesegelten Meilen sind wir glücklich im Hafen. Das Anlegen ist knifflig, weil der Hafen sehr eng ist und man zwischen den Boxen nicht manövrieren kann. 

Wenn es drauf ankommt klappt es irgendwie beim ersten Mal. Konzentration hilft.

Ob wir genauso gut wieder rauskommen? 

Darüber machen wir uns Gedanken, wenn es soweit ist. Unser Plan ist ja, dass ich das dann allein bewerkstellige, während Elke mit dem Zug heim fährt und dann das Auto nach Wackerballig bringt.

Wieder konnten wir eine kleine Regatta gewinnen während wir die Flensburger Förde hochkreuzten.

Das ist kurzweilig und Elke ist dann immer besonders motiviert mit den Segeln zu arbeiten um den besten Vortrieb zu bekommen.
 

Bei all dem Spaß gab es aber auch ein paar Opfer. Als uns eine heftige Bö erwischt, legen wir uns auf die Seite. 
Bei vierzig Grad Krängung öffnet sich unser Geschirrschapp und unter klirrendem Getöse ergießt sich der Inhalt zunächst auf die Arbeitsfläche der Pantry um dann elegant den Abgang auf den Salonboden fortzusetzen. 

Ein verheerendes Durcheinander liegt dort jetzt. Die Salatschüssel hat ein handgroßes Loch, ein Teller und vier Tassen haben den Fall, aber nicht den Aufprall überlebt. 

In der Flugphase hat eine Tasse wohl den Einhebelmischer der Küchenspüle getroffen, und Wasser sprudelt über die Arbeitsfläche hinunter auf den Boden und von dort in den tiefsten Punkt des Schiffes. 

Nein, wir machen keine halben Sachen. 

Nach einer halben Stunde und üblen Verwünschungen zu der unzuverlässigen Schrankverriegelung, ist das Desaster behoben. 

Leider kann ich Elke die akrobatischen Einsätze, als Folge von zwei Wenden, die ich unterdessen fahren muss, nicht ersparen. 

Haltsuchend und hin- und herrutschend fegt sie die Überreste zusammen. 

Vielleicht haben wir jetzt einen guten Grund ein neues Melamingeschirr zu besorgen. 

Das sollte derartige Einlagen besser verkraften. 


Wir schauen zuerst beim Bahnhof vorbei. Allein der Kartenkauf treibt unsere Laune auf Tiefststand. 

Das beste Angebot finden wir dann am Ende doch noch. Für zweiundvierzig Euro muss man allerdings viermal umsteigen und kann keine ICE benutzen.


Mit der Fahrkarte in der Tasche laufen wir den Weg zurück, den Elke morgen allein finden muss. Sie hat immer etwas Schwierigkeiten sich zu orientieren.

Susanne ruft an, sie warten bereits beim Gosch auf uns. Also sputen wir uns. 

Fast drei Stunden tauschen wir die Erfahrungen unserer Reisen beim Kaffee aus.

Wunderbar, wie unterschiedlich die gleiche Reise ablaufen kann.

Wir haben uns an vielen Stellen mehr Zeit lassen können. Dafür haben Susanne und Werner auch Helsinki und Tallinn gesehen.

Werner bietet an, mich auf dem Weg von Flensburg nach Wackerballig zu begleiten. 

Das nehme ich gerne an. Es ist doch viel besser, als alleine zu fahren.



08.10.2022


Um acht Uhr kommt in den Nachrichten die Mitteilung, dass der gesamte Zugverkehr in Norddeutschland ausfällt. Später stellt sich heraus, dass die Bahn Opfer eines Sabotageaktes war.

Das kann ja wohl nicht wahr sein! Was tun? Zum Reisezentrum in die Schlange stellen. Im Bahnhof viele ratlose Reisende.

Man weiß, wann die nächsten Züge fahren, aber ob die Anschlüsse gehen, kann niemand beantworten.

Elke nimmt den nächsten Zug um viertel nach elf.

Damit geht eine Odyssee los. 

Um neunzehn Uhr kommt sie endlich und völlig entnervt zu Hause an.

Zwischenzeitlich bekomme ich noch Besuch. 

Die Freundin meiner Tochter Sonja, die am selben Tag geboren ist, besucht uns an Bord. Sie gehört quasi zur Familie und studiert in Flensburg auf Lehramt.

Interessant zu hören, wie es ihr seit dem Abitur ergangen ist.


Den Rest des Abends verbringen wir, Elke zu Hause, ich im schwimmenden Zuhause mit der Ironman-WM der Männer auf Hawaii.

Die Sehenswürdigkeiten in Sönderburg sind übersichtlich im Plan eingezeichnet :-)

Tunnel des Schlosses in Sønderburg

Treppe in Sønderburg

Die Marina Mommark ist schon geschlossen

Chaos bei der Deutschen Bahn

Schwindelfrei in der Stadmarina Sønderburg

Freie Boje in der Genner Bucht

Sonnenuntergang am Ankerplatz Avernakø

Herzlicher Empfang in Wackerballig

Vorberitung für die Demontage des Mastes

Gleich schwebt er.

Bis auf Weiteres außer Betrieb.

Bis auf Weiteres außer Betrieb.

09. 10. 2022


Werner ist pünktlich gegen 10 Uhr am Steg. Ich muss noch die Hafenkarte, die uns den Zugang zum Bootssteg durch das Eisentor gewährte, abgeben. 

Wir lösen die Leinen und trotz der Enge zu den gegenüberliegenden Boxen, gelingt das Ablegen. 

Nach kurzer Zeit setzen wir die Segel. Fast kein Wind. Mit zwei bis drei Knoten geht es hinaus. 

Weil ich die Ochseninseln, ein beliebtes Ziel in der Förde noch nie gesehen habe, nehmen wir den kleinen Umweg in Kauf, der uns durch die Enge Stelle im Norden hindurchführt. 

Werner rät mir, gut aufzupassen und lotst mich, denn er ist schon oft hier durch. 

In den Schären hatten wir allerdings deutlich kniffligere Stellen. 

Und zur Dyvig, einer beliebten Bucht auf Als ist die Durchfahrt auch anspruchsvoller. 

Der Puls bleibt also im Ruhebereich und wir schauen uns die Inseln in Ruhe vom Wasser aus an. 

Schade, dass das Lokal auf einer der Inseln samt Steg abgerissen wurde. 

Es war früher ein beliebter Wassersport-Treff.


Bis zur Schwiegermutter, der Boje am Ende einer langgezogenen Untiefe, die man auf keinen Fall auf der Landseite passieren sollte, geht es sehr gemächlich voran. 

Ab dort bläst plötzlich ein guter Wind, der nach und nach weiter zunimmt.

Und so sind wir schon gegen drei in Wackerballig.

Robert, einer unserer Freunde aus Wackerballig begrüßt uns gleich am Steg. 

Eigentlich sind wir gar nicht hier, muss ich ihm mitteilen. Wir hatten ja unsere Rückkehr erst am kommenden Sonnabend angekündigt.

Elke kommt erst Morgen und dann legen wir nochmal ab, um unserer Ostseerunde einen passenden Abschluss zu geben.

Trotzdem lassen Werner und ich es uns nicht nehmen, das neue Schiff von Björn-Ole und Robert anzusehen. Ein Nachbau eines Lachs-Kutters, den sie letzten Herbst erworben hatten, um sich schweren Herzens von Lotte, ihrem mehr als perfekt gepflegten Folkeboot zu trennen.

Über den Winter haben sie das Boot in einen für meine Maßstäbe fantastischen Originalzustand versetzt, aber es sei noch ganz viel zu tun, meinen die Beiden.



Dann kommt der Abend und die Wochenendler fahren heim. Der Hafen gehört mir jetzt ganz alleine. 

Was für eine Stimmung: Die Sonne versinkt hinter den Masten und taucht den Himmel in tausend Farben.

Still, ganz still wird es. Nur die Wellen der Wind, der leise durch die Wanten säuselt und die Möwen untermalen das Bild des Hafens.

Ich fühle mich zu Hause.



10. 10. 2022


Elke kommt schon gegen zwei am Boot an. Ich laufe ihr entgegen und bringe schon ein paar Dinge, die schon ins Auto können.

Ich habe das Boot inzwischen etwas umsortiert und noch mal erfolglos versucht, die Wasserheizung zum Laufen zu bekommen. Ich hatte alle Leitungen gecheckt und die Fernbedienung direkt mit der Heizung verbunden. Es bleibt dabei. Keine Reaktion.



11. 10. 2022


Die ganze Zeit hatte Elke schon die Idee im Kopf, dass ein Wellnesstag zum Abschluss etwas wäre, dass wir uns gönnen sollten.

In Damp gibt es das Mare Mara mit einer fantastischen Saunalandschaft. 

Das Beste für uns: Wenn wir Hafenlieger sind, gibt es fünfzig Prozent Rabatt. 

Das heißt wir sind mit Liegegebühr und Eintritt günstiger, in der Sauna als ohne Boot.

Das Wetter passt einfach wunderbar und wir haben die knapp fünfundzwanzig Meilen bereits um vierzehn Uhr abgesegelt.

Um drei Uhr an dem Nachmittag sind wir bereits in einer türkischen Sauna am Schwitzen.

Wir sind gerne in Damp. Der spröde Charme der Ferienhochhäuser schreckt uns nicht. 

Hier ist auch immer was los. 

Der Strand ist toll und für den Rest ist gesorgt.



12. 10. 2022

Immer noch herrliches Segelwetter. Der Gedanke, dass unser Segelabenteuer jetzt wirklich kurz vor dem Ende steht, motiviert uns noch mehr, es bis zum Schluss auszukosten.


Noch einmal nach Lyø? Oder lieber nach Avernakø? Auf jeden Fall wünschen wir uns eine schöne Nacht am Anker, und so segeln wir erst einmal los.

Bald ist Aerø voraus. Wir halten uns rechts und die Entscheidung fällt auf Avernakø. 

Ganz alleine sind wir heute in der sonst sehr beliebten Bucht an dem stillgelegten kleinen Hafen. 

Wunderschön! Wir könnten uns eine von drei kleinen Bojen aussuchen, die hier zum Festmachen ausliegen.

Irgendwie ist es mir aber nicht geheuer so dicht unter Land und mit wenig Wassertiefe dort festzumachen. 

Wir lassen dann doch den Anker fallen und genießen den Abend in der Einsamkeit.


Mal wieder resümieren wir, wie privilegiert wir uns fühlen können. 

Unsere Reise verdient eine Fortsetzung. Darüber sind wir uns einig. 

2025 haben wir wir wieder Zeit. Da können wir in Ruhe planen.



13. 10. 2022

Mommark haben wir schon lange nicht mehr besucht. Das ist gar nicht so weit von hier und wird unser Ziel für heute.

Der kleine Hafen hat Charme und ist im Sommer gut gefüllt. Hafenmeister Carsten Kock ist eine kleine Legende. Er verkauft selbst geäucherten Fisch und spielt gerne mal zum Sonnenuntergang auf seiner Trompete den Zapfenstreich.

Mit viel Engagement hat er den Fischerhafen zur beliebten Marina umgestaltet.

Die Einfahrt ist schmal und flach und wer sich nicht an die Betonnung hält bekommt die Strafe auf dem Fuße. 

Ansonsten kommen wir aber gut herein. Es liegen gerade mal zwei andere Yachten am Steg. 

Diese sind aber unbewohnt. 

Ein Motorbootverleiher kommt vorbei und sieht nach seinen Booten und ein Fischer kümmert sich um seine Fangwerkzeuge.

Es gibt keinen Strom, kein Wasser, lediglich das WC am Restaurant ist geöffnet.

Am Hafenkontor hängt ein Zettel, dass der Hafen geschlossen ist. 

Man darf aber trotzdem bleiben.

Wir laufen ein bisschen auf dem verlassenen Campingplatz herum und wandern zur nahen Ferienhaussiedlung.

Kaum jemand begegnet uns. Einige Hundebesitzer kommen, um ihre Vierbeiner am Strand laufen zu lassen.

Eine besondere Stimmung, die wir hier erleben.



14. 10. 2022

Dichter Nebel zieht herauf. Wir haben ausgeschlafen und haben auch für heute noch kein richtiges Ziel. Aber in Richtung Flensburger Förde soll es schon gehen. Hörup vielleicht?

In Langballigau soll es auch sehr schön sein. Da kommen wir praktisch sonst nie hin.

Es ist, auch wenn es komisch klingt: Normalerweise zu nah. 

Und so schippern wir an „unserem“ Leuchtturm Kalkgrund geradeaus vorbei. 

Der Hafen ist ziemlich voll mit Booten stellen wir überrascht fest. 

Allerdings ist das Ausslippen der kleineren Boote in vollem Gange. Eines nach dem anderen wird an der Rampe auf Trailer gezogen und abtransportiert.

Der Ort Langballig ist drei Kilometer entfernt. Wir marschieren einfach mal los.

Man muss auf dem Radweg neben der Straße laufen. Das ist schon in Ordnung, denn Verkehr gibt es nicht viel. Dafür ein paar Obstbäume an der Straße und nette Häuschen.

Wir kommen aber nicht bis zur Ortschaft, weil die drei Kilometer sich für meinen dicken Zeh doch zu anspruchsvoll herausstellen. 

Es ärgert mich gewaltig. Wenn wir in der Heimat sind, muss der Orthopäde mal ran. Hoffentlich kann man was reparieren.

Zu Hause - und so fühlt es sich an wenn wir wieder an Bord sind schnippeln wir Gemüse und machen uns ein leckeres Mahl im Backofen.

Mit einem Gläschen Wein für Elke und einem Campari Orange machen wir es uns in der Koje gemütlich und gucken in der Glotze einen Tatort.



Die Kinder haben uns öfters gefragt, wie wir es auf so kleinem Raum aushalten und was uns alles fehlen würde. 

Haben wir etwas vermisst in der Zeit, die wir unterwegs waren? 

Es fällt uns nichts dazu ein. Außer unseren Freunden und der Familie war alles da, was man braucht. 

Im Gegenteil wir haben uns selten so reich und privilegiert gefühlt.

Nicht reich, weil wir uns ein Segelboot leisten können, sondern reich, weil das was wir uns wünschten, im Überfluss da war.

  • Zeit: Die wir als größten Luxus empfanden
  • Platz: Denn viele Orte mussten wir nur mit wenigen Menschen teilen
  • Ruhe: Die wir manchmal nur ganz alleine störten
  • Erlebnisse: Wir können uns an keinen Moment der Langeweile erinnern
  • Herausforderung: Immer wieder aus der Komfortzone in die Lernphase und daran wachsen.
  • Stolz: Weil wir den Mut hatten „einfach mal zu machen“
  • Unterstützung: Immer wenn es nötig ist, finden wir Menschen, die uns helfen.



Rückschauend empfinden wir große Zufriedenheit.

Wie uns die Reise verändert hat?

So richtig können wir selbst es kaum sagen.

Wir sind ein halbes Jahr im Prinzip ohne Auto klar gekommen. 

So kommt es uns im Moment überhaupt nicht mehr in den Sinn, mal eben dreißig Kilometer zum Beispiel nach Braunschweig zu fahren, zum Shoppen oder Essen gehen.

Einkäufe haben wir ohnehin meist zu Fuß oder mit dem Fahrrad erledigt.

Vielleicht sind wir zuversichtlicher geworden und können uns selbst mehr ver- und zutrauen.

Wir sind ein noch besseres Team geworden und funktionieren unter Stress. Auch wenn es mal knirscht, kriegen wir das ganz schnell wieder hin.


15. 10. 2022


Wir sitzen beim Frühstück und bekommen die Mitteilung von Jan, dass er Mittags sein Boot zum Auskranen wegbringen muss.

Es wäre wirklich schade, wenn wir ihn und Gesa nicht mehr sehen würden. 

Wir fahren also gleich nach dem Frühstück los. Wind passt gut und nach gut zwei Stunden sind wir schon kurz vor Wackerballig als uns ein kleines Segelboot unter Außenbordmotor entgegengeschossen kommt.

Das Fernglas bestätigt meine Vermutung: Es ist die Atom mit unserem Freund Marco an Bord, die sich auf Abfangkurs befindet.

Was für eine coole Begrüßung! Er macht noch Fotos von unserem mit Gastlandflaggen geschmückten Boot und wirft uns ein herzliches Hallo herüber. 

Wir freuen uns wirklich richtig und nehmen auch ihn mit der Kamera auf.

Zusammen fahren wir in den Hafen wo Ike und Karin, Bjön-Ole und Robert, Jan und Gesa winken.

„Willkommen in Wackerballig“ wird uns zugerufen. Es fühlt sich sehr emotional an, und wir müssen uns jetzt richtig konzentrieren unser Anlegemanöver nicht zu versauen.

Das klappt aber wunderbar. 

Nach dem wir von allen, die uns erwartet haben ordentlich gedrückt worden sind und schon die ersten Elebnisse erzählt sind, dauert es eine gute Stunde, bis wir uns umgezogen haben und in die Planung für den Abend einsteigen können.

Wir verabreden uns auf dem Lachskutter Ingeborg zum Essen und so manche Geschichte ist erzählt, als wir Wein- und Ginseelig zurück zu Yggdrasil finden. 

Was für ein schöner Abschluss für unsere Reise. 

Mehr kann man sich nicht wünschen. Wir sind ganz gerührt.

Den nächsten Tag genießen wir noch im Hafen und dann geht es an die Vorbereitungen für das Übersetzen nach Kappeln zum Auskranen und den Transfer in die Werft.

Martin von der Werft guckt sich mit uns den Schaden an. Auch wenn die Beschädigungen nicht gewaltig sind, die Reparatur wird aufwändig werden. 

Zum Jahresende soll das Boot aber fertig sein und ins Winterlager überstellt werden.

Alles soll seinen sozialistischen Gang gehen.



Zu Hause warten die „Kinder“ auf uns. Mit randvoll gestopftem Auto geht es nach Hause.



Und damit findet unser Abenteuer endgültig sein Ende!

Was hat der Spaß gekostet?

Was hat sich bewährt? 
Was würden wir anders machen?
Was haben wir gelernt?
Was passiert als Nächstes?

So wenig hat die Reise gekostet?

Nun ja, das sind die Ausgaben! 
Vergessen darf man nicht, dass dem auch weniger Einnahmen entgegenstehen. 
Wenn man sich unbezahlt freistellen lässt, summiert sich ein halbes Jahr ohne Gehalt ganz ordentlich. 
Das gehört zur Wahrheit dann doch dazu.
Insofern ist dieser Bereich sogar der größte Punkt. Aber über solche Dinge wie Gehalt redet man nicht so gern. 
Jeder kann für sich persönlich ausrechnen, welcher Betrag zusammenkommt.


Welche Ausrüstung hat sich bewährt?

  • Die Lithiumakkus mit 560 Ah
  • Inverter 1500/3000 W
  • Kaffeeautomat
  • Brotbackmaschine
  • el. Minibackofen
  • Faltbarer Wasserkocher
  • 18V Handstaubsauger
  • el. Luftentfeuchter
  • kl. Herdplatte
  • Heizlüfter
  • Heizdecken (wenn sie nicht kaputt gegangen wären)
  • Landstromverlängerungskabel
  • Y-Landstromverteiler
  • Mennekes-Schuko-Adapter
  • Infrarottermometer
  • Hamnguiden 7
  • Great Harbour Book
  • Outdoor-Smartphone Cubot Kingkong 3
  • Bullenstander mit Schnappschäkel
  • Stepfender
  • Lange blaue Leine (40 m)
  • Teleskopleiter
  • Telia SIM unlimited
  • Schlauchboot
  • Taucherbrille
  • Neoprenanzug
  • Klappfahrräder Edelstahl
  • 10 Euro Billig Grill


So seltsam es klingt, aber ausreichend Strom an Bord ist wirklich wichtig. 
Es bedeutet ein anderes Level an Komfort an Bord. 
Natürlich kann man auf vieles verzichten. Ging ja früher auch, aber warum sollte man verzichten, wenn der Aufwand und die Kosten überschaubar sind?
Bei der üppigen Dimensionierung muss man sich dann über die Versorgung der essentiellen Bordelektronik keine Sorgen machen.
Dennoch darf man sich nicht vollständig abhängig machen und sollte immer noch ein Backup parat haben.
Wir hatten zwei Tablets und ein Outdoor-Smartphone im Paraleleinsatz, was wegen der häufigen Ausfälle des Plotters auch notwendig war.